Gefaehrlich sexy - Endlich zu haus
wie Schwestern gewirkt.
Graue Strähnen durchzogen Ericas dunkles, welliges Haar, und sie nahm sich offensichtlich nicht die Mühe, dies zu verbergen. Mit einem kühlen Lächeln reichte sie ihm die Hand. »Danke, dass du gekommen bist, Ray. Unter den Umständen ist das mehr, als ich erwarten durfte – und gewiß mehr, als wir verdienen.«
Er schüttelte ihr die Hand und zuckte die Schultern. »Vor einem Jahr hätte ich dir noch zugestimmt.«
»Und was ist in diesem Jahr passiert?«
»Ich habe wieder geheiratet, und meine finanzielle Lage ist inzwischen gesichert.«
Ihre Augen umschatteten sich. Auch sie hatte graue Augen, aber nicht so sanfte, bezaubernde wie Madelyn. »Es tut mir leid, was bei der Scheidung geschehen ist. Alana bedauerte es ebenfalls, aber irgendwie schien es keine Möglichkeit zu geben, das alles aus der Welt zu schaffen. Ich bin froh, dass du wieder geheiratet hast, und ich hoffe, du bist glücklich mit deiner Frau.«
Ich wäre glücklich, wenn sie wieder mit mir leben würde, dachte er, sprach es aber nicht aus.
»Danke. Wir erwarten ein Baby. Ende Oktober ist es soweit.«
»Oh, da gratuliere ich dir.« Ericas schmale Lippen verzogen sich zu einem schwachen Lächeln, und als es wieder erlosch, erkannte er die Erschöpfung ihrer Seele. Sie trauerte um ihre Schwester, und es war ihr sicher nicht leichtgefallen, ihn anzurufen.
»Woran ist Alana gestorben? War sie krank?«
»Nein – höchstens gemütskrank. Auch sie hat wieder geheiratet, ein knappes Jahr nach der Scheidung. Aber ihre zweite Ehe ist bald gescheitert. Seit einigen Jahren war sie wieder geschieden.«
Er verkniff sich die Frage, ob Alana auch ihren Ehemann Nummer zwei in den finanziellen Ruin getrieben hatte. Das wäre angesichts von Ericas Kummer schäbig und kleinlich gewesen. Früher hätte er kein Blatt vor den Mund genommen – früher, als er noch zu verbittert gewesen war, um sich dafür zu interessieren, wen er verletzte.
Madelyn hatte seine Einstellung geändert.
»Sie begann zu trinken«, fuhr Erica fort. »Wir taten unser Bestes, um sie zu einer Entziehungskur zu überreden. Statt dessen bemühte sie sich, ihre Sucht allein in den Griff zu bekommen. Sie war so verzweifelt und lebensmüde, Ray. Das konnte man in ihrem Blick lesen.«
Sein Atem stockte. »Hat sie Selbstmord begangen?«
»Nicht mit Absicht. Zumindest glaube ich das nicht. Oder ich will es nicht glauben. Aber sie konnte nicht zu trinken aufhören.
Der Alkohol war ihr einziger Trost. In der Nacht ihres Todes fuhr sie in volltrunkenem Zustand von Cape Cod nach New York zurück und schlief am Steuer ein. Wenigstens geht das aus dem Polizeibericht hervor.« Ericas Stimme klang emotionslos, doch der Kummer in ihren Augen war unübersehbar.
Während sie mit einem Taxi zur City fuhren, fragte Ray: »Warum hat sie mich zu ihrem Haupterben eingesetzt?«
»Vielleicht aus Schuldbewusstsein – vielleicht aus Liebe. Anfangs war sie ganz verrückt nach dir – und dann, als ihr geschieden wart, so verbittert. Sie erzählte mir von ihrer Eifersucht auf die Ranch. Es wäre ihr lieber gewesen, du hättest dir eine Geliebte genommen, statt deine Zeit für die Rinder zu verwenden. Gegen eine andere Frau hätte sie kämpfen können – gegen die Ranch niemals. Deshalb verlangte sie bei der Scheidung den Gegenwert der halben Ranch in bar – um dich zu bestrafen.«
Erica lächelte schmerzlich. »Wie rachsüchtig manche Menschen sein können… Sie verstand einfach nicht, dass sie die falsche Frau für dich war. Ihr beide habt ganz verschiedene Dinge vom Leben erwartet. Da dir die Ranch wichtiger war als Alana, bildete sie sich ein, es läge an ihr. Sie glaubte, sie hätte einen schlimmen Makel. Dabei hätte sie einfach nur die Gegensätze eurer Persönlichkeit akzeptieren müssen.«
In diesem Licht hatte er seine erste Frau nie gesehen, weder während der Ehe noch nach der Scheidung, sondern immer nur ihre Bitterkeit, von der er schließlich angesteckt war. Ihr seelisches Leid hatte er nie erkannt.
Ray verbrachte die Nacht in einem Hotel, in einem luxuriö sen Haus. Ein sonderbares Gefühl, wieder auf einer gesicherten finanziellen Grundlage zu stehen…
Hatte er die Vorzüge des Reichtums jemals vermisst? Sicher, er fand es angenehm, sich eine komfortable Suite leisten zu können, doch es hätte ihn nicht gestört, in einem schlichteren Haus abzusteigen. Die Jahre der erzwungenen Sparsamkeit hatten seine Prioritäten neu geordnet.
Die
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