Gefährliche Ideen
rasch zum Selbstzweck, womit niemandem geholfen ist. Er muss daher bereit sein, in Würde und sogar mit Freuden nachzugeben, in dem Wissen, dass wieder einmal eine gute Idee dem Gegenwind der Kritik getrotzt hat.
3. Die letzte Rolle ist jene des Mitbewerbers . Jede Veränderung enthält ein Wettbewerbselement, und in einer kreativen Organisation muss es möglich sein, sich die Leidenschaft undSpannung, die der Wettbewerb hervorruft, zunutze zu machen. Ein Blick auf einige Innovationsprojekte, die zu Ikonen wurden, zeigt, dass sie jeweils einen klaren Mitbewerber hatten, mit dem sie Schritt halten konnten, oder sich zumindest einen solchen ausdachten. Man sollte nie den Energieschub unterschätzen, den eine derartige Herausforderung auslösen kann, und die Rolle des Mitbewerbers ist besonders wichtig bei der Entwicklung guter Geschäftsideen. Dies ist ein entscheidender Aspekt, der unterstreicht, dass es im Unternehmen einen Entwicklungsimpuls gibt und Kreativität dort mehr verkörpert als einen reinen Hygienefaktor, den man anbringt, um den Arbeitsplatz etwas freundlicher zu gestalten. Die Herausforderung, die ein Mitbewerber darstellt, mag zwar nicht mit dem Auftreten einer hübschen Cheerleaderin vergleichbar sein, aber eine Idee, die gefeiert werden muss, erweist sich nur äußerst selten als die beste.
Findige Führungskräfte werden versuchen, alle diese Rollen innerhalb ihres eigenen Unternehmens zu fördern, doch sie funktionieren auch auf einer individuellen Ebene. Wer kreative Menschen beobachtet, wird feststellen, dass sie oft – und manchmal unbewusst – nach Leuten suchen, die diese Rollen übernehmen können. Kreative Menschen haben zumeist eine Wettbewerbsmentalität und können aus Kritik neue Kraft schöpfen. Sie sind in der Regel auch ihre schärfsten Kritiker und tragen in sich oft einen inneren Advocatus Diaboli. Feinde – vielleicht sollte man sie auch
Freinde
nennen – schaden Kreativität für sich allein genommen nicht. Im Gegenteil muss die ernsthafte Frage erlaubt sein, ob Kreativität wohl gedeihen kann, wenn sie zu Tode geliebt wird.
Kapitel 11
Mehr kopieren! Besser kopieren!
Schlechte Künstler kopieren,
große Künstler stehlen.
Pablo Picasso
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Nichts veranschaulicht besser, wie weit sich der Kreativitätsdiskurs von seinem echten kreativen Potenzial entfernt hat, als die stiefmütterliche Behandlung der Kopie – genauer gesagt: das Ignorieren und Totschweigen des Themas Imitation. In der Wirtschaftsliteratur und in Seminaren, Konferenzen und Workshops werden wir immer wieder mit der Botschaft bombardiert, dass Originalität und neue Ideen etwas Gutes seien, während das Imitieren oder Verwenden alter Ideen schlecht, unmoralisch oder gar kriminell sei. Total blöd, vollkommen idiotisch sogar! Wenn es einen Faktor gibt, der die kreative Entfaltung von Menschen und Organisationen verhindert und die Entwicklung eines wirklich dynamischen strategischen Managements lähmt, dann ist es unser Hang zur Ausgrenzung von Imitation.
Wenn es einen Faktor gibt, der die kreative Entfaltung von Menschen und Organisationen verhindert und die Entwicklung eines wirklich dynamischen strategischen Managements lähmt, dann ist es unser Hang zur Ausgrenzung von Imitation.
Man könnte die bisherigen Ausführungen dieses Buches wie folgt zusammenfassen: Unser Gehirn möchte seine geheimen Schubladen, jenen Bezugsrahmen, der normal(isiert)es Denken erzeugt, um jeden Preis erhalten. Um dieszu erreichen, entwickelt der Verstand zweierlei: eine versteckte Form traditionalistischen Denkens, die sich ein wenig wie Kreativität anfühlt, in Wirklichkeit aber nur ein müdes Abziehbild derselben darstellt, sowie eine Reihe von Denksperren, die bewirken, dass sich die Gedankenströme nur innerhalb der geheimen Schubladen bewegen (ohne dass man sich dessen wirklich bewusst wäre). Eine dieser Verteidigungstechniken besteht darin, dass unser Gehirn bestimmte Phänomene als für den Kreativitätsdiskurs geeignet qualifiziert, während es andere, weniger taugliche Ideen abweist. Eine andere lässt sich im Romantisieren gewisser Aspekte von Kreativität zulasten anderer erkennen.
Eine der wichtigsten Facetten dieser Romantisierung ist das Lobpreisen von Originalität. Nahezu jedes Buch über Kreativität und Innovation preist Originalität, neue Gedanken, einzigartige Einsichten. Und natürlich sind dies wichtige Dinge, die Lob verdienen. Originalität übt auf Menschen eine
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