Gefährliche Intrigen
während er seinen Mantel umlegte, waren Oliver Antwort genug.
»Reisen wir ab? Dann sollte ich mich eiligst ans Packen machen«, versuchte Oliver noch einmal, etwas von dem Gespräch zu erfahren.
»Nein, wir reisen nicht ab. Ich werde verschwinden. Ich kann unmöglich an diesem Empfang teilnehmen, ohne jemanden zu töten!«
Er fuhr sich mit den Händen übers Gesicht.
»Und da dieser Jemand, den ich zu töten gedenke, ausgerechnet mein lieber Bruder ist, sollte ich vorsichtshalber das Weite suchen!«
Er war schon fast an der Tür, als Oliver seinen Mut zusammennahm und sich Logan in den Weg stellte.
»Mylord, wenn Ihr gestattet, würde ich gerne offen zu Euch sein …« er stockte mitten im Satz, und sein Blick bat um Erlaubnis, weitersprechen zu dürfen. Logan sah Oliver einen Moment lang an, ehe er sagte:
»Natürlich mein Freund, du kennst mich seit vielen Jahren und begleitest mich überallhin. Von dir erwarte ich Offenheit, und es soll dir niemals schaden, mir deine Meinung zu sagen!«
Er mochte seinen Kammerdiener und war erstaunt darüber, dass dieser es bisher nicht gewagt hatte zu sagen, was er zu sagen hatte. Sicher, Logan wusste selbst, dass er manchmal mürrisch war, aber Oliver damit zu strafen war nie seine Absicht gewesen. Er würde ihm bei nächster Gelegenheit etwas Gutes tun, nahm er sich fest vor.
»Also, es kommt mir vor, als würden Mylord davonlaufen«, stammelte Oliver und blickte dabei stur auf seine Fußspitzen.
»Dieser Empfang heute Abend hat etwas mit Lady Torringtons Schwangerschaft zu tun, richtig?«
»Richtig! Worauf willst du hinaus?«
»Ihr solltet nicht zeigen, wie sehr Ihr noch immer unter der Zurückweisung von Lady Torrington leidet. Ihr solltet auf den Ball gehen.«
Logan musste fast schmunzeln, als er sah, dass Oliver um ihn besorgt war, und so antwortete er:
»Ich danke dir für die Sorge um mich, aber ich weiß, dass es besser für alle ist, wenn ich mich fernhalte.«
Er legte seinem Freund die Hand auf die Schulter.
»Du kannst mich morgen um die Mittagszeit zurückerwarten. Allerdings möchte ich mich dann nicht mehr allzu lange hier aufhalten. Ich habe nur noch einige Dinge zu klären, dann können wir abreisen. Bereite bitte schon alles vor.«
Er schlüpfte in seinen Mantel.
»Lass jetzt Agathon satteln und in den Hof bringen.«
Mit diesen Worten kehrte er Stainton Hall Mannor vorerst den Rücken.
Zuerst wollte er nur möglichst viel Distanz zwischen sich, seinen Bruder und dessen Leben bringen. Nach fast einer Stunde im Galopp zügelte er sein Pferd zu einer langsameren Gangart und betrachtete die Landschaft, durch die er ritt. Das alles gehörte seinem Bruder, die saftigen grünen Hügel, die kleinen Bäche, die überall das Land durchzogen und nach einem kräftigen Regenschauer zu einem reißenden Strom werden konnten, genauso wie die dichten dunklen Wälder, auf die er zuhielt. Hier hatten sie schon so manche Treibjagd veranstaltet, als sie noch jünger gewesen waren. In letzter Zeit hatte er sich, genau, wie Roxana gesagt hatte, absichtlich von Stainton Hall und seinen Bewohnern ferngehalten. Er konnte seinem Bruder nicht verzeihen, dass er, obwohl er doch schon alles hatte, ihm auch noch Roxana hatte nehmen müssen. Dabei liebte Aiden - wie man sehen konnte - seine Frau noch nicht einmal. Er ließ Agathons Zügel locker, und der starke schwarze Hengst, trug seinen Reiter zuverlässig weiter. Er machte seinem Namen, der für das Gute und Wertvolle steht, alle Ehre.
Sich so seinem Pferd überlassend, ließ Logan seine Gedanken noch einmal kreisen. Das Gespräch mit Oliver kam ihm in den Sinn. Sein treuer Diener hatte recht, er war nach wie vor verletzt, von der Heirat Roxanas mit seinem Bruder, knapp zwei Monate, nachdem sie sich ihm hingegeben hatte. Doch Oliver irrte sich, wenn er dachte, Logan liebe seine Schwägerin noch immer. Nein, er liebte sie nicht mehr. Er hatte sie geliebt, von ganzem Herzen, aus tiefster Seele, mit seinem Körper. Doch Roxana hatte über ihn gelacht, sie hatte sein Herz und seinen Körper entflammt und ihn dann verbrennen lassen! Er wollte sich nie mehr so fühlen wie damals! Sich so dumm, so wütend und verzweifelt vorkommen! Er würde sein Herz nicht noch einmal irgendeiner Frau öffnen oder den falschen Versprechungen von Liebe Glauben schenken.
Nach jenem schmerzvollen Moment vor elf Jahren hatte er eine schützende Mauer um sein Herz errichtet. Seitdem versuchte er, mit vielen schönen Frauen gegen seine
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