Gefährliche Geliebte
Anzahlung und Miete nicht unter den derzeitigen Marktwert gehen können, aber wenn du's damit versuchen willst, kann ich dir soviel leihen, wie du willst.«
Ich dachte eine Weile darüber nach. Die Möglichkeiten waren verlockend. Und so kam es, daß ich im Untergeschoß eines brandneuen Gebäudes in Aoyama eine elegante Jazz-Bar eröffnete. Während meiner College-Zeit hatte ich in einer Bar gejobbt, darum kannte ich mich in dem Metier ganz gut aus - wußte, was für Drinks und Speisen man servieren, wie die Musik und die Atmosphäre sein, was für eine Klientel man pflegen sollte und so weiter. Um die Ausgestaltung kümmerte sich die Firma meines Schwiegervaters. Er beauftragte ein paar erstklassige Innenarchitekten und ließ ihnen freie Hand. Ihr Preis war verblüffend maßvoll, und als die Bar fertig war, konnte sie sich wahrhaft sehen lassen.
Die Bar war erfolgreicher, als ich es in meinen kühnsten Träumen angenommen hätte, und zwei Jahre später eröffnete ich eine zweite, ebenfalls in Aoyama. Diese war größer und hatte ein Live-Jazz-Trio zu bieten. Das Projekt kostete mich eine Menge Zeit und Arbeit, ganz zu schweigen von einem Haufen Geld, aber am Ende wurde ich mit einem gut frequentierten Club belohnt, der in seiner Art einzig war. Ich hatte die Chance, die sich mir geboten hatte, halbwegs vernünftig genutzt, und endlich hatte ich das Gefühl, mich für einen Augenblick entspannen zu können. Es war kein Zufall, daß in diese Zeit die Geburt meines ersten Kindes fiel, eines Mädchens. Anfangs hatte ich noch hinter der Theke mitgeholfen und Cocktails gemixt, aber seitdem ich das zweite Lokal eröffnet hatte, war ich mit dem Organisatorischen und Geschäftlichen voll ausgelastet. Ich mußte mich darum kümmern, daß alles glatt lief - Preise aushandeln, Personal einstellen, die Buchführung erledigen. Am besten gefiel es mir zu sehen, wie sich Ideen, die in meinem Kopf entstanden waren, in Realität verwandelten. Selbst bei der Zusammenstellung der Speisekarte gab ich meinen bescheidenen Senf dazu. Überraschenderweise war ich in dem Job alles andere als schlecht. Es gefiel mir, ohne jede Vorgabe etwas Neues zu schaffen und es so lange zu umhegen, bis es wirklich perfekt war. Es war meine Bar, meine eigene kleine Welt. Meinen Sie etwa, man könnte als Lektor in einem Schulbuchverlag eine ähnliche Befriedigung finden? Nie im Leben.
Tagsüber kümmerte ich mich um alle möglichen Dinge, und abends machte ich die Runde durch meine beiden Bars, probierte die Cocktails, um festzustellen, ob sie so schmeckten, wie sie sollten, beobachtete die Reaktionen der Gäste, vergewisserte mich, daß das Personal auf Zack war. Und ich hörte mir die Musik an. Jeden Monat zahlte ich meinem Schwiegervater einen Teil meiner Schulden zurück; trotzdem machte ich einen ganz ordentlichen Profit. Yukiko und ich kauften uns eine Vierzimmerwohnung in Aoyama und einen BMW 320. Und bekamen ein zweites Kind, wieder ein Mädchen. Ehe ich wußte, wie mir geschah, war ich Vater von zwei kleinen Töchtern.
Mit sechsunddreißig kaufte ich ein Ferienhäuschen in Hakone und einen roten Jeep Cherokee für Yukiko, zum Einkaufen und um die Kinder herumzuchauffieren. Mit dem, was meine Bars abwarfen, hätte ich gut ein drittes Lokal eröffnen können, aber ich hatte nicht vor, noch weiter zu expandieren. Mich in den zwei Lokalen um alle Details zu kümmern genügte mir vollauf; an noch mehr denken zu müssen hätte mich ausgelaugt. Ich opferte der Arbeit schon so genug Zeit. Ich besprach die Sache mit meinem Schwiegervater, und er schlug mir vor, etwaige Überschüsse in Aktien und Immobilien anzulegen. Das läßt sich gut nebenher machen, praktisch ohne jeden Zeitaufwand, erklärte er mir. Aber Aktien- und Immobilienmarkt waren für mich ein Buch mit sieben Siegeln. Und darum sagte er: »Überlaß das mir. Tu einfach nur, was ich dir sage, und du wirst es nicht bereuen. Bei diesen Dingen kommt's auf den richtigen Dreh an.« Also investierte ich, wie er es mir sagte. Und tatsächlich hatte ich schon bald einen hübschen Gewinn beisammen.
»Jetzt hast du's raus, oder?« fragte er mich. »Beim Investieren kommt's auf den Dreh an. Du könntest hundert Jahre lang in einer Firma arbeiten und würdest es nie so weit bringen. Um es zu etwas zu bringen, brauchst du Glück und Grips. Das sind die Grundvoraussetzungen, aber es reicht noch nicht. Du brauchst Kapital. Zuwenig Kapital, und dir sind die Hände gebunden. Aber vor allem brauchst du den
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