Gefährliche Geliebte
Freundin war viel hübscher, aber ich hatte nur Augen für Yukiko. Eine unerklärlich starke Anziehungskraft trieb uns zusammen; ich hatte schon beinahe vergessen, wie sich dieser besondere Magnetismus anfühlte. Sie wohnte ebenfalls in Tokio, und so gingen wir nach unserer Rückkehr zusammen aus. Je öfter ich sie sah, desto mehr gefiel sie mir. Sie war eher unscheinbar, zumindest nicht der Typ, der überall die Blicke der Männer auf sich zieht. Aber es lag etwas in ihrem Gesicht, das nur für mich bestimmt war. Jedesmal, wenn wir uns trafen, sah ich sie mir als erstes genau an. Und ich war hingerissen von dem, was ich sah.
»Warum starren Sie mich so an?« fragte sie jedesmal.
»Weil Sie hübsch sind«, antwortete ich.
»Das hat mir noch niemand gesagt.«
»Ich bin auch der einzige, der es weiß«, erklärte ich ihr dann. »Und glauben Sie mir, ich weiß es.«
Anfangs glaubte sie mir nicht, aber das dauerte nicht lange.
Wir suchten uns immer einen ruhigen Ort, und dann unterhielten wir uns. Ich konnte ihr alles erzählen, ganz offen, ohne jede Scheu. Ich spürte auf mir die Last all dessen, was ich während der letzten zehn Jahre verloren hatte, all dieser sinnlos vergeudeten Jahre. Ich mußte mir einiges davon zurückholen, ehe es endgültig zu spät wäre. Wenn ich Yukiko in den Armen hielt, durchschauderte mich eine sehnsüchtige, längst vergangen geglaubte Erregung. Wenn wir uns voneinander verabschiedeten, fühlte ich mich wieder verloren. Die Einsamkeit quälte mich, das Schweigen war nicht mehr zu ertragen. Eine Woche vor meinem dreißigsten Geburtstag bat ich sie, meine Frau zu werden.
Ihr Vater war Generaldirektor eines mittelständischen Bauunternehmens und ein echtes Original. Er hatte kaum eine Schule von innen gesehen, aber er war ein Macher, wie er im Buche steht - für meinen Geschmack sogar ein bißchen zu aggressiv. Dennoch, seine Einstellung zum Leben beeindruckte mich. Ich war noch nie jemandem wie ihm begegnet. Er ließ sich in einem Mercedes durch Tokio chauffieren, aber von der Hochnäsigkeit des Neureichen war bei ihm nichts zu spüren. Als ich ihn aufsuchte, um ihn um die Hand seiner Tochter zu bitten, sagte er einfach: »Ihr seid keine Kinder mehr, wenn ihr euch also mögt, ist das eure Angelegenheit.« Ich war nicht gerade das, was man eine gute Partie nennt - ein unbedeutender Angestellter in einem unbedeutenden Verlag-, aber das störte ihn nicht im mindesten.
Yukiko hatte einen älteren Bruder und eine jüngere Schwester. Ihr Bruder war Direktor in der Baufirma und würde den Familienbetrieb später übernehmen. Er war kein übler Kerl, aber er stand im Schatten seines Vaters. Von den drei Kindern hatte die jüngere Schwester, die damals das College besuchte, noch den selbständigsten Kopf; sie war daran gewöhnt, ihren Willen durchzusetzen. Wenn ich es mir recht überlege, hätte sie am Ende vielleicht einen besseren Generaldirektor abgegeben als ihr Bruder.
Etwa ein halbes Jahr nach der Hochzeit bat mich Yukikos Vater zu sich. Er hatte von meiner Frau gehört, ich sei von meiner Arbeit im Schulbuchverlag nicht gerade begeistert, und er wollte wissen, ob ich mich mit dem Gedanken trüge, zu kündigen.
»Zu kündigen wäre kein Problem«, sagte ich. »Das Problem ist, was ich danach tun könnte.«
»Was hieltest du davon, für mich zu arbeiten?« fragte er. »Ich würde dich wie einen Sklaven antreiben, aber die Bezahlung ist erstklassig.«
»Also, ich weiß, daß ich nicht dafür geschaffen bin, Schulbücher zu redigieren, aber ich glaube auch nicht, daß eine Baufirma das Richtige für mich wäre«, sagte ich wahrheitsgemäß. »Ich weiß das Angebot zu schätzen, aber wenn ich für die Arbeit ungeeignet bin, würde das Ganze am Ende mehr Ärger bringen, als es wert ist.«
»Da hast du wahrscheinlich recht. Man sollte nie einen dazu zwingen, etwas zu tun, was er nicht will«, erwiderte er. Das klang, als habe er meine Antwort ohnehin erwartet. Wir saßen bei ein paar Drinks. Sein Sohn rührte Alkohol so gut wie nie an, und daher tranken wir beide gelegentlich einen zusammen. »Übrigens, meine Gesellschaft hat ein Objekt in Aoyama. Ist noch im Bau, müßte aber nächsten Monat fertig werden. Die Lage ist gut, und das wird ein echter Luxusschuppen. Liegt zur Zeit noch ein bißchen ab vom Schuß, aber das Viertel dehnt sich rasch aus. Ich dachte, vielleicht könntest du da irgendein Geschäft aufziehen. Das Gebäude gehört der Gesellschaft, deswegen würde ich bei
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