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Gefaehrliche Gedanken - Zu schoen zum sterben

Gefaehrliche Gedanken - Zu schoen zum sterben

Titel: Gefaehrliche Gedanken - Zu schoen zum sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanna Dietz
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Lungenemphysem lauerte. Hatte mir Justus’ Mutter mal was drüber erzählt, über diese Raucherkrankheit mit dem Namen eines urzeitlichen Monsters.
    »Nun«, sagte ich so arrogant wie möglich, »schade für Sie, dass das Anhören von Zeugen zu Ihrem Job gehört. Auch sehr schade, dass Sie es offensichtlich nicht für nötig…«
    »Können Sie jetzt bitte zur Sache kommen?«, unterbrach er mich.
    »Genau das liegt im Zentrum meines Interesses.« Ich setzte mich ungefragt. »Also, ich habe einige wichtige Dinge gesehen«, sagte ich, »bezüglich meiner Klassenkameradin Laura Cheng.«
    »Ja, Laura Cheng. So hieß sie. Und wie war noch mal Ihr Name?«, fragte Söderberg und blätterte in irgendwelchen Unterlagen.
    »Natascha Sander.«
    »Ach ja«, sagte er, als wüsste er schon Bescheid.
    »Also, es war so…« Ich richtete mich auf. Söderberg gähnte. Blödmann. »Ich habe Laura am Donnerstag entdeckt!«, verkündete ich triumphierend. »Und da war sie schon tot!«
    »So, so«, sagte der Kommissar und weniger Interesse konnte in den vier Buchstaben nicht liegen.
    »Im Biolabor«, rief ich eifrig. »Sie saß mit verdrehten Beinen auf einem Stuhl und ein Messer steckte in ihrer Brust.«
    Der Kommissar wandte sich seinem Computer zu, tippte erst was und klickte dann wichtig mit der Maus rum. Zuerst dachte ich, dass er meine Aussage aufnehmen würde, doch dann sah ich in dem kleinen Fenster in der Tür hinter ihm die Spiegelung seines Monitors.
    »Interessiert Sie das denn gar nicht?«, unterbrach ich.
    »Doch, doch, natürlich«, sagte er gekünstelt. »Und wie!«
    »Und warum spielen Sie dann Online-Poker?«, fragte ich.
    Er stöhnte. Schubste die Maus von sich weg und lehnte sich in seinem Stuhl zurück, dass ich dachte, gleich kippt er nach hinten. Er fischte ein halb zerquetschtes Kaugummi aus seiner Hosentasche, steckte es sich in den Mund und begann, es zu zermalmen.
    »Na los, dann. Ich bin ganz Ohr«, sagte er und lächelte eklig.
    Ich erzählte alles, was ich gesehen hatte, und schloss meine Ausführungen mit dem Bericht über die Unverschämtheit meiner Schuldirektorin. »Und sie hat mir einfach nicht geglaubt! Können Sie sich das vorstellen? Nur weil die Leiche plötzlich verschwunden war und stattdessen Sally dasaß, das ist unser Schulskelett. Dabei ist ja wohl total sonnenklar, dass ich recht gehabt…«
    Da unterbrach er mich: »Laura war bis zum Samstagnachmittag quicklebendig.«
    »Wie bitte?«, fragte ich verwirrt.
    »Unser pathologischer Bericht.« Er schnipste mit dem Zeigefinger auf eine hellbraune Aktenmappe, die geschlossen auf seinem Schreibtisch lag. »Todeszeitpunkt Samstag zwischen 18 und 20 Uhr.«
    »Nein«, rief ich. »Das kann nicht sein!«
    Der Kommissar schloss im Zeitlupentempo die Augenlider und öffnete sie genauso langsam wieder. Das kannte ich. Das machte meine Mutter auch immer, wenn sie extrem genervt war.
    »Aha«, machte der Blödmann. »Na, der Pathologe wird sich freuen, dass er nach Hause gehen kann. Wo jetzt jemand da ist, der alles besser weiß.«
    Ich ging auf seinen Sarkasmus nicht ein. Denn ich konnte immer noch nicht glauben, was er da sagte. »Sie war ehrlich noch am Leben am Donnerstag?«
    »Ja, am Donnerstag noch und am Freitag und noch fast den ganzen Samstag.«
    Der Müll aus dem Biolabor fiel mir wieder ein. Die Taschentücher mit den beigen Lippenstiftabdrücken! Natürlich – Laura hatte sich die Lippen geschminkt! Und die leere Plastikflasche mit dem Erdbeersirup war dann vermutlich wohl Theaterblut gewesen. Mann, dass ich nicht vorher darauf gekommen war! Höchstens Vampire und andere blutleere Geschöpfe malen sich freiwillig die Lippen in einer solch fiesen Farbe an.
    »Aber warum hat sie das gemacht?«, fragte ich. »Sich als Leiche… äh… verkleidet.«
    »Jetzt hören Sie mal, Emma Peel…«, sagte der Kommissar gedehnt.
    »Wer ist Emma Peel?«, unterbrach ich gespielt naiv. Natürlich wusste ich es. Filmagentin der 1960er-Jahre, kesses Lächeln, fabelhafte Catsuits, tolle Haare. Er stöhnte und winkte genervt ab. »Laura hatte Liebeskummer. Sie hat einen Abschiedsbrief geschrieben, Schlaftabletten von ihrer Mutter geschluckt und ist in den Rhein gesprungen. Ende der Geschichte.«
    »Sie hat erst Schlaftabletten genommen und ist dann in den Rhein gesprungen? Aber wieso das denn?«, rief ich.
    Er sah mich wieder mit diesem Blick an, der mir sagen sollte, dass ich komplett minderbemittelt war. »Wenn ich all das wüsste, wäre ich Gott. Oder sogar

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