Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gefaehrliche Freiheit - das Ende der Sicherungsverwahrung

Gefaehrliche Freiheit - das Ende der Sicherungsverwahrung

Titel: Gefaehrliche Freiheit - das Ende der Sicherungsverwahrung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Asprion
Vom Netzwerk:
Herr Roser ist und wie er das Zeitgeschehen verfolgt. (…) Wenn dieser Vorgang (Übergangslösungen in die Freiheit, Anm. d. Verf.), der in einem durchaus begrenzten und überschaubaren Rahmen möglich ist, erfolgt ist, liegen die Voraussetzungen für die Anwendung des § 67d Abs. 3 32 vor, nämlich, dass dann zwar die Gefahr eines Rückfalls nicht ausgeschlossen werden kann, dass ein Rückfall aber auch nicht mit großer oder überwiegender Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist. Eine solche Vorbereitung und Erprobung wird jedoch nicht gelingen, wenn nicht alle, die Verantwortung haben, und Herr Roser selber, daran konstruktiv mitwirken.“ 33
    Nach diesen Ausführungen wären durchaus Maßnahmen zur Vorbereitung der Entlassung angemessen gewesen. Erfolgt sind jedoch keine. Ludwig Roser wurde schließlich ohne vorbereitende Maßnahmen aus der Haft entlassen.
    Bei Gerhard Kraus hatte der Gutachter am Willen der Justizvollzugsanstalt, diesen zu behandeln und einzugliedern, gezweifelt: „In der Phase der Entscheidungsfindung, die sich über Monate und vielleicht Jahre erstreckt, wäre eine aktive Förderung durch die Mitarbeiter der Vollzugsanstalt hilfreich. Soweit es der Terminplan zulässt, sollten Herrn K. immer wieder Gesprächstermine gegeben werden, um ihm die Planung zu erläutern und ihn zur Mitarbeit zu gewinnen. In diesemmühsam, geduldig begleiteten Prozess müsste Herr K. irgendwann die Notwendigkeit erkennen, seine jahrzehntealten Leugnungskonstrukte aufzugeben. Diese Gespräche sollten von Mitarbeitern des Psychologischen Dienstes oder des Sozialdienstes der JVA geleistet werden, da sie die Resozialisierungsplanung repräsentieren.
    Gleichzeitig sollten Herrn K. voraussetzungslos 1:1 begleitete Ausführungen gewährt werden. Deren Stellenwert im Gesamtkonzept läge darin, den Untergebrachten an die Welt außerhalb der Anstalt heranzuführen und ihm die Gelegenheit zur Prüfung zu geben, ob ein Leben in Freiheit erstrebenswert ist und die Anstrengungen lohnt, oder ob es ihm Angst macht und er lieber in der vertrauten Umgebung bleiben möchte. Die Ausgänge sollten angenehm gestaltet sein, man könnte z. B. Kaffee trinken gehen oder Bastelmaterial einkaufen. Unter der Maßgabe der 1:1 Begleitung durch einen geeigneten Vollzugsbediensteten dürfte kein Missbrauchs- oder Entweichungsrisiko bestehen. Die Konfrontation mit alltagspraktischen oder sozialen Aufgaben sollte in dieser frühen, resozialisierungsvorbereitenden Phase noch nicht erfolgen.“ 34
    Keine der von den Gutachtern vorgeschlagenen Maßnahmen wird durchgeführt. Weder Gerhard Kraus noch Ludwig Roser erhalten entlassvorbereitende Lockerungen bewilligt. Letztlich begründet sich diese Verweigerung gegenüber Gerhard Kraus auf seine leugnende Haltung zu den verurteilten Delikten. Zu Ludwig Roser finden die Fachleute keinen persönlichen Zugang mehr und lehnen wohl auch deshalb Maßnahmen zur Vorbereitung der Entlassung ab.
    Erste Begegnungen
    Im August 2010 bekomme ich als Bewährungshelfer den Auftrag, entlassene Sicherungsverwahrte im Rahmen der Führungsaufsicht zu betreuen. Zu diesem Zeitpunkt sind bereits zwei Männer entlassen; einer hat Freiburg in ein anderes Bundeslandverlassen, der andere wohnt in einer Einrichtung der Wohnungslosenhilfe der Stadt Freiburg. Die Situation um die Entlassungen gestaltete sich für alle Beteiligten aufregend, die
Bild
-Zeitung war vor Ort und publizierte zu dieser Zeit eine „Karte der freigelassenen Schwerverbrecher“ auf ihrer Website.
    Ich besuche Ludwig Roser zum ersten Gespräch in der Justizvollzugsanstalt. Es begegnet mir ein korpulenter älterer Mann, der mich gleich wiedererkennt. „Sie haben meinem Kollegen bei der Vorbereitung der Weihnachtsfeier in der Anstalt einmal unterstellt, dass er Briefmarken entwendet haben soll!“, empfängt er mich. „Wenn ich das unterstellt habe, habe ich meine Gründe gehabt, und wahrscheinlich hat es dann auch gestimmt“, ist meine Antwort. Ludwig Roser lacht und der Kontakt ist erst einmal hergestellt. Er berichtet mir von seinen jahrelangen juristischen Auseinandersetzungen um seine Freiheit. Die bevorstehende Entlassung aus der als ungerecht empfundenen überlangen Sicherungsverwahrung ist sein Thema. Ich erinnere mich an ihn aus meiner früheren Tätigkeit und weise ihn vorsichtig darauf hin, dass der Kampf um seine Entlassung jetzt zu Ende sei und für ihn andere Themen anständen. Ebenso wenig wie ich kennt er den genauen Termin seiner Entlassung. Wie soll

Weitere Kostenlose Bücher