Gefaehrlich sexy - Endlich zu haus
jemals begegnet war, doch sie wusste nicht, ob er sie auch annehmen konnte.
Liebe brachte Verantwortung und Verpflichtungen mit sich. Liebe musste mit Kompromissen bezahlt werden.
„Kannst du es denn?" Ihr Ton war ebenso traurig wie ihr Blick. „Ich bezweifle nicht, dass du es versuchen würdest, aber würdest du es auch ertragen? Wir können die Uhr nicht zurückdrehen. Es hat sich vieles verändert. So wie früher wird es nie wieder sein."
„Ich weiß", sagte er. Sein Blick tat ihr weh, denn sie sah, dass er nicht wirklich an einen glücklichen Ausgang glaubte.
Bisher hatte sie sich niemals nach seiner Vergangenheit erkundigt - ebenso wenig wie sie ihm ihre Liebe gestanden hatte - doch ihre kleine abgeschiedene Welt war ohnehin aus den Fugen geraten.
Manchmal musste man ein Risiko eingehen, wenn man etwas gewinnen wollte.
„Warum hast du mich gefragt, ob ich unser Baby wegwerfen würde?"
Die Frage hing wie ein Schwert über ihnen. Anna spürte, wie Patrick zusammenzuckte und seine Pupillen ganz klein wurden. Als er Anstalten machte, sich von ihr zurückzuziehen, schlang sie ihr Bein fester um ihn und hielt ihn an der Schulter fest. Er bewegte sich nicht, obwohl er ihr an Körperkräften weit überlegen war. Wenn er bei ihr blieb, dann deshalb, weil er ihre Berührung so nötig brauchte. Mit Zärtlichkeit hielt sie ihn, wo Kraft versagt hätte.
Er schloss die Augen, als könnte er die Erinnerung so verdrängen, doch es gelang ihm nicht.
Solange Annas Frage nicht beantwortet war, würde er keine Ruhe finden. Bis heute hatte Patrick noch nie über sein schreckliches Geheimnis gesprochen. Die Wunde war zu tief, als dass sie durch eine Aussprache hätte geheilt werden können. Mit dieser Gewissheit lebte er von klein auf. Er hatte getan, was er tun musste, um zu überleben. Diesen Teil seines Lebens hatte er verdrängt. Jetzt darüber zu reden war eine Qual für ihn, aber Anna verdiente die Wahrheit.
„Meine Mutter hat mich weggeworfen", sagte er schließlich heiser. Mehr brachte er nicht heraus, weil seine Kehle plötzlich wie zugeschnürt war. Hilflos schüttelte er den Kopf. Weil er seine Augen immer noch geschlossen hatte, sah er das Entsetzen in Annas Blick nicht, das rasch tiefem Mitleid wich. Tränen standen in ihren Augen, aber sie kämpfte dagegen an.
Wenn sie ihn jetzt unterbrach oder ablenkte, würde er sich ihr vielleicht nie wieder öffnen.
Stattdessen streichelte sie seine Brust und versuchte, durch Berührung Trost zu spenden, wo Worte unzureichend waren. Außerdem würde sie den Kampf gegen die Tränen verlieren, wenn sie zu sprechen versuchte.
Doch als Sekunden zu Minuten wurden, erkannte sie, dass er nicht weiterreden würde, es vielleicht gar nicht konnte, wenn sie ihm nicht half. Sie schluckte ein paar Mal, um die Fassung wiederzugewinnen. Als sie sprach, klang ihre Stimme zwar nicht wie immer, doch die Liebe darin war unverkennbar.
„Wie meinst du das? Hat deine Mutter dich verlassen oder zur Adoption freigegeben?"
„Weder noch." Jetzt drehte er sich tatsächlich weg und bedeckte die Auge n mit dem Arm.
Obwohl sie ihn lieber ganz nah bei sich behalten hätte, gab sie ihm den Abstand, den er brauchte.
Manchen Dingen musste man allein ins Auge sehen, und dieses war wohl eines davon. „Meine hat mich auf den Müll geworfen, kaum dass ich auf die Welt gekommen war.
Sie hat mich nicht etwa auf den Stufen einer Kirche abgelegt oder in einem Waisenhaus abgegeben.
Dann hätte ich mir schöne Geschichten zurechtlegen können, dass sie mich zwar über alles geliebt habe, aber zu krank gewesen sei, um für mich zu sorgen. Alle anderen Kinder dachten sich solche Geschichten aus, aber meine Mutter hatte dafür gesorgt, dass ich niemals so naiv sein würde. Ich war erst einige Stunden alt, als sie mich in einen Mülleimer warf. So etwas lässt sich auch bei großzügiger Auslegung nicht als Mutterliebe verkaufen."
Anna hielt sich die Faust vor den Mund, um nicht laut aufzuschluchzen. Obwohl sie vor Tränen fast blind war, hielt sie den Blick auf sein Gesicht geheftet. Jetzt, da er endlich redete, musste sie gegen die Versuchung ankämpfen, ihm den Mund zuzuhalten. Wie konnte eine Frau ihrem Kind etwas so Entsetzliches antun?
„Sie versuchte nicht nur, mich loszuwerden", fuhr er ausdruckslos fort, „sondern mich umzubringen. Es war Winter, als sie mich wegwarf, und sie machte sich nicht die Mühe, mich warm einzuwickeln. Ich weiß nicht einmal mein genaues Geburtsdatum. Man fand
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