Gefährlich nah
Rücken ein paar Mal versucht, Abbie anzurufen, aber ihre Nummer existierte nicht mehr, und als sie es im Hotel direkt probierte, wurde ihr gesagt, Abbie sei nicht da oder sei beschäftigt. Sie hatte Nachrichten hinterlassen, aber natürlich hatte Abbie nicht zurückgerufen. Und selbst wenn sie es getan hätte, dann hätte sie ohnehin nur alles abgestritten.
»Hey, was ist denn da drüben los?«, fragte Joe, der plötzlich zu ihnen stieß. »Sieht aus wie eine Schlägerei oder so.«
Hazel folgte seinem Blick bis dahin, wo sich eine kleine Ansammlung von Leuten befand. Aber es sah nicht so aus und klang auch nicht wie die lärmende Menge, die sich normalerweise um eine Schlägerei herum bildet. Zum einen waren es in erster Linie Mädchen und dann auch noch ältere Mädchen. Ein paar Jungs. Sanjay war da, ganz am Rand, und schaute auf seine Füße und nicht so sehr auf das, was da vor sich ging.
»Oh, wow!«, hörte Hazel ein Mädchen rufen, als sie näher kamen.
»Sind die Steine echt ?«, fragte jemand.
Dann erhob sich eine andere Stimme, eine unverkennbare Stimme, über die anderen.
»Klar sind die echt. Saphire und Brillanten. Tom sagt, wenn ich den verliere oder so, bringt er mich um!«
Hazel drängte sich nach vorne, bis sie Abbie in der Mitte stehen sah, die an ihrer linken ausgestreckten Hand einen Ring vorzeigte, der ein Vermögen gekostet haben musste. Genau wie der Mantel und die Stiefel, die Abbie
trug. Instinktiv wandte Hazel sich zum Gehen, um Dee hier wegzubringen, aber Abbie hatte sie schon bemerkt.
»Hey«, rief sie und befreite sich aus dem Kreis ihrer Fans. »Hazel, Dee. Wartet doch mal.«
Bevor Hazel fliehen konnte, war Abbie neben ihr und drängte sich zwischen sie und Dee. Joe ließ sie dabei links liegen, unbeachtet, bis er schließlich kapierte, dass er unerwünscht war, und sich zu Sanjay gesellte. Es handelte sich offensichtlich um ein Gespräch unter Frauen.
»Ich hab euch gesucht!«, verkündete Abbie und strahlte zuerst Hazel und dann Dee an. »Ich wollte schon seit Ewigkeiten mal vorbeischauen, aber wir hatten so viel zu tun im Hotel, dass ich keine Minute Zeit hatte. Und, was sagt ihr?«, fragte sie und wedelte wieder mit der Hand herum.
»Du bist verlobt, stimmt’s?«, sagte Hazel.
»Stimmt genau, haargenau!«, bestätigte Abbie.
»Dachte nicht, dass so was heute noch üblich ist«, meinte Hazel.
»Tom ist eben anders«, sagte Abbie. »Und du könntest dich wenigstens für mich freuen.«
Aber sie sagte es lächelnd, beiläufig, so als wäre es ihr eigentlich ganz egal, ob sie sich mit ihr freuten oder nicht.
»Also, wir hatten das eigentlich gar nicht geplant oder so«, fuhr Abbie fort. »Aber wir haben einfach zufällig bei diesem Juwelier reingeschaut, als wir unsere Weihnachtseinkäufe gemacht haben, und da hab ich diesen Ring hier gesehen, aber hab natürlich versucht, nicht so hinzuschauen, weil ich ja nicht wollte, dass Tom denkt, ich
wollte ihn da auf was stoßen oder so, aber er muss es doch bemerkt haben, wie ihr seht. Und dann … kriege ich zu Weihnachten - hört zu, das ist so total romantisch …«
Und sie redete und redete und beschrieb alles bis ins kleinste Detail, jedes Wort, das Tom gesagt hatte, und bemerkte dabei gar nicht, dass die Reaktion der anderen eisiger als das Wetter war.
»Tom will, dass wir diesen Sommer heiraten, aber seine Eltern meinen, wir sollten lieber noch ein bisschen warten, weil ich noch so jung bin und wir noch nicht so lange zusammen sind und so. Aber Tom sagt immer, warum warten, wenn man sich sicher ist. Aber er muss doch ein bisschen vorsichtig sein, weil die ja das ganze Geld haben! Aber …«
Sie kicherte und blickte wieder auf ihren Ring hinab.
»Da ist noch was, was ich euch sagen muss«, fügte Abbie hinzu, als hätte sie plötzlich bemerkt, dass sie ihr nicht die volle Aufmerksamkeit schenkten. »Aber das ist ein Geheimnis, ja?«
»Und was denken denn deine Mum und dein Dad darüber?«, fragte Hazel, bevor Abbie sich in die nächste aufgebauschte Tom-Geschichte stürzen konnte, Geheimnis hin oder her. »Über eure Verlobung?«
»Ich glaube, sie wissen es noch gar nicht«, sagte Abbie etwas leiser. »Ich bin Weihnachten mal rübergefahren, um ihnen ihre Geschenke zu bringen, und da haben wir uns wieder voll gestritten, und das war’s eigentlich. Seitdem hab ich sie weder gesehen noch von ihnen gehört. Also, doch, Mum hat mir noch eine Weile dauernd auf
die Mailbox gequatscht, aber Tom meinte, ich sollte nicht
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