Gefaehrlich sexy
du in deinen Klamotten schwimmen warst?«
Ich nicke stumm.
»Aber dir ist doch wohl klar, dass das nicht normal ist? Oder?«
Als ich einfach mit den Achseln zucke, schüttelt sie den Kopf und greift nach meinem nassen Hemd. Ich ziehe den BH aus, werfe ihn ins Waschbecken, und Aerie reißt entsetzt die Augen auf, denn der riesengroße dunkelviolette Bluterguss an meiner Seite hat sich zwischenzeitlich bis zum Bauch und Rücken ausgedehnt.
»Es geht mir gut, Aerie – versprochen. Und ich werde nicht zusammenbrechen, keine Angst.«
Ich schlüpfe in ihr USC -Sweatshirt, und als ich versuche, es mir so vorsichtig wie möglich über den Kopf zu ziehen, nimmt sie mir diese Arbeit ab und zieht meine Haare ordentlich aus der Kapuze.
»Vielleicht sollten wir erst mal versuchen, diese Knoten aus den Haaren rauszukriegen. Aber ohne Bürste geht das nicht. Ich hab eine in meiner Handtasche im Auto. Bin sofort wieder da.«
Als sie das Bad verlässt, rufe ich ihr hinterher: »Hey, du hast nicht zufällig auch Klopapier dabei?«
Sie stößt ein leises Lachen aus. »Nein, aber Servietten von Starbucks. Die kann ich dir gerne mitbringen.« Damit lässt sie mich allein zurück, und ich kämpfe mich aus meiner halbgetrockneten, brettharten Jeans. Ihre Jogginghose ist mir viel zu kurz, und als ich in den Spiegel sehe, reiße ich entsetzt die Augen auf. Weil mir daraus die junge Frau entgegenblickt, die ihren Verlobten verloren hat. Ich umklammere den Waschbeckenrand und kneife die Augen zu – weil ich nicht mehr dieses Mädchen von damals bin. Weil ich jetzt stärker bin und nicht noch mal in einer Depression versinken werde. So etwas wie heute früh darf nicht noch einmal passieren. Das ist mir inzwischen klar. Dass ich einfach in die Brandung hinausgelaufen bin, um diesem ganzen Wahnsinn zu entgehen, war nichts weiter als eine einmalige Kurzschlussreaktion gewesen.
Ich schlage die Augen wieder auf, hole tief Luft und trete in den Flur hinaus. Durch die offene Schlafzimmertür sehe ich das Bett, in dem ich nach Bens Tod nie wieder hatte schlafen wollen, und versuche, nicht daran zu denken, welchen Schmerz und welches Leid er mir durch seinen vermeintlichen Tod verursacht hat. Und was hat sein dämliches Verhalten ihm und uns beiden schließlich gebracht?
Ich hebe das Kaffeetablett vom Boden auf, nehme wieder im Sessel Platz und verdränge jeden Gedanken an den blöden Ben, bis ein paar Minuten später Aerie wiederkommt.
»Tausend Dank dafür.« Ich proste ihr mit meinem großen Kaffeebecher zu.
»Tja, ich dachte, dass du vielleicht einen Kaffee brauchen kannst, und als ich gerade dabei war, hab ich mir selbst noch einen Tee besorgt.«
Bei dem Wort Tee muss ich an River denken und an unseren ersten Vormittag … als ich noch nicht gewusst hatte, ob er Teetrinker oder wie ich ein Kaffeetrinker war. Es hat mich damals unglaublich erleichtert, als er an jenem Morgen Kaffee trank.
Aerie stellt sich neben mich, und die Erinnerung verfliegt, als sie versucht, mir die Knoten aus dem sandigen Haar zu bürsten, was ihr jedoch nicht gelingt. Deshalb dreht sie die Haare schließlich einfach zu einem wirren Knoten auf und macht ihn mit dem Gummiband, das sie immer ums Handgelenk trägt, fest.
»Allzeit gewappnet«, sage ich.
»Ich versuche auf jeden Fall, es zu sein.« Sie schnappt sich ihren Becher, setzt sich in den Sessel neben mich und mustert mich von Kopf bis Fuß. »Weißt du, wir können auch zu mir fahren, und du kannst erst mal duschen.«
»Nein, ich möchte lieber hierbleiben.«
Sie nickt verständnisvoll, und dann sitzen wir schweigend da und nippen vorsichtig an unseren Getränken, bis ich irgendwann das Schweigen breche und von Aerie wissen will: »Was hat Grace dir über Ben erzählt, außer dass er am Leben ist?« Meine Worte klingen für mich derart irreal und absurd, dass mir die Stimme versagt.
»Sie hat mir nur erzählt, dass Ben in irgendwas Gefährliches verwickelt war und verschwinden musste, weil es anders für ihn … und dich … anscheinend nicht mehr sicher war. Mehr wollte sie nicht sagen, und ich habe sie auch nicht weiter bedrängt.«
Ich runzle die Stirn. »Das kann ich verstehen. Weil es eine völlig verrückte Geschichte ist, die ich, ehrlich gesagt, kaum glauben kann.«
»Und warum nicht? Denkst du, dass er dich belügt?«
»Nein, das denke ich nicht. Ich musste das alles nur erst mal verdauen, und dann hat er etwas gesagt, weshalb ich total ausgerastet bin.«
»Was hat er denn
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