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Gefaehrliche Freiheit - das Ende der Sicherungsverwahrung

Gefaehrliche Freiheit - das Ende der Sicherungsverwahrung

Titel: Gefaehrliche Freiheit - das Ende der Sicherungsverwahrung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Asprion
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maximale Dauer seiner Inhaftierung einschließlich der Sicherungsverwahrung 25 Jahre betragen dürfen.
    Was sind 35 Jahre?
    Vielleicht waren Sie vor 35 Jahren noch nicht geboren und kennen Ereignisse aus dieser Zeit nur aus Geschichtsbüchern. Beispielsweise: die späten 68er-Ereignisse um die RAF, das Inkrafttretendes Strafvollzugsgesetzes, die ersten Bürgerinitiativen gegen Atomkraftwerke, ein Drei-Parteien-System ohne Existenz der Grünen, den Nato-Doppelbeschluss und in dessen Folge die Friedensbewegung der Achtzigerjahre, es gab noch Jugoslawien als Staat, mit der DDR einen zweiten deutschen Staat, die Deutsche Mark als Währung. Erste Kriegseinsätze der Bundeswehr, neun Fußballweltmeisterschaften und Olympische Spiele, Regierungswechsel und Politskandale, Tschernobyl und Harrisburg.
    Das Landgericht Hamburg sieht in einem anderen Fall eine derart lange Inhaftierung dem Verhältnismäßigkeitsprinzip entgegenstehend; in dem Verfahren ging es darum, ob das ehemalige RA F-Mitglied Knut Folkerts zur Verbüßung einer zwanzigjährigen Haftstrafe an die Niederlande ausgeliefert wird. Er war dort wegen Mordes an einem Polizisten in dieser Höhe verurteilt worden. Da er in der Bundesrepublik unter anderem wegen der Beteiligung am Mord an Generalbundesanwalt Buback verurteilt und bereits siebzehn Jahre Haft verbüßt hat, wäre er auf eine Haftzeit von insgesamt 37 Jahren gekommen (Badische Zeitung, 11. März 2011). Knut Folkerts wurde deswegen bislang nicht ausgeliefert.
    Ludwig Roser 2*
    „Der reißende Strom wird gewalttätig genannt.
    Aber das Flußbett, das ihn einengt,
    nennt keiner gewalttätig.“

    Bert Brecht

    Manche Menschen spüren diese ‚Enge des Flussbetts‘ besonders. Ludwig Roser scheint so jemand zu sein. Er ist gestrauchelt,wurde eingesperrt und kämpft mit dem engen „Flussbett“, das ihm verpasst wurde.
    Eine normale Kindheit und Jugend?
    Das verurteilende Landgericht sah das Leben von Ludwig Roser bis zur Anordnung der Sicherungsverwahrung im Jahr 1985 so:
    „Der 26 Jahre alte Angeklagte wuchs zusammen mit fünf Geschwistern im Elternhaus auf. Der Vater war Hilfsarbeiter, die Mutter führte den Haushalt und betätigte sich – um das Familieneinkommen aufzubessern – zeitweise als Aushilfsbedienung. Die Kinder waren sich dadurch häufig selbst überlassen. In der Familie dominierte die Mutter. Zu ihr, wie auch zu seinem Vater hatte der Angeklagte keine echten Vertrauensbeziehungen. Außergewöhnliche Erziehungsschwierigkeiten gab es mit dem Angeklagten nicht.
    Im Alter von sechs Jahren wurde der Angeklagte in die Volksschule eingeschult, nach einigen Wochen erfolgte aber seine Zurückstellung von der Schulpflicht um ein Jahr. Mit sieben Jahren kam der Angeklagte dann erneut in die Volksschule, die er in der Folge, wie auch die sich anschließende Hauptschule, mit mittelmäßigen Leistungen ohne Auffälligkeiten durchlief. Nach der 9. Klasse erreichte er den Hauptschulabschluss.
    Bis zum Alter von 13 Jahren war der Angeklagte Bettnässer. Seine Eltern übten in dieser Zeit aber keinerlei Zwang auf ihn aus, damit dies aufhöre. Sexuelle Spielereien der Kinder wurden vom Vater jedoch streng geahndet.
    Nach der Schulausbildung begann der Angeklagte eine 3-jährige Lehre zum Stahlbauschlosser. Eine an sich angestrebte Elektrikerlehre konnte er mangels Lehrstelle nicht absolvieren. Gegen Ende des zweiten Lehrjahres kam er für ca. 1½ Monate wegen von ihm begangener sexualbezogener Straftaten in Untersuchungshaft. Anschließend konnte er seineLehre fortsetzen und diese 1977 erfolgreich mit Ablegung der Gesellenprüfung beenden. Sodann arbeitete er noch etwa ein Jahr lang bei seiner Lehrfirma, bis er im Juli 1978 zur Bundeswehr eingezogen wurde. Er erlangte den Dienstgrad eines Gefreiten. Im Januar 1979 kam er wegen einer erneuten Sexualstraftat wieder in Haft, wodurch auch seine Wehrdienstzeit vorzeitig ihr Ende fand.
    Der Angeklagte übte im Alter von 17 Jahren den ersten Geschlechtsverkehr mit einer Prostituierten aus. Mit 13 hatte er zuvor schon begonnen, immer wieder zu onanieren. Nach dem ersten Sexualverkehr hatte er in der folgenden Zeit in Abständen von jeweils mehreren Monaten Kontakte zu Frauen, wobei es sich vorwiegend um Prostituierte handelte. Der Angeklagte litt unter Kontaktstörungen und war deshalb fast nicht in der Lage, Beziehungen zu Frauen zu knüpfen. Er hatte zunächst auch keinerlei längere Bindungen zum anderen Geschlecht, obwohl er diese anstrebte. Im Juni 1978

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