Gefaehrliche Begegnungen
ihr Maß zu nehmen.
Als sie die Uhrzeit kontrollierte, war sie erstaunt, dass es schon sechs war. Sie hatte nur noch eine halbe Stunde, um sich fertig zu machen – nicht dass sie die Zeit überhaupt brauchte, sie war ja schließlich schon angezogen. Ihr Haar benahm sich wie durch ein Wunder anständig und so musste sie sich nur noch um ihr Makeup kümmern. Zwei Minuten später war sie fertig. Sie hatte sich zwei Lagen Mascara aufgetragen, einen leichten Puder benutzt, um ihre Sommersprossen zu verbergen und ein wenig getönten Lippenbalsam aufgetupft. Zufrieden setzte sie sich auf das Sofa und machte ihre Aufgaben für die Uni fertig, während sie darauf wartete, dass Korum sie abholen kam.
* * *
Als sie Korum an der Tür begrüßte, freute sie sich, dass seine Augen bernsteinfarben wurden, sobald er sie in dem Kleid erblickte.
»Mia«, sagte er leise, »Ich habe immer gewusst, dass du wunderschön bist, aber heute Abend siehst du einfach umwerfend aus.«
Mia errötete wegen des Kompliments und murmelte ein Dankeschön.
Das Abendessen war das unglaublichste Erlebnis ihres ganzen Lebens. Das Le Bernardin war absolut schick, mit Kellnern, die jeden Wunsch mit fast unheimlicher Aufmerksamkeit voraus sahen und Essen, das zwischen himmlisch und nicht von dieser Welt war. Sie nahmen das spezielle Probiermenue und Mia probierte alles, vom Hummercarpaccio bis zu den gefüllten Zucchiniblüten. Der Wein, der hervorragend zu den Gerichten passte, war auch köstlich, obwohl Korum ein strenges Auge auf ihren Alkoholkonsum hatte und den Kellner davon abhielt, ihr Glas zu oft nachzuschenken.
Es war erstaunlich einfach, die Unterhaltung unverfänglich zu gestalten. Korum war ein guter Zuhörer und schien ernsthaft an ihrem Leben interessiert zu sein, so einfach und langweilig es ihm auch vorkommen musste. Da er ja sowieso schon alles über sie wusste, und sie ihn nicht dazu bekommen wollte, sie zu mögen, öffnete sich Mia ihm gegenüber auf eine Weise, wie sie es noch nie bei vorhergegangenen Verabredungen mit Anderen getan hatte. Sie erzählte ihm von dem ersten Jungen, den sie jemals geküsst hatte – einen acht Jährigen, in den sie total verknallt gewesen war, als sie sechs war – und wie eifersüchtig sie als kleines Kind auf ihre perfekte ältere Schwester gewesen war. Sie sprach über die hohen Erwartungen, die ihre Eltern hatten und über ihren eigenen Wunsch als Berufsberater das Leben junger Menschen zu beeinflussen.
Sie erfuhr auch, dass er normalerweise in Costa Rica lebte. Angeblich entsprach das Wetter dort am ehesten dem Klima der Gegend auf Krina, aus der er kam. »Unsere Ansiedlung in Guanacaste ist das, was einer Art krinarischer Hauptstadt auf der Erde am Nächsten kommt. Wir nennen sie Lenkarda«, erklärte er ihr. Sie erinnerte sich daran, dass in Costa Rica auch Johns Schwester festgehalten wurde. Sie fragte sich, ob Korum sie dort jemals gesehen hätte. Es war möglich – er hatte ihr erzählt, dass nur etwa fünftausend Krinar in jeder der Ansiedlungen lebten.
Im weiteren Verlauf des Essens wich Mia immer mehr von den ungefährlichen Themen ab. Unfähig, ihre Neugier zu zügeln, fragte sie ihn über das Leben auf Krina und über den Planeten selbst aus.
»Krina ist ein wunderschöner Ort«, erzählte ihr Korum. »Wie eine saftig grüne Erde. Auf Grund unserer längeren Evolutionsgeschichte haben wir mehr Pflanzen– und Tierarten als ihr. Wir haben es auch geschafft, den Großteil unserer Artenvielfalt zu erhalten und solche massenhaften Ausrottungen, wie sie hier in den Letzten Jahrhunderten der Fall waren, zu vermeiden.« Und die Menschen waren Schuld an diesem Artensterben – den Teil musste er nicht extra laut aussprechen.
»Die Mehrheit, mit Ausnahme eurer menschenähnlichen Primaten, richtig?« fragte Mia bissig, da sie sein selbstgerechtes Verhalten störte.
»Mit Ausnahme von ihnen, ja«, stimmte Korum zu. »Und ein paar anderen Arten, die besonders schlecht zum Überleben ausgestattet waren.«
Mia seufzte und entschied sich, zu etwas weniger strittigem überzugehen. »Wie sind eure Städte? Da ihr so langlebig seid, muss euer Planet doch mittlerweile schon sehr dicht besiedelt sein.«
Er schüttelte seinen Kopf. »Das ist er nicht. Wir sind nicht so fruchtbar, wie eure Spezies und nur wenige Paare haben heutzutage Interesse daran, mehr als eins, zwei Kinder zu bekommen. Das Ergebnis davon ist, dass unsere Geburtenrate in der jüngeren Zeit sehr niedrig war, kaum über der
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