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Gefaehrliche Gedanken - Zu schoen zum sterben

Gefaehrliche Gedanken - Zu schoen zum sterben

Titel: Gefaehrliche Gedanken - Zu schoen zum sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanna Dietz
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totale Null als Polizistin. Ich meine, wie soll man Verbrechen aufklären, wenn man noch nicht mal dahinterkam, dass man sich selbst mit einer extrem Verlustbringenden Frisur bestrafte?
    »Laura Cheng. Das ist eine Mitschülerin von mir. Besser gesagt, war sie eine Mitschülerin. Weil jetzt ist sie ja tot und ich habe sie gefunden. Und das möchte ich melden, weil das ist doch bestimmt wichtig und…«
    Die junge Polizistin tippte auf ihrem Computer rum.
    »Schreiben Sie mit?«, fragte ich irritiert.
    Sie schüttelte den Kopf. »Herr Söderberg wird sich darum kümmern, Zimmer 2.46, der Nächste bitte!«
    Wie beim Arzt saß ich dann eine Ewigkeit auf einem unbequemen Stuhl auf dem Gang im zweiten Stock des Polizeipräsidiums und wartete. Ich vertrieb mir die Zeit damit zu überlegen, wer von den Leuten, die auf dem Gang herumliefen, manche in Begleitung von Polizisten, manche allein, was auf dem Kerbholz hatte. Eine junge Frau mit stecknadelgroßen Pupillen stakste in dem kürzesten Minirock aller Zeiten auf schwindelerregenden Stöckelschuhen an mir vorbei. Das wäre mal eine interessante Tatwaffe, dachte ich. Da bekäme der Begriff Mörder-Heels eine ganz neue Bedeutung. Kurz nach ihr schlurfte ein etwas buckliger bärtiger Mann in langem Mantel an mir vorbei, eine Art Weihnachtsmann von der Resterampe, der bestimmt nicht wegen Wirtschaftskriminalität angezeigt worden war. Ein paar auffällig unauffällige Frauen, Chinos, Wollpullover, zweckmäßige Frisuren, huschten über den Gang. Wenn die was ausgefressen haben sollten, dann wäre es auf jeden Fall völlig unglamourös. Obwohl – das wusste man ja nie. Stille Wasser sind tief, heißt es doch immer. Als Nächstes kamen vier zwielichtige Gestalten an mir vorbei, die eindeutig aus der Unterwelt stammten. Vielleicht waren es Schläger, die sich wegen Körperverletzung verantworten mussten. Einer fiel mir besonders auf. Er war ziemlich klein, trug eine schwarze Lederjacke und abgestoßene Lederslipper. Seine Augenringe waren untertassengroß, seine Nase fast so breit wie der kurze Mund darunter und für sein Gesicht hätte man erst noch den Farbton für eine passende Grundierung erfinden müssen. Mit Mediumbeige käme man bei ihm nicht weit. Es war eher so was wie Mediumbeton. Er sah insgesamt aus wie ein skrupelloser Betrüger, der auch nicht vor den Ersparnissen alter Damen haltmachen würde. Umso erstaunter war ich, als er sich fahrig umblickte und mich ansprach. »Und Sie?«, fragte er und fuchtelte mit einer nach Rauch riechenden Hand vor meinem Gesicht rum. Ich schaute ihn einfach nur an und klammerte mich an meiner Tasche fest. Im Polizeipräsidium würde ich mich nicht beklauen lassen.
    »Sind Sie…?«, versuchte er seine Ablenkmasche noch mal.
    Ich stierte einfach an ihm vorbei auf das Zimmer 2.46 von Ralf Söderberg. Der Kleinkriminelle kratzte sich über sein millimeterkurz geschnittenes Resthaar. »Der Fall totes Schulmädchen?«, brachte er jetzt endlich raus.
    Ich schaute ihn skeptisch an und nickte langsam.
    »Mitkommen«, sagte er, spazierte in das Büro von Ralf Söderberg und setzte sich hinter den Schreibtisch. Ich schaute mich verdutzt um. Doch niemand kam und überführte den Mann als Hochstapler. Im Gegenteil. Die Tür hinter ihm ging auf, eine Kollegin kam herein, legte ihm ein Blatt auf den Schreibtisch, er holte einen Kugelschreiber hervor, überflog den Schrieb und unterzeichnete ihn. Ganz offensichtlich hatte es dieser Halunke geschafft, hier Kommissar zu werden. Also ehrlich. Wenn ich ein Wörtchen mitzureden hätte, würde ich der Personalabteilung mal gehörig den Kopf waschen.
    »Also. Dann mal los«, sagte Söderberg. Er bot mir noch nicht mal einen Stuhl an. Ich hatte jetzt schon fast die Nase voll. Erstens einmal würde ich gerne mal wissen, wann eigentlich korrekte Sätze mit Subjekt, Prädikat und Objekt aus der Mode gekommen waren. Und zweitens fand ich die Behandlung von wichtigen Zeugen ziemlich bescheiden. Der Kommissar schaute mich verdutzt an und da merkte ich, dass ich das Letzte laut gedacht hatte. Er schnaubte. »Sie glauben ja gar nicht, wie viele wichtige Zeugen hier jeden Tag hereinspazieren und mich mit völlig unwichtigen Lappalien oder konfusen Lügenmärchen von meiner Arbeit abhalten«, sagte Söderberg scharf. Bei »wichtige« hatte er mit nikotingelben Fingerspitzen Anführungszeichen in die Luft gemalt. Seine Stimme war so dunkel und furchterregend wie eine Höhle, an deren Ende das gefährliche

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