Gefaehrlich sexy
Weg zur Tür fällt mein Blick auf das alte schlüsselförmige Schlüsselbrett, das Caleb nach dem Einbruch wieder aufgehängt hatte und an dem immer noch Bens Schlüssel hängt. Aus irgendeinem Grund ruft dieser Anblick ein gewisses Unbehagen in mir wach. Kaum habe ich die Tür geöffnet, stürzt Aerie auch schon an mir vorbei ins Haus. Sie hat Kaffeebecher in der einen sowie eine Tüte in der anderen Hand, und mit ihrer Jogginghose, dem T-Shirt, dem Pferdeschwanz und den Yoga-Schuhen sieht sie fast so schlampig aus wie ich. Ihr Anblick überrascht mich, denn derart zerzaust geht sie normalerweise garantiert nicht aus dem Haus.
Ich nehme ihr das Kaffeetablett ab und starre sie mit großen Augen an. »Was zum Teufel ist mit dir passiert?«
»Mit mir?« Sie unterzieht mich einer eingehenden Musterung. »Was mit mir passiert ist?« Sie lässt die Tüte in ihrer Hand auf den Boden fallen und ist offenbar erst einmal sprachlos. »Ich sollte eher fragen, was mit dir passiert ist? Wo hast du gesteckt? Warum bist du klatschnass und von Kopf bis Fuß mit Sand bedeckt?« Sie hängt noch eine Reihe weiterer Fragen an, aber ich blende ihre Stimme einfach aus, denn erst einmal will ich nichts anderes als an dem heißen Kaffee nippen und aus meinen nassen Kleidern raus. Mir wird bewusst, dass ich gar nicht über die ganze Sache reden will, und ich wünschte mir, ich hätte sie nicht hergebeten. Sie nimmt mir das Kaffeetablett wieder ab, stellt es auf den Boden und umarmt mich so fest wie möglich. So stehen wir beide da – ich und meine beste Freundin, die mir gerade mal bis zu den Schultern reicht –, und plötzlich breche ich in Tränen aus.
Sie macht einen Schritt zurück und sieht mich an. »Ich war richtiggehend krank vor lauter Angst um dich. Grace hat schon um sechs Uhr morgens bei mir angerufen, weil sie dachte, du wärst auf dem Weg zu mir. Und als die Zeit verging, ohne dass du dich auch nur bei mir gemeldet hast, brachen wir langsam in Panik aus.« Sie wischt erst mir und dann sich selbst die Tränen fort, und als sie den Sand von ihren Kleidern streicht, breche ich in lautes Lachen aus.
»Tut mir leid, ich wollte dich nicht schmutzig machen.«
Sie fängt an zu lachen, und plötzlich ist die Aerie, die ich kenne, meine rundherum patente Freundin, wieder da. »Wo hast du … ach, weißt du, erst mal ziehen wir dich am besten um. Wenn du so zitterst, kannst du schließlich nicht vernünftig reden.«
Sie führt mich durch den Flur ins Bad, als wüsste ich nicht, wo es ist, und ich folge ihr, als wäre ich hier wirklich völlig fremd. Im Badezimmer angelangt, zieht sie eine Jogginghose und ein Sweatshirt aus der Tüte, legt sie auf den Waschtisch und fängt an, die Knöpfe des Hemdes aufzumachen, das mir River gestern angezogen hat.
Vorsichtig schiebe ich ihre Hände fort. »Das kann ich auch allein. Du brauchst mir dabei nicht zu helfen.«
»Lass es mich einfach trotzdem tun. Lass mich dir helfen, ja?« Und nach einem Augenblick tröstlichen Schweigens sagt sie in besorgtem Ton. »Es tut mir leid, Dahlia. Es tut mir wirklich leid.« Und mir ist klar, dass sie damit nicht meint, dass sie mir beim Ausziehen geholfen hat.
Plötzlich fällt mir ein – das letzte Mal hat Aerie mir beim Ausziehen geholfen, nachdem Ben ermordet worden war. Sie hat mich aus meinem schwarzen Cocktailkleid geschält, weil ich selbst dazu nicht in der Lage war. Dann hat sie es auf den Stuhl in der Ecke unseres Schlafzimmers geworfen, wo es hinterher noch ewig lag. »Es ist nicht so wie damals, Aerie«, sage ich und zeige auf die Ecke meines Schlafzimmers, in der der Stuhl gestanden hat. »Ich werde nicht zusammenbrechen wie nachdem auf Ben geschossen wurde. Natürlich bin ich verwirrt, aber trotzdem ist mir klar, dass das hier etwas völlig anderes ist.«
Ich ziehe meine Arme aus dem Hemd, zeige auf die beiden Kleidungsstücke auf dem Waschtisch und sehe sie fragend an. »Mehr hast du nicht mitgebracht? An Unterwäsche hast du nicht gedacht?«
Sie starrt mich einen Augenblick zu lange an. »Also bitte, Dahlia. Ich hatte schließlich keine Ahnung, weshalb ich dir frische Kleider bringen sollte. Und an Höschen und BH habe ich ganz einfach nicht gedacht. Warum bist du überhaupt so nass?«
»Ich musste vor diesem ganzen Durcheinander flüchten, also habe ich beschlossen, kurz schwimmen zu gehen. Du weißt, vom Schwimmen kriege ich immer am ehesten einen klaren Kopf.«
»In deinen Kleidern, Dahlia? Willst du damit etwa sagen, dass
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