Gefaehrliche Gedanken - Zu schoen zum sterben
seinem Bäckereiketten-Erbe entgegendämmerte. Ihm gegenüber saßen zwei weitere Jungs, die sich ebenfalls um völlig entkrampfte Körperhaltungen bemühten und gleichzeitig mit ihren Smartphones rumdaddelten. Ich blieb vor dem Surflehrer stehen. »Hey, du bist doch Tom, oder?«
»Die Kandidatin hat hundert Punkte«, sagte er und seine strahlend weißen Beißerchen blendeten mich so, dass ich am liebsten eine Sonnenbrille aufgesetzt hätte. »Willst du dich setzen?«, fragte er.
»Nee, keine Zeit«, sagte ich. »Ich wollte dich nur kurz was fragen. Kennst du einen John?«
»Welchen John?«
»Ungefähr eins achtzig, braune Haare, sportlich.«
»Kenne ich nicht«, sagte er.
»Soll ein guter Fußballspieler sein. Und ein ziemliches Brain.«
»Ich bin ein super Basketballspieler«, prahlte er. »Was willst du mit John, wenn du mich haben kannst?« Er schaute siegesgewiss zu seinen Freunden. Ach du meine Güte, dachte ich, der hatte aber bei der Vergabe des Selbstbewusstseins einmal zu oft Hier! geschrien und dabei die Auktion von Hirn verpasst.
»Zum Beispiel würde ich mich mit ihm über die Quantentheorie unterhalten«, sagte ich freundlich.
»Quantentheorie? Kenne ich.« Er hob seinen Fuß mit den Dsquared2-Sneakers. »Das hier sind die besten Quanten der Welt.«
»Du bist wirklich ein ganz schön cleveres Kerlchen«, sagte ich. Seine beiden Freunde unterdrückten ein Grinsen. Tom glotzte blöd. »Schönen Tag noch«, sagte ich.
Er sprang auf. Strich sich einmal durch sein blondes Haar und stierte mich verwirrt an. »Wie hast du das eben gemeint? Hast du dich etwa über mich lustig gemacht?«
»Nee, auf diese Idee käme ich nie im Leben«, sagte ich.
»Schon wieder tust du das! Du machst dich doch über mich lustig.«
»Mache ich gar nicht. Entspann dich.«
»Sag mir nicht, was ich tun soll.« Er wurde langsam sauer. Über die pulsierende Halsschlagader strömte der Zorn in die mahlende Kiefermuskulatur, flutete sein Gesicht und ertränkte die Augen in einem Meer aus Wut. Da konnte auch die größte Erbschaft nichts ausrichten, der Typ war ein lupenreiner Choleriker. Und es war für mich jetzt wirklich besser, Abstand zu gewinnen. Den Vanilla Choc ließ ich sausen. »Tschüss dann. Und viel Glück beim nächsten Basketballspiel.« Ich drehte mich um und ging mit steifen Schritten zur Tür, stieß sie auf und entkam in die Fußgängerzone, die an diesem trüben Mittwochnachmittag ziemlich menschenleer war. Ich sah mich nicht um. Denn ich hatte das Gefühl, dass er mir hinterherkam. Ich ging schneller. Rechnete jeden Moment damit, dass er mir seine Pranke auf die Schulter legte. Ballte meine Faust. Und da hörte ich tatsächlich schneller werdende Schritte hinter mir. Es war ganz klar. Der Typ verfolgte mich.
23
Als ich die Hand auf meiner Schulter spürte, drehte ich mich um und aus einem Reflex heraus zog ich dabei mit aller Kraft mein Knie hoch und rammte es dem Angreifer in die Kronjuwelen.
Enzo stöhnte lang gezogen auf und sackte in sich zusammen. »Oh, Mist, verfluchter! Enzo!« Ich beugte mich über ihn. Er hielt sich die Hände zwischen die Beine. »Was sollte das denn?«, japste er.
»Ich dachte, du wärst jemand anders.« Dabei hatte ich im letzten Moment den vertrauten Duft gerochen, aber da war ich schon in Action gewesen.
»Und das ist deine übliche Reaktion, wenn dich jemand von hinten anfasst?«
»Wenn es so plötzlich ist… ja.«
»Na, dann brauche ich mir um dich ja keine Sorgen machen.« Er stöhnte noch mal und schloss die Augen. Ich biss mir auf die Lippen. »Aber warum hast du mich auch so von hinten angefallen?«, motzte ich.
»Ich habe dich nicht angefallen. Du bist an unserem Auto vorbeigestampft und ich dachte, du wolltest mal wieder die Biege machen. Deswegen bin ich dir hinterher.«
»Das nächste Mal rufst du einfach nach mir, okay?«
»Okay«, sagte er. »Das mache ich. Sonst werden es mir meine zukünftigen Kinder nie verzeihen.«
»Haha.«
Trotzdem hatte ich den Anflug eines schlechten Gewissens, deswegen kam ich auf die Idee, ihn um einen Rat zu fragen. Weil er sich dann vielleicht geschmeichelt vorkäme. »Hör mal, Enzo, du warst doch mal Polizist«, fing ich an, als wir im Auto saßen.
»Was soll…«, fing er an.
»Das war der rhetorische Teil«, unterbrach ich. »Die richtige Frage kommt jetzt. Wenn du jemanden finden willst, von dem du nur den Vornamen kennst, wie würdest du das anstellen?« Ich kam mir ziemlich geschickt vor, doch er fragte mich
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