Gefaehrliche Gedanken - Zu schoen zum sterben
Welt sozusagen. Und der Vorgesetzte hatte ihn nicht ernst genommen, sondern immer weiter provoziert, bis Enzo irgendwann der Kragen geplatzt ist. Typische Kurzschlussreaktion unter Druck. »Aber ich habe mich selbst mit Enzo unterhalten. Und es ist ihm völlig klar, dass er einen Fehler gemacht hat. Obwohl der Vorgesetzte mit dran schuld war. Das hat Enzo zwar nicht gesagt, aber Klaus hat es mir erzählt. Der Vorgesetzte hat eine Abmahnung bekommen. Enzo hätte auch bleiben dürfen, meinte aber, nach dem was passiert ist, könne er nicht weitermachen. Er hat sich bei seinen Kollegen entschuldigt und den Dienst quittiert. Und er hat mir versichert, dass es nie wieder vorkommt, dass er so die Nerven verliert. Und ich weiß, dass das stimmt.«
»Woher?«
Er lachte. »Manche Dinge weiß man eben. Er ist in Ordnung, Natascha. Sonst hätte ich niemals zugelassen, dass er in deiner Nähe ist.«
Mein schlechtes Gewissen war ungefähr so groß wie das Ozonloch. Glühende Strahlen versengten mein Hirn. Ich hatte Enzo für einen Nazi gehalten, obwohl es mir nur ein Vollidiot gesagt hatte. Ich war kein Deut besser als dieser Jammerlappen Lukas. Das war echt scheiße. Richtig scheiße. Mein Vater ging ins Bett. Ich räumte die Sachen in die Spülmaschine und überlegte, wie ich Enzo zeigen konnte, dass ich es wiedergutmachen wollte. Enzo mochte Schokolade. Ich könnte ihm vielleicht einen Schokokuchen backen. Natürlich hatte ich keinen blassen Schimmer, wie man so was macht. Aber wozu gab es das Internet? Schokokuchen-Rezept in mein Smartphone eingegeben, eine halbe Million Treffer. Ich suchte mir einen aus, der sich super einfach anhörte. Holte Eier und Butter aus dem Kühlschrank. Kramte ein bisschen in den Küchenregalen und stieß auf Mehl, Zucker und Kakaopulver. Ich fand einen Messbecher mit Markierungen. Nur Backpulver war nirgendwo auffindbar. War aber auch sicher nicht so wichtig, da sollten nur drei Teelöffel von rein. Dafür gab ich dann einfach etwas mehr Mehl dazu. Ich stellte die Schüssel unter den Mixer der monströsen Küchenmaschine und stellte sie auf volle Pulle an. Die Rührstäbe fingen an, sich wie rasend zu drehen. Mehl und Kakaopulver stieben in einer großen Wolke hoch. Meine Güte! Ein Sandsturm in der Sahara war nichts dagegen. Ich fegte den Staub mit der Hand zusammen und schüttete ihn wieder in die Schüssel, wo sich der Teig zusammenklumpte. Vielleicht hätte ich doch die angegebene Buttermilch dazugeben sollen. Aber Buttermilch in Kuchen war ja wohl echt eklig. Außerdem hatten wir sowieso keine. Aber der Teig war einfach zu trocken. Mmmh. Da war so ein fettarmer Molkedrink im Kühlschrank, den meine Mutter immer trank. Mit Bananengeschmack, aber Schokolade und Banane, das passte. Ich kippte ihn hinein und stellte den Mixer erneut an. Es spritzte ein bisschen, weil der Teig ziemlich flüssig war. Gut, dachte ich. Er würde ja gleich erhitzt, dann verdunstete die Feuchtigkeit. Ich tauchte den Finger in den Teig und probierte. Schmeckte was komisch. Aber ich blieb optimistisch. Er musste ja noch gebacken werden. Und ich hatte mich ja auch fast zu hundert Prozent an das Rezept gehalten und die Bewertungsstimmen dazu waren allesamt begeistert gewesen. Der Kuchen konnte also nur gut werden. Ich dagegen, ich wurde langsam müde und hatte auch keinen Bock mehr. Enzo sollte ja auch nur nicht mehr sauer sein auf mich, er brauchte mir ja nicht direkt einen Heiratsantrag machen. Bei diesem abwegigen Gedanken musste ich albern kichern. Ich kippte die ganze Pampe in die einzige Backform, die ich gefunden hatte, und schob sie in den kalten Ofen, weil diese Deppen erst am Ende des Rezepts schrieben, dass man den Kuchen in den vorgeheizten Ofen schieben sollte. Also ehrlich. Warum schrieben sie das am Schluss, wo man das doch wohl am Anfang hätte machen sollen? Die waren ja lustig. Der Kuchen sollte eine Stunde backen. Plus die Zeit, die der Ofen brauchte, um auf Betriebstemperatur zu kommen. Es war halb zwei Uhr durch. Gähn! Ich setzte mich an den Küchentisch und wartete. Aus dem Korb nahm ich mir eine der Zeitschriften meiner Mutter, irgendwas mit Yoga und makrobiotischer Küche und wie man hartnäckige Fettpolster bekämpft, voll öde. Es waren erst fünf Minuten rum, als ich die Zeitschrift durchhatte. Ich stellte den Ofen höher, damit ich nicht mehr so lange warten musste.
Das Nächste, an das ich mich erinnere, war, dass mein Wecker schrillte und dass ich mich wunderte, warum mein digitaler
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