Gefährliche Begierde
…«
»Er ist weg. Wir haben den Wald bereits durchsucht«, sagte Lorne Tibbetts.
Chase ließ sich wieder auf das Sofa sinken. Er wusste jetzt, wo er sich befand. In Miss St. Johns Cottage. Er erkannte den Chintzstoff und den Pflanzendschungel. Und den Hund. Dieser hechelnde schwarze Mopp saß nahe beim Fußende des Sofas und beobachtete ihn. Oder nicht? Wer konnte schon sagen, ob das Biest unter dem vielen Fell überhaupt Augen hatte. Chase Blick wanderte langsam zu den anderen Menschen in diesem Zimmer. Lorne, Ellis, Miss St. John. Und Dr. Steiner, der seine alte Stablampe schwang.
»Die Pupillen sehen gut aus. Klar. Und sie reagieren«, stellte Dr. Steiner fest.
»Nehmen Sie dieses verfluchte Ding da weg«, stöhnte Chase und schlug nach der Lampe.
Dr. Steiner schnaubte. »Kann an einem so dicken Schädel keinen Schaden anrichten.« Dann stellte er eine Pillendose auf den Beistelltisch. »Gegen die Kopfschmerzen. Können schläfrig machen, aber der Schmerz lässt nach.« Er ließ den Verschluss seiner Tasche zuschnappen und ging zur Tür. »Rufen Sie mich morgen früh an, aber nicht zu früh. Und, wenn ich Sie – alle – daran erinnern darf, ich mache keine, ich wiederhole, keine Hausbesuche!« Dann schlug er die Tür hinter sich zu.
»Sehr fürsorglich«, jammerte Chase.
»Erinnern Sie sich an irgendetwas?« lenkte Lorne zu einem anderen Thema über.
Chase gelang es, sich aufzurichten, wenngleich diese Anstrengung durch einen üblen Stich in seinem Schädel bestraft wurde. Er vergrub den Kopf in seinen Händen.
»An nicht das Geringste«, murmelte er.
»Haben Sie sein Gesicht gesehen?«
»Nur einen Schatten.«
Lorne machte eine Pause. »Aber Sie sind sicher, dass jemand da war?«
»Hey, glauben Sie, ich bilde mir die Kopfschmerzen bloß ein?« Chase griff nach der Pillendose, machte sich am Verschluss zu schaffen und schluckte zwei Tabletten hinunter. Trocken. »Jemand hat mich niedergeschlagen.«
»Ein Mann? Eine Frau?« drängte Lorne.
»Ich habe es nicht gesehen.«
Lorne wandte sich an Miranda. »Er war bewusstlos, als Sie ihn fanden?«
»So ähnlich. Ich hörte ihn stöhnen.«
»Entschuldigen Sie bitte die Frage, Ms. Wood, aber kann ich den Wagenheber sehen, den sie dabei hatten?«
»Was?«
»Den Wagenheber, den sie vorhin bei sich hatten.«
Miss St. John seufzte. »Machen Sie sich nicht lächerlich, Lorne.«
»Ich bin nur gründlich. Ich muss ihn mir ansehen.«
Wortlos holte Miranda den Wagenheber von der Veranda und brachte ihn Lorne. »Keine Blutspuren, keine Haare«, sagte sie knapp. »Ich war es nicht, die ihn niedergeschlagen hat.«
»Nein, ich denke nicht«, bestätigte Lorne.
»Jill Vickery«, murmelte Chase. Lorne schaute ihn an. »Wer?«
Plötzlich verdrängte die klare Erinnerung an den Abend Chase Kopfschmerzen. »Das ist nicht ihr richtiger Name. Überprüfen Sie das bei der Polizei von San Diego, Lorne. Vielleicht hat es nichts damit zu tun, aber sie wurde schon einmal wegen Mordes angeklagt.«
»Wie bitte?«
Chase hob seinen Kopf. »Sie hat ihren Liebhaber umgebracht.«
Sie starrten ihn alle an.
»Jill?«
rief Miranda ungläubig. »Wann hast du das herausgefunden?«
»Diesen Nachtmittag. Es war vor etwa zehn oder elf Jahren. Sie wurde freigesprochen. Notwehr, hieß es. Sie gab an, er hätte ihr Leben bedroht.«
»Wie passt das zu allem anderen?« fragte Lorne.
»Ich bin nicht sicher. Ich weiß nur, dass die Hälfte ihres Lebenslaufs erfunden ist. Vielleicht hatte Richard das herausgefunden. Und falls er es herausgefunden hatte und sie damit konfrontierte …«
Lorne wandte sich an Miss St. John. »Ich müsste mal Ihr Telefon benutzen.«
»In der Küche.«
Lorne verbrachte nur ein paar Minuten am Telefon. Er kam aus der Küche und schüttelte den Kopf. »Jill Vickery ist zu Hause. Sie sagt, sie war den ganzen Abend zu Hause.«
»Bis in die Stadt dauert es mit dem Wagen nur eine halbe Stunde«, sagte Miss St. John. »Sie könnte es gerade so geschafft haben.«
»Vorausgesetzt, ihr Wagen wäre gleich in der Nähe gewesen. Und vorausgesetzt, sie hätte sich gleich hinter das Steuer gesetzt und wäre davongefahren.« Er schaute zu Ellis. »Haben Sie die Straße überprüft?«
Ellis nickte. »Keine fremden Wagen. Niemand hat etwas gesehen.«
»Gut«, sagte Lorne, »Wer auch immer es war, ich glaube nicht, dass er zurückkommen wird.« Er griff nach seinem Hut. »Beherzigen Sie meinen Rat, Chase. Fahren Sie heute nacht nirgendwo mehr hin. Sie sind nicht in
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