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Gefährliche Ideen

Gefährliche Ideen

Titel: Gefährliche Ideen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alf Rehn
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unverzichtbar zur Entwicklung kreativer Organisationen. Wenn einer Idee Erfolg beschieden sein soll, muss sie Widerstand ausgesetzt werden, denn nur in einer kritischen Umgebung können Ideen getestet werden und sich entwickeln. Wenn jeder nur zustimmend mit dem Kopf nickt, ist die Sache nicht gründlich genug untersucht worden. Zumindest aber kann man davon ausgehen, dass eine Idee nicht rigoros genug getestet wurde, wenn man sie nicht so weit vorangetrieben hat, dass die Leute unruhig auf ihren Stühlen herumzurutschen beginnen. Das auf Sitzungen so oft zu erlebende (und scheinbar ungemein beliebte) leise Murmeln und Nicken ist wenig mehr als eine bequeme Reaktion, ein Signal, dass Menschen eine Idee in sich aufnehmen, mit der sie bereits vertraut sind. Eine Idee, die ohne Neinsager bleibt und von niemandem abgelehnt wird, muss schlecht sein, da sie ganz offensichtlich bei weitem nicht genug provoziert oder herausfordert. Schreiben Sie sich daher folgenden Satz hinter die Ohren:
Wenn alle zustimmen, ist die Idee schlecht!
    Um wirklich großartige Ideen zu entwickeln, muss man sie so weit vorantreiben, dass sie in ein Spannungsverhältnis zum Status quo geraten.
    Um wirklich großartige Ideen zu entwickeln, muss man sie so weit vorantreiben, dass sie in ein Spannungsverhältnis zum Status quo geraten. Wie der bereits erwähnte Joseph Schumpeter betonte, zeichnen sich wertvolle Ideen dadurch aus, dass sie einen signifikanten Wandel herbeiführen, und ein solcher geht immermit einem gewissen Maß an Widerstand, Spannung und Zerstörung einher. Jede produktive Idee richtet sich gegen einen Aspekt des Bestehenden, macht eine vorherrschende Arbeitsweise obsolet oder beraubt irgendjemanden seiner Machtbasis. Daran ist an sich nichts auszusetzen, denn nur durch solche Veränderungen können sich Unternehmen und Gesellschaften fortentwickeln. Doch es bedeutet, dass jeder wirklich wertvollen Idee ein echter Feind gegenübersteht und sie der kreativen Zerstörung ausgesetzt ist, die sie auslöst. Es bedeutet zudem, dass eine ernsthafte Beschäftigung mit den Feinden einer Idee sehr hilfreich sein kann.
    Überflüssig wie ein Kropf: der Konsens
    Die gefährlichste Idee, die jemals das Feld der Entscheidungsfindung betrat, ist das Konsensprinzip. Der Glaube, dass jedermann berechtigt sein sollte, jede Veränderung innerhalb eines Unternehmens zu kommentieren oder gar zu beeinflussen, führt zu faden und verwässerten Lösungen, die niemanden provozieren oder aktivieren. Dafür sprechen sowohl Forschungsergebnisse als auch alltägliche Erfahrungswerte. Der Konsensglaube ist der gedankliche Bruder der Vorstellung, dass Kreativität eine zumeist spaßige und nette Angelegenheit sein könne – ein beruhigender und angenehmer Prozess, der niemandem wehtut. Damit steht Konsens in krassem Gegensatz zu echter Kreativität und Innovation.
    Das Problem besteht darin, dass unsere Geschäftskultur zunehmend ängstlich und charakterlos geworden ist. In ihrem Mittelpunkt steht der Wunsch, niemanden zu verletzen und alle einzubinden,vergleichbar mit modernen Kindergärten, wenn auch mit weniger lustigen Ausflügen. In einer solchen Umgebung wandeln sich Ideen notgedrungen zu farblosen und blutleeren Schatten ihrer selbst. In derartigen Unternehmen sind gute Ideen zum Scheitern verurteilt, nicht weil sie auf Widerstand träfen, sondern aus dem gegenteiligen Grund – dem lähmenden Gefühl, dass es ohnehin niemanden interessiert. Wir sind kulturell darauf programmiert, Kritik mit Abneigung zu begegnen, und in zahlreichen Unternehmen wird sie auf destruktive und faule Weise vorgebracht. Die Lösung liegt allerdings nicht darin, die Kritiker abzuschütteln, sondern sie zu stärken und nützlicher zu machen.
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    Produktiver Widerstand
    Das Konzept der konstruktiven Kritik wird oft missverstanden: Obwohl viele Menschen regelmäßig um Kritik bitten, meinen Sie damit in Wirklichkeit: »Sag nichts Negatives.« Gleichzeitig verstecken sich viele Kritiker hinter diesem Begriff, obwohl sie eigentlich nur kleinliche Meckereien anbringen wollen. Doch konstruktive Kritik ist weder besonders freundlich noch destruktiv. Stattdessen könnte man sagen, dass jede Kritik konstruktiv ist, die sich individuell mit einer Idee auseinandersetzt. Der Ausspruch »Das funktioniert hier nicht, weil wir es schon versucht haben« spiegelt eine träge Herangehensweise wider, die eher aufdie Unternehmensgeschichte als auf das Potenzial einer Idee abzielt.

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