Gefaehrliche Gedanken - Zu schoen zum sterben
in dem Aufsatz über die politische Zukunft des englischen Königshauses eingebaut hatte, aber ich stellte meine Lauscher bei dem Gespräch vor mir auf Empfang. Leider bekam ich aber nichts mit. Jennifer redete zu leise, Beatrix zu laut und ich konnte ihnen ja auch nicht in die Hacken laufen. Nach dem unbeabsichtigten Lauschangriff von Freitag sollte ich ein bisschen mehr Abstand halten.
Ich kam ins Klassenzimmer. Ein paar der Mädchen kannte ich jetzt schon mit Namen, da war Katleen, ein etwas pummeliger Computerfreak, die gerade ihr Smartphone bearbeitete. Meine Sitznachbarin war Diana, ein nettes Mädchen, das verquollene Augen hatte und gerade dabei war, sich eine Tüte Erdnussflips reinzuziehen. Sie schien kein gutes Wochenende gehabt zu haben, die Arme.
»Hey, Diana«, grüßte ich sie. Sie nickte mir zu, guckte dann wieder in die Tüte und sah aus, als ob sie gleich anfangen würde zu weinen. Mit so was kann ich nicht so gut, deswegen musste ich erst einmal überlegen, wie ich sie aufheitern konnte. Suze kam rein, eine Baseballkappe verkehrt herum auf dem Kopf, Baggypants, XL-Schlabberpulli mit einem Hai drauf, der sich in ein Surfbrett verbissen hatte, Skatermode eben.
»Oh, du hast einen tollen Pullover an, Suze«, sagte Coco zuckersüß, als Suze an ihrem Tisch vorbeilief. Suze guckte sie abschätzig an, das Piercing in ihrer Oberlippe blinkte.
»Was willst du, Coco?«, fragte Suze grimmig.
»Ich wollte nur wissen, aus welchem Material dein Pullover ist. Aus Katzen- oder aus Hundehaar?«
»Du bist so witzig, Coco, weißt du das?«, antwortete Suze und ging zu ihrem Tisch.
»Ja und super tierlieb. Am Wochenende habe ich eine Katze vom Baum gerettet.«
»Echt jetzt?«
»Ja«, kicherte Coco. »Sie war ganz schnell wieder unten. Mit dem Luftgewehr.«
Suze schüttelte angewidert den Kopf. »Wie kannst du so was nur sagen, Coco? Ach ja, jetzt fällt es mir wieder ein. Weil du kein Herz hast.«
»Alte Schabe«, sagte ich leise zu Diana. »Von Harmonie unter Schwestern ist man hier aber ungefähr so weit entfernt wie die Beutelratten von der bemannten Raumfahrt.«
Diana ließ ein kurzes Lachen hören, dann verfiel sie wieder in ihre Trauerkloßhaltung.
»Wenn ich irgendwas für dich tun kann, sag Bescheid«, sagte ich leise. Sie sah mich erstaunt von der Seite an. »Soll ich vielleicht irgendwem auf die Nase hauen? Hab am Wochenende boxen geübt.« Ich deutete einen Faustschlag an.
Diana verzog das Gesicht zu einem Grinsen. »Das wäre nicht schlecht. Meine Eltern würde das vielleicht zur Vernunft bringen.« Sie stierte in die Ferne.
»Scheidung?«, fragte ich. Sie nickte.
»Verflucht«, sagte ich.
»Hey Natascha.« Jennifer baute sich vor meinem Tisch auf.
»Hey, Jennifer. Wie geht’s?«
»Gut, gut. Und was hast du so gemacht am Wochenende?«
»Nichts Besonderes. Hatte Hausarrest.«
»Echt?« Jennifers Augen wurden kugelrund vor Aufregung. »Warum?«
»Ach, bin mal wieder meinem Bodyguard ausgebüxt. Das hat meiner Mutter nicht gepasst und dann hatte ich den Salat.«
Unsere Englischlehrerin Frau Hanemann kam herein und Jennifer kehrte an ihren Platz zurück. Ich blätterte in meinem Heft und hoffte darauf, dass die Lehrerin gleich nicht auf die Idee käme, mich meinen eilig hingerotzten Aufsatz von einer halben Seite vorlesen zu lassen. Nur weil man das ganze Wochenende im Haus rumhängt, heißt das ja nicht, dass man Zeit hätte für ausführliche Aufsätze. Ich versuchte, noch schnell ein paar brillante Ideen einzubauen, und hörte deswegen nur mit halbem Ohr zu, als Hanemann die Namensliste im Klassenbuch durchging und erstaunt fragte: »Ist Laura immer noch nicht da?«
»Nein«, antwortete Jennifer.
Hanemann runzelte die Stirn und machte ein Zeichen ins Klassenbuch. Da machte auf einmal etwas Klick in mir.
»Fehlt sie unentschuldigt?«, platzte es aus mir heraus.
»Ja. Warum fragen Sie?«
»Ach, nur so.« Ich winkte ab. Lass gut sein, Sander. Es war Montagmorgen. Wenn diese Laura krank war, dann würde sich ihre Mutter wahrscheinlich gerade im Sekretariat melden. Ich schaltete wieder ab und nahm erleichtert zur Kenntnis, dass ein Mädchen namens Deborah mit perfektem amerikanischem Akzent ihren Aufsatz freiwillig vorlas. Doch noch während sie las, entstand Unruhe in der Prinzessinnenclique. Was sicher daran lag, dass sie die schöne Deborah nicht leiden konnten. Doch dann sah ich, dass Jennifers Smartphone unter dem Tisch Quelle der Unruhe war. Es entstand heftiges Getuschel,
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