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Gefährliche Geliebte

Gefährliche Geliebte

Titel: Gefährliche Geliebte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haruki Murakami
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gibt nicht viel zu erzählen. Ich bin mir nicht mal hundertprozentig sicher, daß sie es wirklich war.« Er bestellte einen zweiten Wild Turkey on the rocks. Ich hatte noch meinen Wodka Sour. »Ist mir egal, ob's viel oder wenig zu erzählen gibt. Ich will es wissen.«
    »Na ja ...« Er zögerte. »Was ich eigentlich sagen will - manchmal kommt's mir so vor, als wäre es gar nicht wirklich passiert. Es ist ein sonderbares Gefühl, als ob ich träumte und es zugleich Wirklichkeit wäre, verstehst du? Es ist schwer zu erklären.«
    »Aber es ist wirklich passiert, nicht?« fragte ich. »Ja«, sagte er. »Dann erzähl's mir.« Er nickte resigniert und nahm einen Schluck von seinem Wild Turkey.
    »Ich war in Toyohashi, weil meine jüngere Schwester dort wohnt. Ich war auf einer Geschäftsreise nach Nagoya, und es war Freitag, und da habe ich mir gedacht, ich könnte sie besuchen und bei ihr übernachten. Und da habe ich Izumi gesehen. Im Fahrstuhl, im Haus meiner Schwester. Zuerst dachte ich: Mann, diese Frau sieht haargenau wie Izumi aus. Aber dann habe ich mir gesagt: Ach was, kann überhaupt nicht sein. Daß ich sie im Fahrstuhl im Haus meiner Schwester treffen sollte, ausgerechnet in Toyohashi! Ihr Gesicht hatte sich seit damals verändert. Es ist mir selbst schleierhaft, wieso ich sie so schnell erkennen konnte. Instinkt, vermutlich.«
    »Aber es war Izumi?«
    Er nickte. »Wie sich rausstellte, wohnte sie im selben Stock wie meine Schwester. Wir sind zusammen ausgestiegen und in dieselbe Richtung den Korridor entlanggegangen. Sie ist in der Wohnung zwei Türen vor meiner Schwester verschwunden. Ich war neugierig und habe auf das Namensschild gesehen. Und da stand Ohara.«
    »Hat sie dich auch erkannt?«
    Er schüttelte den Kopf. »Wir waren in derselben Klasse, aber wir haben kaum je was miteinander zu tun gehabt. Und außerdem habe ich seit damals gut zwanzig Kilo zugelegt. Sie hat mich garantiert nicht erkannt.«
    »Aber war es wirklich Izumi? Ich wär mir da nicht so sicher. Ohara ist ein ziemlich häufiger Name. Und es wird auch andere Frauen geben, die so ähnlich aussehen.«
    »Klar, das habe ich mir auch gesagt, und deswegen habe ich meine Schwester gefragt, wer diese Ohara sei. Meine Schwester hat mir die Mieterliste gezeigt. Weißt du, diese Listen, die sie benutzen, wenn es darum geht, irgendwelche Renovierungskosten oder was weiß ich aufzuteilen. Da standen die Namen sämtlicher Mieter. Und da stand es auch - Izumi Ohara. Und >lzumi< in Katakana geschrieben, nicht mit chinesischen Schriftzeichen. So viele mit dieser Kombination kann's kaum geben, oder?«
    »Das heißt, sie ist noch unverheiratet.«
    »Darüber wußte meine Schwester nichts«, sagte er. »Izumi Ohara ist in dem Haus offenbar die große Unbekannte. Kein Mensch hat je ein Wort mit ihr gewechselt. Wenn man sie auf dem Korridor grüßt, nimmt sie einen nicht zur Kenntnis. Wenn man bei ihr klingelt, macht sie nicht auf. Zur beliebtesten Mieterin des Blocks wird sie sicher nicht gewählt.«
    »Das kann nicht sie sein!« Ich lachte und schüttelte den Kopf. »So ist Izumi nicht. Sie war immer sehr kontaktfreudig und hat jeden angelächelt.«
    »Okay. Vielleicht hast du ja recht. Vielleicht war es jemand anders«, sagte er. »Jemand mit genau demselben Namen. Reden wir von was anderem.«
    »Aber die Izumi Ohara dort lebte allein?«
    »Das nehme ich an. Niemand hat je einen Mann in ihre Wohnung gehen sehen. Kein Mensch weiß, wovon sie eigentlich lebt. Sie ist ein Rätsel.«
    »Und was vermutest du?«
    »Worüber?«
    »Über sie. Über diese Izumi Ohara, die möglicherweise auch nur eine Person gleichen Namens ist. Du hast ihr Gesicht im Fahrstuhl gesehen. Was hast du da gedacht? Sah sie okay aus?«
    Er dachte darüber nach. »Ja, okay, kann man sagen«, antwortete er.
    »In welchem Sinn okay?«
    Er schüttelte sein Whiskyglas; die Eiswürfel klimperten. »Natürlich ist sie ein bißchen gealtert. Sie ist schließlich sechsunddreißig. Wir beide ja auch. Der Stoffwechsel läßt langsam nach, man legt ein paar Pfunde zu. Man kann nicht ewig siebzehn bleiben.«
    »Zugegeben«, sagte ich.
    »Laß uns das Thema wechseln. Es muß jemand anders gewesen sein.«
    Ich seufzte. Ich legte beide Arme auf die Theke und sah ihm direkt ins Gesicht. »Hör zu, ich will es wissen. Ich muß es wissen. Am Ende des letzten Schuljahrs hat Izumi mit mir Schluß gemacht. Das war eine schlimme Sache. Ich hab Scheiße gebaut und ihr ganz schön weh getan. Seit damals hab

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