Gefaehrliche Begegnungen
die Arbeitssuche ihrer Mutter gut voran ging. Es war eine wundervoll normale Unterhaltung und Mia sog sie auf, um sich an jedes Detail zu erinnern, falls es das letzte Mal sein sollte, das sei mit ihren Eltern reden konnte. Letztendlich verabschiedete sie sich zögernd, und versprach, sofort Marisa anzurufen.
Ihr schauspielerisches Talent musste sich in den letzten paar Tagen erstaunlich gebessert haben. Trotz ihres inneren Durcheinanders, war ihren Eltern nichts aufgefallen.
Marisa auf Skype zu erreichen war immer eine kleine Herausforderung, und deshalb rief sie sie stattdessen gleich auf dem Handy an.
»Mia! Hey kleine Schwester, wie geht es dir? Hast du irgendeines meiner Postings auf Facebook gesehen?« Ihre Schwester hörte sich unglaublich aufgeregt an.
»Äh nein«, sagte Mia langsam. »Ist irgendetwas passiert?«
»Oh mein Gott, du bist echt so ein Bücherwurm! Ich kann gar nicht glauben, dass du einfach nicht mehr auf Facebook bist. Ja, es ist etwas passiert. Du wirst Tante!«
»Oh Gott«, Mia sprang hoch und schrie fast vor Aufregung. »Du bist schwanger?«
»Definitiv! Ich weiß, dass du jetzt denkst, dass ich zu jung bin und wir auch gerade erst geheiratet haben und blah, blah, blah, aber ich freue mich riesig!«
»Nein, ich denke, das ist großartig! Ich freue mich riesig für dich«, sagte Mia ehrlich. »Ich kann gar nicht glauben, dass meine Lieblingsschwester ein Baby bekommt!«
Mit neunundzwanzig führte Marisa genau das Leben, von dem Mia immer geträumt hatte. Sie war mit einem wundervollen Mann verheiratet, der sie anhimmelte, lebte in Florida nur eine Stunde Autofahrt von ihren Eltern entfernt und arbeitete als Musiklehrerin in einer Grundschule. Und jetzt war ein Baby unterwegs. Ihr Leben könnte nicht perfekter verlaufen und Mia freute sich aufrichtig für sie. Und wenn sie einen Stich – okay, mehr als einen Stich – von Eifersucht verspürte, niemals würde sie sich etwas anmerken lassen und Marisas Glück trüben. Es war ja auch nicht der Fehler ihrer Schwester, dass Mias Leben in der letzten Woche so versaut worden war.
Sie redeten noch ein wenig und Mia erfuhr alles über die Übelkeit im ersten Trimester und Heißhungerattacken. Dann musste Marisa dringend weg, weil ihre Mittagspause vorbei war. Mia ließ sie gehen, obwohl sie schon jetzt ihre fröhliche Stimme vermisste. Sie beschloss, die verbleibende Zeit zum Lernen zu nutzen.
Eine Stunde später hatte Mia die erforderlichen Statistikübungen durchgearbeitet und fing gerade an, ihr Buch über Kinderpsychologie durchzuarbeiten, als Jessie auftauchte.
»Mia«, rief sie erleichtert aus, als sie sie zusammengerollt auf dem Sofa entdeckte. »Gott sei Dank! Ich habe mir solche Sorgen um dich gemacht, als du letzte Nacht nicht nach Hause gekommen bist. Ich habe Jason angerufen, aber der meinte, dir ginge es wahrscheinlich gut und ich solle mir keine Sorgen machen. Was ist passiert? Hat John dir irgendetwas Nützliches erzählt?«
Mia sah ihre Mitbewohnerin an und fragte sich einmal mehr, wie viel sie das Mädchen wissen lassen sollte, das seit drei Jahren ihre beste Freundin war. »Das hat er«, sagte sie langsam und überlegte krampfhaft, was sie ihr Beruhigendes erzählen könne.
»Ja und, was hat er gesagt? Und wo bist du letzte Nacht gewesen? Warst du mit dem Krinar unterwegs?«
Mia seufzte und entschied sich für eine glaubhafte Lüge. »Also John hat hauptsächlich davon gesprochen, dass die Krinar manchmal ein solches Interesse für die Menschen an den Tag legen. Normalerweise geht diese Laune ziemlich schnell wieder vorbei, sie werden der Beziehung müde und ziehen recht zügig weiter. Das sei nichts, worüber man sich Sorgen machen müsse und ich solle einfach mitspielen und es genießen, so lange es anhält.«
»Was genießen? Mit dem Krinar zu schlafen?« Jessies Augen weiteten sich schockiert.
»Sehr sogar«, bestätigte Mia. »Diese ganze Sache ist eigentlich wirklich gar nicht so schlecht. Er führt mich nämlich auch in schicke Restaurants aus. Heute Nacht gehen wir ins Le Bernardin.«
»Warte mal, Mia, du schläfst jetzt schon mit ihm?« Jessies Stimme stieg ungläubig an. »Aber du bist davor noch nie mit jemandem zusammen gewesen! Erzählst du mir gerade, dass du dich von ihm entjungfern lassen hast?«
Mia wurde rot, dieses Gespräch war ihr unangenehm. Sie war jetzt schon so weit von einer Jungfrau entfernt, wie man das nur sein konnte. Als Jessie die Antwort an Hand der Röte in Mias Gesicht ablesen
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