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Gefaehrliche Gedanken - Zu schoen zum sterben

Gefaehrliche Gedanken - Zu schoen zum sterben

Titel: Gefaehrliche Gedanken - Zu schoen zum sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanna Dietz
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Wolken zu fallen.
    »Wie… aber wie kommst du auf die Idee, ich hätte das tun können?«, stammelte jetzt auch Pascal. »Ich habe sie geliebt. Ich liebe sie immer noch. Niemals hätte ich ihr auch nur ein Haar krümmen können.« Er schluchzte wieder. Meinhilde von Cappeln verdrehte die Augen.
    »Echt jetzt?«, fragte ich verdutzt. Ich musste zugeben, dass die beiden ziemlich überzeugend klangen. »Und Sie wollen mich nicht umbringen?«
    Meinhilde von Cappeln schüttelte den Kopf. »Was haben Sie nur immer für Ideen, Natascha?«
    »Aber was soll dann die ganze Nummer hier?« Ich zeigte auf das Studio. »Der schalldichte Raum, wo uns keiner hört.«
    »Eben, weil uns hier keiner hört«, sagte die Direktorin. »Wir haben hier schon genug Mädchen, die mehr wissen, als sie sollten, und die sich nicht scheuen, das gegen uns zu verwenden.«
    »Nora.«
    Sie nickte. »Also, Natascha«, sagte Meinhilde von Cappeln. »Wir haben uns hier mit Ihnen getroffen, um Ihnen ein Angebot zu machen.«
    »Was für ein Angebot?«
    »Ich möchte unter allen Umständen, dass mein Sohn und die Schule aus den Umständen des tragischen Freitods von Laura rausgehalten werden.«
    »Und wenn es kein Selbstmord war?«, warf ich ein.
    »Aber die Polizei hat das doch bestätigt«, sagte Pascal.
    »Und Lauras kleine Vorführung im Biolabor hat bestätigt, dass sie psychisch äußerst labil war«, sagte die Direktorin und wischte damit alle Einwände beiseite.
    »Das heißt, Sie wissen also, dass ich nicht gelogen habe, als ich an meinem ersten Schultag eine Leiche gesehen habe?« Ich konnte ein triumphierendes Lächeln nicht unterdrücken.
    »Ja«, seufzte Meinhilde von Cappeln. »Das weiß ich. Jetzt.« Sie warf ihrem Sohn einen anklagenden Blick zu.
    »Und?«, fragte ich herausfordernd.
    Sie stöhnte und rollte mit den Augen. »Und ich möchte mich entschuldigen, dass ich Sie für eine Lügnerin gehalten habe.«
    »Kein Problem«, sagte ich. »Entschuldigung angenommen.«
    »Also. Wir möchten, dass Sie die Angelegenheit für sich behalten. Und wir sind bereit, uns erkenntlich zu zeigen. Ich würde Sie natürlich nicht der Schule verweisen und Ihnen zudem garantieren, dass Sie den Notendurchschnitt bekommen, den Sie für den Numerus clausus Ihres anschließenden Wunschstudiums brauchen«, sagte Meinhilde von Cappeln. »Sie können den Rest Ihrer Schulzeit entspannt genießen und bräuchten sich keine Sorgen mehr zu machen.«
    »Ich bekomme also vorher die Aufgaben?«
    »Nicht nur das«, sagte sie siegessicher. »Sie bekommen auch die Lösungen.«
    Ich dachte einen Moment nach. »Das ist ein äußerst verlockendes Angebot.« Die Schuldirektorin nickte befriedigt und wollte mir schon die Hand hinstrecken, um den Vertrag zu besiegeln, doch ich redete weiter: »Das wäre ein äußerst verlockendes Angebot. Wenn es sich nicht um ein totes Mädchen handeln würde. Bei Mord bin ich leider nicht korrumpierbar.«
    »Und wenn es Selbstmord war?«
    »Wenn es ein Selbstmord war, dann verspreche ich, den Mund zu halten.« Die Erleichterung war Meinhilde von Cappeln anzusehen und auch ihr Sohn atmete befreit auf.
    »Aber die Aufgaben und Lösungen der Prüfungen möchte ich so oder so nicht haben. So was ist nicht mein Stil. Ich nehme das Ganze lieber sportlich.«
    »Ach ja?« Die Direktorin sah mich verblüfft an. »Ganz sicher?«
    »Ganz sicher.«
    »So hätte ich Sie ja gar nicht eingeschätzt, Natascha.« Und ich meinte, eine Spur Respekt darin zu hören.
    »Also dann«, sagte ich. »Schönen Tag noch.«
    Ich drehte mich um und ging hinaus. Niemand warf sich mir in den Weg. Niemand grub seine Fingernägel in meine Schulter, um mich aufzuhalten. Ohne einen Kratzer verließ ich das schalldichte düstere Studio und trat auf den Gang hinaus. Das Tageslicht, das durch die Fenster im Gang fiel, blendete mich. Meine Knie zitterten. Ich gebe es nicht gerne zu, aber ich habe noch nie so eine Angst gehabt. Ich rannte die Treppe hinunter, an der Garderobe neben der Aula vorbei, hinaus aus dem Seiteneingang. Ich konnte gar nicht so schnell laufen, wie ich fliehen wollte, auch jetzt noch wollte ich fliehen vor meiner Angst. Als ich draußen war, an der frischen Luft, blieb ich stehen, stützte meine Hände auf die Knie und atmete tief durch. Als ich aufblickte, sah ich Enzo, der nach mir Ausschau gehalten hatte. Er stutzte und ging auf mich zu. Ich richtete mich auf, straffte die Schultern und warf den Kopf zurück. Ich konnte ihm natürlich nicht erzählen, was

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