Gefaehrlich verliebt in Mona Lisa 1
gemacht. Oder dir fehlt das Urvertrauen. Was ist eigentlich mit deiner Mutter?“, frage ich, obwohl ich es längst weiß. Jedenfalls sofern meine eigene Mutter, beziehungsweise ihr Informant bei der Wahrheit geblieben ist.
„Was soll mit meiner Mutter sein?“ , entgegnet Mathis ausweichend. Ich habe den Eindruck, dass er leicht weiß um die Nasenspitze geworden ist, kann mich aber auch täuschen, da das Licht in der Schlossküche nicht das hellste ist.
„Na, wo eine Mutter ist “, fasele ich, „da ist auch ein Vater.“
„ Häh?“
Ich zucke mit den Schultern.
„So wie bei dir?“
„ Also, wo ist deine Mutter?“, beharre ich. Ich will es von ihm hören.
Mathis zeigt mit dem Daumen zur Decke.
Ich schlucke, obwohl ich längst weiß, dass sie tot ist, aber jetzt kann ich sicher sein. „Tut mir leid“, beeile ich mich zu sagen. Schnell stopfe ich mir noch einen Löffel von den wunderbaren Nudeln in den Mund, damit ich nicht reden muss.
„Ich war noch keine zwei Jahre “, berichtet Mathis relativ locker. „Ich kann mich nicht an sie erinnern. Mein Vater hat sich vorbildlich um mich gekümmert, jedenfalls bis zu einem gewissen Zeitpunkt. Danach ist Onkel Antoine eingesprungen. Mach‘ dir mal keine Gedanken um mein Urvertrauen.“
„ Wie früh hat dein Onkel eigentlich damit begonnen, dir beizubringen, wie man in fremde Wohnungen einsteigt und Kunstwerke klaut?“
Mathis knallt Löffel und Gabel auf den Tisch. „Wie kommst du eigentlich auf diesen Mist?“
Ich sauge eine einzelne, lange Nudel durch meine Lippen. „Warum wirst du denn plötzlich so böse?“
„Weil du aus deiner Beobachtung die falschen Schlüsse ziehst.“
„Dann sag ‘ du mir, welche Schlüsse ich ziehen muss.“ Es macht Spaß, die Nudeln durch die Lippen zu saugen. Es bleibt immer ein wenig von der Käsesauce daran hängen, die man anschließend mit der Zunge ablecken kann, wobei man die in dem Käse aufgelöste Feige sowie die durch die Chili erzeugte Schärfe besonders gut schmeckt.
„ Nein.“
„Wie nein.“
„N – E – I – N. Das Gegenteil von Ja.“
„Dann musst du dich nicht wundern, wenn meine Phantasie mit mir durchgeht. Ich glaube nur, was ich sehe. Und das, was ich in jener Nacht gesehen habe, spricht eine klare Sprache. Dazu die Entführung. Also ehrlich, wie zwei unbescholtene Bürger kommen du und dein Onkel mir nicht gerade vor. Was die Öffentlichkeit wohl dazu sagen würde, wenn sie erführe, dass der berühmte Goldmaler Mathis Giraud nachts in die Wohnungen schwerreicher Scheichs einbricht. Was kriegst du eigentlich für ein Bild?“
„Willst du mir eines abkaufen?“
„Du könntest mir eines schenken, als Gegenleistung für all die Qualen, die ich während meiner Gefangenschaft erleiden muss. Allerdings hätte ich das Bild gern in Einzelteilen, also Leinwand, Farbe und den Goldstaub extra. Den Goldstaub möglichst am Stück, als Klumpen. Vielleicht bist du ja bei dem Scheich eingebrochen, um Gold zu klauen. Ich kann mir nämlich kaum vorstellen, dass da wirklich die Mona Lisa an der Wand hing.“
Mathis schiebt sich die restlichen Nudeln, die noch auf seinem Teller liegen, in den Mund. Dann zieht er sein iPhone aus der Gesäßtasche, tippt ein wenig darauf herum und reicht es mir. „Während ich das Dessert hole, kannst du dir den Artikel durchlesen, Jade. Bis nachher.“
Mir fallen fast die Augen aus dem Kopf, als ich sehe, dass Mathis die Küche verlässt. Er gibt mir das Handy und verschwindet. Was glaubt der, wie blöd ich bin? Ich schnappe nach Luft und tippe auf das Symbol für SMS. Sofort wiederhole ich meine Nachricht. Dieses Mal liefere ich alle Informationen, auch die neueste, den vollständigen Namen des bekannten Malers Mathis Giraud. Dann drücke ich auf Senden. Das ist dann auch der Moment, in dem Mathis, bewaffnet mit einer gelb aussehenden Flasche, zurück in die Küche kommt. Es ist gleichfalls der Moment, indem mir das Handy signalisiert, dass keinerlei Verbindung zu irgendeinem Netz besteht. Gott sei Dank macht Mathis sich mit dem Rücken zu mir am Kühlschrank zu schaffen, sodass ich die SMS schnell wieder löschen kann. Leider finde ich den Artikel nicht wieder, den er mir zum Lesen gegeben hatte, als er die Küche verließ.
„Na, wolltest du wieder eine SMS an deine große Liebe absenden? Und jetzt weißt du nicht, wie du an den Artikel kommst . Tststs.“ Mathis stellt einen Dessertteller mit einem in gelber Sauce schwimmenden Eisballen vor mich hin und
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