Gefährliche Begierde
der Verfassung, sich hinters Steuer zu setzen.«
Chase stieß ein müdes Lachen aus. »Das hatte ich auch nicht vor.«
»Ich kann ihn ins Cottage bringen«, sagte Miranda. »Ich werde ihn im Auge behalten.«
Lorne hielt inne und schaute zuerst auf Miranda und dann auf Chase. Falls er Zweifel an der Sinnhaftigkeit dieses Angebots hegte, dann zeigte er sie nicht. Er sagte nur, »Tun Sie das, Ms. Wood. Behalten Sie ihn gut im Auge.« Dann ging er auf Ellis zu und öffnete die Tür. »Wir werden in Kontakt bleiben.«
12. KAPITEL
Das Licht breitete sich von der Diele über den Pinienboden des Schlafzimmers aus. Miranda schlug die Bettdecke zurück und sagte, »Komm, leg dich hin. Anweisung des Doktors.«
»Zum Teufel mit den Quacksalbern. Und mit diesem allemal«, grummelte Chase. Er saß auf der Bettkante und schüttelte den Kopf, so als wollte er ihn zurechtrütteln.
»Ich bin in Ordnung. Es geht mir gut.«
Sie betrachtete sein geschundenes, unrasiertes Gesicht.
»Chase, du siehst aus, als wärst du unter einen Lastwagen geraten.«
»Die brutale Wahrheit!« Er lachte. »Bist du immer so verdammt ehrlich?«
Schweigend sah sie ihn an. »Ja«, sagte sie leise. »Das bin ich tatsächlich.«
Er schaute zu ihr hoch. Was siehst du in meinen Augen? fragte sie sich. Aufrichtigkeit? Oder Lügen, glatte, gefährliche Lügen?
Sie setzte sich neben ihn aufs Bett. »Erzähl mir alles, was du heute über Jill erfahren hast.«
»Ich weiß nur, was ich in dem Presseartikel aus San Diego gelesen habe.« Er beugte sich hinunter, um seine Schuhe auszuziehen. »Die Verhandlung sorgte für mächtig Wirbel. Du weißt schon, Sex und Gewalt. Sehr verkaufsfördernd.«
»Was ist passiert?«
»Die Verteidigung behauptete, sie sei eine emotional geschundene Frau: jung, naiv und verletzlich. Und dass ihr Freund alkoholsüchtig war und sie regelmäßig schlug. Die Jury glaubte es.«
»Was sagte die Anklage?«
»Dass Jill einen wahnsinnigen Hass auf Männer hat. Dass sie sie benutzte und manipulierte. Dass sie, als der Liebhaber sie verlassen wollte, in Wut geriet. Bei den Fakten stimmten beide Seiten wieder überein. Sie hat ihrem betrunkenen Liebhaber im Schlaf ein Gewehr an den Kopf gehalten und abgedrückt.«
Chase lag erschöpft in den Kissen. Die Tabletten zeigten Wirkung. Seine Augenlider fielen nach unten. »Das war vor zehn Jahren«, erklärte er. »Eine Ära, die Jill der Bequemlichkeit halber hinter sich gelassen hatte, als sie nach Maine kam.«
»Wusste Richard davon?«
»Falls er sich die Mühe gemacht hat, den Lebenslauf zu überprüfen, wusste er es. Die letzte Hälfte ihrer Angaben war korrekt. Richard war möglicherweise so beeindruckt von diesem Gesamtpaket, dass er sich nicht die Mühe machte, mehr als die letzten beiden Jobs zu überprüfen. Oder vielleicht hatte er es erst vor Kurzem herausbekommen, wer weiß?«
Miranda saß da und überlegte. Sie versuchte sich Jill vor zehn Jahren vorzustellen. Jung, verletzlich und ängstlich.
Wie ich.
Oder ergab die Beschreibung der Anklage ein passenderes Bild? Eine Männerhasserin, eine Frau mit kranken Leidenschaften?
So werden sie versuchen, mich zu beschreiben. Als eine Mörderin. Und einige werden es glauben.
Chase war eingeschlafen.
Sie saß einen Moment lang an seiner Seite und lauschte seinen regelmäßigen Atemzügen, wobei sie sich fragte, ob er es je schaffen würde, ihr zu vertrauen. Wenn Sie doch jemals mehr für ihn sein könnte als nur ein kleines Teilchen in einem Puzzlespiel, das den Tod seines Bruders zum Thema hatte.
Sie stand auf und zog die Bettdecke über seinen schlafenden Körper. Er bewegte sich nicht. Sanft strich sie ihm das Haar zurück und streichelte über seine stoppelbärtige Wange. Er bewegte sich immer noch nicht.
Dann ließ sie ihn alleine und ging nach unten, wo sie Kisten voller Papier erwarteten und weitere Teile des Puzzlespiels. Sie sortierte sie in verschiedene Mappen ein. Artikel. Finanzberichte. Persönliche Nachrichten von M. und von anderen, nicht identifizierten Frauen. Die verschiedenen Trümmer aus dem Leben eines Mannes. Wie wenig sie über Richard gewusst hatte! Welch einen großen Teil seines Lebens er für sich behalten und sogar vor seiner Familie verschwiegen hatte. Deshalb hatte er dieses Rückzugsgebiet an der Nordküste so eifersüchtig behütet.
In seinem Leben spielte ich nur eine kleine, unwichtige Rolle. Wann wird es aufhören, mir weh zu tun?
Sie erhob sich und überprüfte die Türen und Fenster.
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