Gefaehrlich sexy - Endlich zu haus
helfen würde. Zuflucht und Frieden würde er nur dort finden, wo er sie bisher auch gefunden hatte - bei Anna.
An die Zukunft konnte er nicht denken. Er hatte keine Zukunft, keinen Anker. An die vielen endlosen Tage, die sich vor ihm erstreckten, wollte er gar nicht denken, solange er nicht wusste, wie er den nächsten überstehen sollte. Ein Tag ohne Anna war ein verlorener Tag.
Er hatte ihr nie sagen können, wie viel sie ihm bedeutete. Nicht einmal sich selbst hatte er es eingestehen wollen. Nach seiner Erfahrung war Liebe nur die Aufforderung zu Verrat und Zurückweisung. Ihn hatte nie jemand geliebt. Wer liebte, öffnete der Zerstörung von Geist und Seele die Tür. Diese Lektion hatte er von klein auf gelernt, und zwar gründlich. Sein bloßes Überleben hatte von einem harten Panzer der Gleichgültigkeit abgehangen, und im Laufe der Jahre hatte er eine Schicht nach der anderen hinzugefügt.
Wann war aus dieser Schutzhülle ein Gefängnis geworden? Sehnte sich eine Schildkröte jemals danach, ihren Panzer zurückzulassen und ungehindert loszulaufen? Wahrscheinlich nicht. Doch er hatte nicht das Glück, eine Schildkröte zu sein. Anna hatte gesagt, sie liebe ihn, und selbst wenn das nicht stimmte, hatte sie ihm die Gelegenheit gegeben, wenigstens noch eine Weile zu bleiben, wenn er nur den Mut hatte, sie zu ergreifen. Er hatte den Mut nicht gehabt, denn dann wäre auch der Rest seines Panzers zerbrochen. Dann wäre er von neuem dem Schrecken ausgesetzt, der in seiner frühesten Kindheit begründet lag und über Jahre der Misshandlungen gewachsen war.
Als Patrick plötzlich vor seiner Wohnungstür stand, wusste er nicht, wie er hingekommen war. Er war kilometerweit gelaufen. Benommen holte er den Schlüssel aus der Tasche.
In der Wohnung roch es nach abgestandener Luft. Keine Spur von einer Atmosphäre, in der man sich willkommen fühlte. Anna war niemals hier gewesen, und das merkte man. Erst jetzt gestand er sich ein, dass er aus dieser Wohnung geflohen war, wann immer sich eine Gelegenheit dazu bot.
Hier war es düster wie in einem Grab, und er hatte nicht gewusst, wie er Licht in diese Dunkelheit bringen sollte. Das einzige Licht, das er je gekannt hatte, war von Anna gekommen, und an diesem Licht hatte er nur kurze Zeit teilgehabt, ehe er sie mit seiner ungezügelten Lust vertrieben hatte. Von Anfang an hatte er die Finger nicht von ihr lassen können. Er hatte Anna viel öfter geliebt, als er es für möglich gehalten hätte, weil er nur tief in ihr Frieden fand. Durch seine Schuld war sie schwanger, und deshalb hatte er sie verloren.
Was sollte er ohne sie nur machen? Ohne Anna funktionierte er einfach nicht. Wie sollte er sich auf Verträge oder Verhandlungen konzentrieren? Bisher war ihm das nur gelungen, weil er wusste, dass sie am Ende des Tages auf ihn wartete. Durch harte Arbeit hatte er für sie gesorgt und sichergestellt, dass es ihr niemals an etwas fehlen würde. Jedes Mal, wenn er in ihrem Namen Aktien erwarb, hatte er tiefe Befriedigung gespürt. Vielleicht hatte er geglaubt, dass seine sorgfältige Verwaltung ihrer finanziellen Angelegenheiten sie dazu bringen würde, bei ihm zu bleiben. Warum hatte sie nicht erkannt, dass sie bei ihm besser aufgehoben war als bei irgendjemand anderem oder gar auf sich allein gestellt?
Dennoch wollte er nicht einmal daran denken, dass sie vielleicht nur bei ihm geblieben war, weil er ihr finanzielle Sicherheit bot. Wenn er das von Anna glaubte, gab es nichts mehr, wofür sich zu leben lohnte. Nein, er hatte immer gewusst, dass ihr dieser Teil ihres Arrangements widerstrebte.
Es hatte keinen Grund gegeben, warum sie bei ihm bleiben sollte - es sei denn, sie liebte ihn wirklich.
Zum ersten Mal gestattete er sich, darüber nachzudenken, was sie gesagt hatte. In dem Moment, als sie es tat, hatte es so viel anderes gegeben, was er verarbeiten musste. Nun jedoch hörte er ihre Worte wieder und wieder.
Sie liebte ihn.
Den Rest des Tages und bis weit in die Nacht saß Patrick in seiner dunklen Wohnung. Als die Uhr Mitternacht schlug, überquerte er eine innere Grenze. Auch wenn er all seine Hoffnungen auf eine winzige Chance setzte, blieb ihm nichts anderes übrig.
Wenn Anna ihn wirklich liebte, konnte er sie nicht so gehen lassen.
4. KAPITEL
Anna hatte kaum ein Auge zugetan und war wie gerädert. Sie hatte zwar nicht erwartet, dass sie tief und fest schlafen würde, doch damit, dass sie stundenlang wach liegen und an die Decke starren würde, hatte
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