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Gefaehrliche Freiheit - das Ende der Sicherungsverwahrung

Gefaehrliche Freiheit - das Ende der Sicherungsverwahrung

Titel: Gefaehrliche Freiheit - das Ende der Sicherungsverwahrung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Asprion
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„Kontaktpflichten“. Diese stehen in den Beschlüssen, die die zuständige Strafvollstreckungskammer zur Ausgestaltung der Führungsaufsicht erlassen hat. Darin heißt es insbesondere:
    „Er wird der für seinen Wohnort zuständigen Bewährungshilfe und der für seinen Wohnort zuständigen Führungsaufsichtsstelle unterstellt.
    Er hat im Freigängerhaus Wohnung zu nehmen und darf Wohnung und Wohnort nur mit Einwilligung der Führungsaufsichtsstelle aufgeben oder verlassen.
    Er hat sich 2-mal wöchentlich beim zuständigen KUR S-Koordinator und einmal wöchentlich beim Bewährungshelfer persönlich vorzustellen.
    Es wird ihm untersagt, gefährliche Gegenstände, die dazu geeignet oder bestimmt sind, Verletzungen hervorzurufen, mit sich zu führen.
    Er hat sich einmal monatlich bei der Forensischen Ambulanz Baden vorzustellen.
    Der Verurteilte darf keine alkoholischen Getränke zu sich nehmen. Er hat sich Alkohol- und Suchtmittelkontrollen zu unterziehen.
    Der Verurteilte darf keinen Kontakt zu Kindern und Jugendlichen aufnehmen. Dies gilt insbesondere im Bereichvon Kinder- und Jugendeinrichtungen, Kinderspielplätzen, Sportvereinen, Vereinshallen, Schwimmbädern, Volksfesten und Fahrgeschäften. An diesen Orten darf er sich nicht aufhalten.
    Er darf sich nicht allein mit Frauen im Kraftfahrzeug aufhalten.
    Er hat jeden Wechsel der Wohnung der Führungsaufsichtsstelle sofort zu melden.
    Der Verurteilte wird darauf hingewiesen, dass er sich gemäß § 145a Strafgesetzbuch (Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren) strafbar machen kann, wenn er gegen die ihm erteilten Weisungen verstößt.“ 37
    Wegen der Eilbedürftigkeit erfolgte die Entscheidung ohne vorherige Anhörung. Mit diesen Auflagen ist das Leben in ein enges Korsett gezwängt. Dazu kommt die von der Polizei angeordnete Dauerbewachung. Als zuständiger Bewährungshelfer frage ich mich, wie sich vor allem mit der Dauerbewachung ein Weg in ein gesellschaftlich integriertes Leben finden lässt.
    Die Polizei gestaltet den Alltag
    Von Anfang an tritt die Polizei stark auf und verkündet über die Medien drei grundsätzliche Botschaften:
Es bestehe eine unbeschreibbar große Gefahr durch die entlassenen Sicherungsverwahrten.
Die Polizei ist da, um zu regeln, was Politik und Justiz versäumt haben.
Die Polizei ist mit dieser zusätzlichen Aufgabe überfordert, benötigt zu viel Personal und die Kosten werden ins Unermessliche steigen.
    Für die Beurteilung der Gefährlichkeit hat die Polizei seit April 2010 mit der sogenannten VwV KURS 38 ein neues Instrument. Die Gemeinsame Zentralstelle KURS (GZS KURS) beim Landeskriminalamt hat die Zuständigkeit für die Kategorisierung der Gefährlichkeit der erfassten Personen. Alle anderen beteiligtenStellen haben der GZS KURS zuzuarbeiten. Ein Gericht ist an diesem Verfahren nicht beteiligt, in der VwV KURS ist eine rechtliche Überprüfbarkeit der Maßnahmen nicht vorgesehen. Dies bedeutet, dass die Polizei ihre Maßnahmen im Umgang mit den entlassenen Verwahrten in alleiniger Zuständigkeit festlegt.
    Die GZS KURS kategorisiert auf Grundlage einer mir sehr einseitig anmutenden Wertung der früheren Gutachten die Probanden Gerhard Kraus und Ludwig Roser in die Gefährlichkeitsstufe I (von drei möglichen Stufen) als Risikoprobanden mit herausragendem Gefährlichkeitspotenzial. Eine Folge ist die Anordnung der Dauerobservation der Männer durch jeweils fünf Polizeibeamte. Mit dieser Maßnahme signalisiert die Polizei der Bevölkerung, dass sie alles „im Griff“ hat. In der regionalen Tageszeitung wird regelmäßig über die Bewachungsform berichtet. Die sozialen und psychischen Auswirkungen für die Entlassenen lassen sich kaum beschreiben. Noch vor wenigen Jahren wäre eine derartige Maßnahme nicht vorstellbar gewesen.
    Für mich stellt sich das Szenario mit Ludwig Roser an seiner neuen Unterkunft so dar: Ludwig Roser ist gerade aus der Verwahrung entlassen. Als ich ihn vor Ort aufsuche, herrscht große Aufregung. Ludwig Roser versucht, sein Hab und Gut unterzubringen, die Polizeibeamten suchen den günstigsten Platz für ihre Observation, die anderen Bewohner im Haus wissen nicht, was eigentlich geschieht, und sind nervös. Zunächst gelingt es mir, ein kurzes vermittelndes Gespräch zwischen Ludwig Roser und dem den Einsatz leitenden Polizisten zu organisieren. Dann lassen sich die Hausbewohner, die in einem Raum beisammensitzen, auf ein kurzes Gespräch ein; sie begrüßen den neuen Mitbewohner

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