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Gefährliche Ideen

Gefährliche Ideen

Titel: Gefährliche Ideen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alf Rehn
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auch wenn es vielleicht nicht ganz so elegant und verführerisch klingt wie die Anerkennung als großartiges Original. Doch mit Blick auf die Unternehmenswelt (und einen Großteil des öffentlichen Sektors) gilt, dass man weniger nach einem möglichst coolenAussehen als vielmehr nach guten Ergebnissen streben sollte. Wie aber sollen wir im Kontext des Kreativitätsdiskurses dieses ganze Kopieren und Lernen bewerten? Kopieren stellt eine der
kreativen Unmöglichkeiten
dar; sie ist etwas, das in der heutigen Diskussion über Kreativitätsentwicklung nicht gerne gesehen wird. Dennoch ist es ungeheuer wichtig, die Rolle des Kopierens in diesem Kontext zu begreifen – aus mehreren Gründen.
    Strategisches Kopieren
    Einer dieser Gründe ist eine andere Version der logischen Paradoxa, die ich im Zuge unserer Diskussion über die Schwierigkeit, Kreativität zu definieren, aufgezeigt habe. Wenn wir einen Moment lang annehmen, dass all jene Unternehmen, die über Kreativität sprechen (also praktisch alle), aus voller Überzeugung behaupten, sie sei ungemein wichtig, wäre dann nicht ein Unternehmen, das sie völlig ignoriert, das kreativste von allen? Und wenn heutzutage jedes Unternehmen mit einer Innovationsstrategie aufwartet, wäre dann nicht dasjenige, das eine kreative Kopierstrategie entwickelt, das innovativste von allen?
    Kreativität sollte Türen öffnen, anstatt sie zu verschließen. Kreativität sollte – nein,
muss
– in der Lage sein, jede vorgegebene Grenze zu überwinden und die Möglichkeiten anzunehmen, die sich jenseits dieser Grenze befinden.
Warum also nicht Kopieren als kreativen Akt begreifen?
Natürlich mag das unvereinbar klingen, aber Paradoxa enthalten oft sehr brauchbare Ideen. Und da so viele menschliche Aktivitäten aus reinem Kopieren bestehen – die gesamte Güterproduktion, die meiste Kommunikation und alles, was mit sexueller Reproduktion zu tun hat –, wäre es doch sehr seltsam, wenn wir innerhalb der Welt der Kopien nicht irgendwelche interessanten und kreativen Aspekte fänden.
    Nirgendwo erscheint dies wichtiger als in der Unternehmenswelt, denn die Geschäftsprozesse sind so gelagert, dass stets verschiedene Aspekte des Kopierens vorkommen und von Bedeutung sind. Das Komische ist, dass viele Führungskräfte zwar einerseits mit großem Aufwand versuchen, die innovativen Strategien anderer Nachahmer zu kopieren – und schließlich besteht die gesamte Wirtschaftsliteratur aus Versuchen, Best Practices zu kopieren –, andererseits aber nur sehr wenige über explizite und durchdachte Strategien dafür verfügen. Wieder einmal verhindert unser Hang zum Moralisieren, dass wir unser volles Potenzial ausschöpfen.
    Jeder Kreativität liegt irgendeine Form des Kopierens zugrunde, selbst wenn der kreative Akt darin besteht, sowohl zu kombinieren als auch zu kopieren, um so etwas völlig Neues einzuführen. Leider konzentrieren wir uns oftmals nur auf den Heureka-Moment einer originalen Entdeckung, doch Tatsache ist: Wenn wir besser kopieren könnten, würden uns auch die anderen Aspekte von Kreativität besser gelingen. Dabei handelt es sich im Grunde um eine Reprise (Kopie?) unseres früheren Beispiels, in dem wir der Effizienz eines Fahrzeugmotors die Größe des Benzintanks gegenüberstellten. Das Problem ist, dass unser grundsätzlich faules Gehirn sich mit einem Schaudern abwendet, wenn es darüber nachdenken soll, wie man effizienter kopieren kann. Es fühlt sich falsch an, könnte am Ende sogar illegal sein und klingt zumindest nicht nach etwas, womit sich ernstzunehmende Leute in respektablen Unternehmen beschäftigen sollten. Doch es ist genau das, was viele führende Künstler, Designer und andere kreative Persönlichkeiten in Perfektion beherrschen.
    Untersucht man beispielsweise die Arbeiten von Designern, so stellt man fest, dass die besten unter ihnen ein unglaubliches Talent dafür besitzen, Einflüsse aus den unwahrscheinlichstenQuellen zu verwenden, und dass ihnen nicht unbedingt ein göttlicher Funke dabei hilft, Neues und Wunderbares zu erschaffen, sondern ein scharfer Sinn dafür, auf möglichst interessante Weise zu kopieren und zu kombinieren. Die Top-Designer sind brillante und kreative Nachahmer. In ähnlicher Weise sind viele der weltweit führenden Geschäftsleute wahre Meister darin, bestehende Ideen oder Geschäftsmodelle aufzunehmen und diese auf interessante Art und Weise anzuwenden. Im Grunde handeln alle großen Technologieunternehmen so, wie es der CEO von

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