Gefährliche Gefühle - zu schön zum Sterben
interessant wurde. Das Funkmikro würde ich erst später vom Regal nehmen, denn Becky wollte mithören, wenn sie schon nicht live dabei sein konnte. Ich setzte mich an den Tisch und wartete. Silvy kam kurz darauf angerauscht. »Warum hast du deinen Kittel nicht an?«, herrschte sie mich als Erstes an.
»Der Kittel ist potthässlich«, sagte ich ruhig. »Und bei eurem Feendienst will ich sowieso nicht mitmachen.«
»Ach ja, typisch Natascha Sander, denkt wieder mal nur an sich.«
»Silvy, jetzt halt mal die Luft an. Ich bin hier, um dir zu helfen.«
»Helfen?« Sie lachte gackernd. »Wie willst du mir denn helfen?«
»Ich will dir helfen, nicht vor aller Welt wie die gröÃte Lügnerin dazustehen, die du in Wirklichkeit bist.«
Gerade als sie den Mund öffnen wollte, ging die Tür auf. »Hallo David«, sagte ich.
Silvy drehte sich auf dem Absatz um und starrte David Wöbke entsetzt an. »Hallo Silvy, hallo Natascha«, sagte er. Seine dicken Haare waren ungewöhnlich zerzaust, ansonsten sah er mit seinem marineblauen Anzug und roter Krawatte tadellos schick aus.
»Was will der denn hier? Ich weigere mich, mit dem in einem Raum zu bleiben. Wer weiÃ, was er mir noch antut!«, rief Silvy theatralisch und machte Anstalten abzuhauen. Doch David Wöbke lehnte sich mit der Schulter an die Tür und Silvy blieb stehen. Hasserfüllt drehte sie sich zu mir um und fragte: »Was soll das? Was wollt ihr von mir?«
Zur Antwort startete ich den Clip. Silvy und David starrten beide auf die kleine Box, aus der jetzt die Stimmen von Silvy und Marie ertönten.
Silvy: »Meine Mutter ist so eine ekelhafte Diktatorin! Ich hasse sie. Jetzt engagiere ich mich hier so sehr, opfere meine ganze Freizeit und bringe haufenweise Ideen ein und was ist? Sie ist trotzdem nicht auf meiner Seite! Weigert sich einfach, dieses Schwein vor die Tür zu setzen!«
Marie: »Sie braucht David halt wegen der Pressekonferenz.«
Silvy: »Nein, das ist es nicht! Sie glaubt mir einfach nicht, dass David sich an mir vergangen hat.«
Marie: »Aber es ist ja auch nicht wahr!«
Silvy: »Na und? Was fällt ihr ein, mir nicht zu glauben! Das ist doch wohl das Letzte.«
Marie: »Aber sie wollte sich doch direkt im neuen Jahr darum kümmern.«
Silvy: »Geschissen! Sie meinte, ich hätte mich von einer Ãrztin untersuchen lassen müssen, um Beweise zu sichern. Ohne Beweise würde sie eine Untersuchung nicht mal in Erwägung ziehen.«
Marie (leise): »Lass es doch bleiben.«
Silvy (lauter): »Aber wie stehe ich denn dann da! Als Lügnerin!«
Einen Moment Ruhe. Bis auf das leise Glöckchenbimmeln der Feenuhr im Hintergrund, das Marie übertönte: »Aber wenn sie dich untersuchen und dann rauskommt, dass du gelogen hast, dann hast du dich noch viel mehr blamiert!«
In dem Moment kam wieder Leben in Silvy neben mir, die dem Clip bisher regungslos gelauscht hatte. »Die Aufnahme ist manipuliert!«, kreischte Silvy neben mir plötzlich los. »Dieser Typ da hat sich an mir vergriffen. So wahr ich hier stehe!« Sie zeigte auf David. Der stöhnte und sagte: »Mensch, Silvy. Hör auf. Wir wissen beide, dass das nicht stimmt. Und das da ist der Beweis!«
»Ha, so ein Beweismittel wird niemals vor Gericht anerkannt, das ist dir doch wohl klar«, sagte sie, als ob sie Oberstaatsanwältin wäre. »Und dein Ruf ist so oder so ruiniert, wenn ich erst der Presse davon erzähle.«
»Du willst die Presse informieren?«, sagte David entsetzt. »Aber ich dachte, wir klären das unter uns!«
»Ha!«, machte Silvy. »Meine Mutter, dieses egoistische ...«
»Silvy!«, ging ich dazwischen. »Wir werden die Aufnahme veröffentlichen, wenn du irgendwem auÃerhalb des Krankenhauses davon erzählst!«
»Ha, aber bis dahin hat eh jeder davon gehört!«, schrie Silvy.
»Das sind sehr ernste Anschuldigungen«, erinnerte Wöbke sie. »Damit kannst du mein ganzes Leben ruinieren!«
»Du hast ja auch meins ruiniert«, sagte Silvy kalt. »Dann wären wir also quitt.«
»Meine Güte, Silvy. Nur weil ich nicht die gleichen Gefühle für dich habe, greifst du mich so an?«, rief Wöbke.
»Nein, weil du mich betrogen hast«, sagte Silvy.
»Wie bitte?«
»Tu doch nicht so unschuldig. Erst spielst du mir die groÃe Liebe vor und
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