Gefaehrlich sexy
Angst bekomme ich nur mühsam Luft und trete unsicher vor dieses Abbild meines ersten Freundes. Als ich vor ihm stehe, wird mir klar – es ist tatsächlich Ben. Vorsichtig lege ich eine Hand an seine Wange. Seine Haut fühlt sich völlig real an, auch wenn sie vielleicht ein bisschen weicher ist als in meiner Erinnerung. Er legt seine Hand auf meine und versucht, in meinem Gesicht etwas zu sehen, von dem ich nicht sicher bin, dass er es finden kann.
Als ich nicht reagiere, zieht er seine Hand wieder zurück und gleitet mit zitternden Fingern über den Perlenschmuck an meinem Hals. »Oh, Dahl, ich habe dich so sehr vermisst.«
Ich habe das Gefühl zu ersticken. Weil in meinen Lungen keine Luft mehr ist. Mir wird schwindlig. Warum träume ich mitten am Tag plötzlich von Ben? Ich habe Ben beerdigt. Warum also erscheint mir die Berührung seiner Hand derart real? Warum hallt seine Stimme so vertraut in meinem Innern nach? All das ergibt nicht den geringsten Sinn. Außer ihm nehme ich nichts mehr wahr.
»Benjamin«, sagt Grace mit leiser Stimme. »Ich denke, wir sollten uns erst mal setzen und erklären, was das alles zu bedeuten hat. Weil das schließlich ein Riesenschock für Dahlia war.«
Mit weit aufgerissenen Augen fahre ich zu ihr herum und strecke den Zeigefinger nach ihr aus. »Hast du eben Ben gesagt? Hast du ihn etwa auch gesehen?«
»Dahlia, bitte setz dich wieder hin«, sagt sie mit der ruhigen, begütigenden Stimme, die sie immer hat, wenn sie befürchtet, dass ich kurz davor bin durchzudrehen. Sie legt mir die Hände auf die Schultern und versucht, mich zu sich umzudrehen. Als River auf mich zukommt, fallen mir sein verständnisloser Blick und seine schockierte Miene auf. Trotzdem wende ich mich wieder der Gestalt zu, die aus meiner Sicht noch immer eindeutig ein Phantasiegebilde ist.
Als er sagt: »Ich bin es, Dahl. Ich bin es wirklich. Ich wurde nicht wirklich umgebracht. Ich war nicht wirklich tot. Ich habe es für dich getan. Das alles habe ich nur für dich getan«, muss ich mehrmals blinzeln und mich mächtig konzentrieren, um ihn zu verstehen.
Während ich die Worte noch verarbeite, vermute ich, dass ich offenkundig irgendwie in einer Parallelwelt gelandet bin. Ich zittere am ganzen Körper, und meine Knie geben nach, als ich ihn ansehe und schreie: »Was hast du für mich getan? O mein Gott! Was hast du für mich getan? Wer zum Teufel bist du?«
River legt mir die Arme um die Schultern und versucht mich wegzuziehen, aber ich kann mich nicht bewegen und bleibe wie angewurzelt stehen. Ich bin wie gebannt von diesem Mann, der aussieht wie mein Ben. Dann sehe ich in seine veilchenblauen Augen, und mit einem Mal wird mir bewusst, dass er es wirklich ist. Jetzt kann ich ihn sehen: den Jungen, mit dem ich zusammen aufgewachsen bin, den Teenie, den ich so gut kannte, den Mann, dessen Frau ich einmal hätte werden sollen.
River brüllt, Serena flüstert, Grace schluchzt, aber ich kann sie nicht verstehen und starre weiter auf den Mann, der fast mein ganzes Leben lang ein Freund und mehr für mich gewesen war und von dem ich angenommen hatte, dass er drei Jahre zuvor ermordet worden war. Er sieht mir noch immer reglos ins Gesicht. Tränen strömen ihm über die Wangen, und auch ich breche in hemmungsloses Schluchzen aus. »Verstehst du, was ich sage, Dahl … kannst du mich hören?«
Statt ihn aussprechen zu lassen, trommle ich jetzt mit beiden Fäusten mit aller Kraft gegen seine Brust. »Was zum Teufel redest du da für ein Zeug? Du bist tot! Ich habe dich sterben sehen!« Er verzieht unglücklich das Gesicht, und mein Atem setzt vorübergehend völlig aus.
River zieht mich weg, während Ben mir die Arme um die Taille schlingt und in die andere Richtung zerrt. Meine Beine tragen mich nicht mehr. Plötzlich dreht sich das gesamte Wohnzimmer um mich, und ich verliere das Gefühl dafür, was wirklich ist. Als ich merke, dass ich anfange zu fallen, will ich mich an River klammern, aber seine starken Arme halten mich schon fest. Ich sehe nur noch formlose Gesichter, und ich höre lautes Schreien.
»Es hat sich nichts geändert. Sie gehört zu mir.«
»Sie gehört zu mir«, brüllt River, und seine Stimme klingt, als könnte sie in diesem Augenblick auch den dicksten Stahl durchschneiden.
»Ach, fick dich doch«, brüllt Ben zurück.
Dann höre ich nichts mehr und versinke kurzfristig in vollkommener Dunkelheit. Bis mich eine frische Brise wieder zu mir kommen lässt. River trägt mich zu seinem
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