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Gedrillt

Gedrillt

Titel: Gedrillt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Len Deighton
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abgefangenen Funkspruchs der russischen Armee war so schnell nach Karlshorst zurückgemeldet worden, daß alle glaubten, wir hätten irgendeinen Superspion in der Operationsabteilung sitzen. Sie nickte. »Also hast du damals diesen abgefangenen Funkspruch an sie zurückgespielt? Du hast also schon damals für beide Seiten gearbeitet?« Ich brauchte ein oder zwei Augenblicke, mich zu erinnern, was damals passiert war. »Joe Brody wurde gerufen, die Untersuchung des Zwischenfalls zu leiten, denn man wollte vor allem die Amerikaner beruhigen. Irgendwie bist du ihm entschlüpft. Aber nachdem du dich reingewaschen hattest, stand Werner Volkmann schlecht da, und ihm hat man nicht mal eine Chance gegeben, sich zu verteidigen. Frank hat ihn seitdem nicht mehr beschäftigt, und Werner hat das übelgenommen.«
    »Das stimmt«, sagte sie und biß sich auf die Lippe. Sie hatte Werner nie gemocht, ihn jedenfalls immer ziemlich geringschätzig als Einfaltspinsel angesehen. War diese

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    Abneigung in irgendwelchen Schuldgefühlen verwurzelt, weil sie damals mitgespielt hatte, ihn in die Pfanne zu hauen? Sie sagte: »Und dann, als über Trent eine orange Akte angelegt wurde, hat man ihm die Schuld gegeben.«
    »Trent wurde getötet«, sagte ich.
    Darauf hatte sie eine Antwort parat. Ihre Stimme war ruhig und versöhnlich. »Ja, getötet von deinem Freund Rolf Mauser.
    Mit einer von dir geborgten Pistole. Dem Department kannst du Trents Tod in keiner Weise anlasten.«
    »Aber wie gelegen kam er doch. Trent nahm sein Geheimnis mit ins Grab, und das Geheimnis war, daß nicht er den Russen den abgefangenen Funkspruch übermittelt hatte.« Sie sagte nichts.
    Ich sagte: »Haben sie sich in Oxford an dich herangemacht?
    Schon vor langer Zeit?«
    »Das Department? Ja.«
    Das war es also. Diese Geschichten, daß sie während ihrer Studienzeit irgendwelchen marxistischen Gruppen angehört hatte, entsprachen also der Wahrheit, aber das war schon der Anfang ihrer Ausbildung gewesen. Mich persönlich betraf mehr, wie sie sich durch mich hatte an das Department empfehlen lassen. Das war nichts als ein Täuschungsmanöver, das ihre frühere Tätigkeit für das Department verschleiern sollte. Sie muß schon damals in ständigem Kontakt mit dem KGB gestanden haben. Ihr Führungsoffizier muß außer sich vor Freude gewesen sein, als sie den Job beim britischen Geheimdienst bekam. Ich sah jetzt den von langer Hand vorbereiteten Plan, der sie als sowjetische Agentin so überzeugend machte. Ich fühlte mich ganz schön für dumm verkauft, aber ich unterdrückte meine Wut. »Wer wußte noch davon?« fragte ich.
    »Das kann ich dir nicht sagen, Liebling.«
    »Wer noch?«
    »Niemand sonst. Weder die Koordinationsabteilung noch

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    die Hauptkasse, noch die innere Sicherheit, nicht mal der Deputy.«
    »Der Direktor wußte Bescheid«, beharrte ich. »Keiner, der jetzt da arbeitet«, sagte sie pedantisch. »Das war die Bedingung des D-G. Niemand.«
    »Du hast mir das Leben zur Hölle gemacht«, sagte ich sanft.
    »Ich dachte, du würdest stolz auf mich sein.«
    »Bin ich auch«, sagte ich und versuchte, in meine Worte Gefühl zu legen. »Bin ich wirklich. Aber jetzt ist’s höchste Zeit auszusteigen. Komm mit nach Wien zurück. Dein KGB-Ausweis und meine Spezial-Identitätskarte würden uns durch die Kontrollen bringen. Wir könnten die Abendmaschine nach London nehmen.«
    »Ich bin nicht sicher, daß das ginge. Die Grenzübergänge sind heute alle an den Computer angeschlossen, Bernard.
    Glaube mir, daß ich da Bescheid weiß.« Ich kannte diesen Ton.
    Widerspruch war da zwecklos. Sie hatte mich millionenmal sagen hören, daß in solchen Situationen die Entscheidung bei den Agenten im Einsatz liegen sollte. Ich hatte mich für die letzte Entscheidung immer auf meine praktische
    Operationserfahrung verlassen. Jetzt hatte meine Frau sich im Einsatz als die erfolgreichste Agentin überhaupt bewiesen. Sie war bis in die Führungsspitze des Spionagenetzes des Ostblocks aufgestiegen und hatte alle getäuscht. Ich hatte nicht das Recht, ihr zu widersprechen. Leichthin, als wollte sie die Unterhaltung auf weniger wichtige Angelegenheit lenken, sagte sie: »Ich muß sicherstellen, daß der Computer mir grünes Licht gibt, wenn ich komme. London hat mir, was die Papiere angeht, was ganz Besonderes versprochen.«
    »Sie haben gute Leute hier«, sagte ich, ohne das wirklich zu glauben. Ich fragte mich, ob ihr die gefälschten Papiere von Staiger besorgt

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