Gefaehrliche Gedanken - Zu schoen zum sterben
aufgefallen.«
»Hauptsache, er ist nächsten Dienstag bei der Mensa-Party wieder dabei.«
»Ach ja, stimmt ja«, sagte ich, als wüsste ich, wovon er redete. »Hast du denn eine Ahnung, wo er steckt? Ich habe seine E-Mail-Adresse und die Handynummer verloren.«
Er musterte mich mit diesen merkwürdigen Augen. Seine Pupillen waren sehr klein, winzige schwarze Löcher in dem hellen See seiner Iris. »Ja«, sagte er. »Ich weiß, wo er ist.«
»Echt?«, rief ich und versuchte, meine Freude darüber zu unterdrücken. »Wo denn?«
»Komm, lass uns was trinken gehen.« Er löste sich von der Wand.
»Musst du nicht zu deinem Kurs?«
»Ach«, sagte er. »Wenn man mit einer schönen Frau was trinken kann, ist mir das egal.« Er grinste mich anzüglich an. Ich mochte ihn nicht. So viel war mal klar. Aber er wusste, wo Basti steckte. Nur deswegen ging ich mit. Er bog nach links ab.
»Da geht es doch zum Haupteingang, oder?«, fragte ich und zeigte geradeaus. Dieses eine Mal, dachte ich, wäre es besser, Enzo kurz Bescheid zu geben.
»Ja«, sagte er. »Aber das hier ist eine Abkürzung.« Er durchquerte einen Seminarraum und öffnete die Notausgangstür, die in diesem Gebäude nicht mit einem Alarm gesichert war, und schon standen wir auf einem Weg hinter dem Zentralparkplatz.
»Da vorne ist meine Karre«, sagte er.
Ich blieb stehen. »Meine Mama hat mir aber verboten, bei Fremden einzusteigen.«
»Deine Mutter ist eine kluge Frau. Ich bin Philipp.« Er gab mir die Hand. Am kleinen Finger trug er einen goldenen Ring mit einem Siegel aus Elfenbein.
»Natascha«, stellte ich mich vor. Wir gingen weiter. Seine »Karre« war ein roter Porsche. »Warte«, sagte ich plötzlich und blieb stehen. »Ich muss gerade einem Bekannten Bescheid geben, dass es was später wird.« Ich zückte mein Handy und rief Enzo an.
»Ja, hi, hier ist Natascha«, sagte ich, als er abgenommen hatte.
»Wo steckst du?«, fragte er.
»Ich wollte dir nur sagen, dass es etwas später wird«, plauderte ich drauflos. »Ich gehe noch mit einem Freund von meinem Bruder einen Kaffee trinken.«
»Was?«, schrie Enzo ins Telefon. »Wieso? Tu das nicht! Warte auf mich.«
»Ja, das klappt leider nicht«, antwortete ich ruhig. »Wir sind schon auf dem Parkplatz und fahren jetzt los.« Philipp hatte mir die Tür geöffnet, sich hinter das Steuer gesetzt und den Wagen angelassen. In fünfzig Meter Entfernung sah ich Enzo aus dem Haupteingang stürmen. Als er mich entdeckt hatte, winkte er hektisch und rief ins Telefon: »Warte wenigstens auf mich.«
»Wir sehen uns später«, sagte ich und legte auf. Ich fand das auch nicht ganz optimal, aber ich war wichtigen Informationen über meinem Bruder auf der Spur und Enzo sollte mir jetzt nicht die Tour vermasseln. Ich stieg ein. Philipp gab Gas. Mit aufheulendem Motor fuhren wir los. Er fuhr wie eine gesengte Sau, wie mein Vater solche Fahrer nannte, und ich klammerte mich am Seitengriff fest. Zum Glück dauerte die Fahrt nicht lange, dann steuerte Philipp eine Ladezone an, auf der er seinen Wagen abstellte.
»Da sind wir schon«, sagte er.
»Wo?«, fragte ich. Ich hatte gedacht, dass wir in ein Café gingen, dessen Ladenmiete mindestens im fünfstelligen Bereich lag und bei dem man schon durch die breite Fensterfront die Upper Class ihren Prosecco nippen sehen konnte. So Läden, wo sich meine Mutter mit ihren Freundinnen traf. Aber Philipp zeigte auf eine unscheinbare Eckkneipe, die »Der Hammer« hieß und nur winzige, braun verglaste Fenster hatte, durch die man nicht rein- oder rausschauen konnte. Ich schluckte.
»Da darf man rauchen«, erklärte Philipp. Das machte mir die Kneipe nun wirklich nicht sympathischer. Philipp begrüßte den glatzköpfigen Barmann, aus dessen Hemdkragen eine Schlangentätowierung herausragte, mit Handschlag und bestellte Bier für uns. Am Tresen hing ein Typ mit fettigen Haaren, der so aussah, als ob er letzte Weihnachten hier gestrandet wäre.
»Ich hätte lieber eine Cola«, sagte ich.
»Hey, Pop, ’ne Cola für meine Süße«, rief Philipp dem Barmann zu. Wir gingen zu einem Tisch in der Ecke. Die Inneneinrichtung bestand aus zusammengewürfeltem Mobiliar. Ein Plakat von Max Schmeling hing in der Ecke, neben alten Werbeplakaten für Sonnenmilch und Schuhputzcreme, und eine antik aussehende Jukebox stand in der Ecke. Die Kneipe war von innen nicht ganz so abscheulich wie von außen und hatte mit seiner skurrilen Dekoration sogar einen gewissen Charme. Auf meinen
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