Gefährliche Intrigen
einige Zeit geschlafen haben, denn als sie erwachte, leuchtete das letzte Tageslicht das Innere der Kutsche nur noch spärlich aus. Emma versuchte sich zu orientieren und irgendetwas zu finden, woran sie sich festhalten konnte. Sie wurde beinahe aus dem Sitz gehoben. Die Kutsche fuhr viel zu schnell, und die Geräusche, die zu Emma hereindrangen, machten ihr Angst. Luke rief wüste Verwünschungen, während er die Pferde noch weiter antrieb. Die Kutsche geriet ins Schleudern. Was war da los? Just in diesem Moment tauchte neben der Kutsche ein dunkelbrauner Pferdekopf auf. Schnell duckte sie sich. Hoffentlich hatte sie der Reiter nicht gesehen! Auf der anderen Seite versuchte gerade ein zweiter, vermummter Reiter an der Kutsche vorbeizuziehen. Sie konnte nichts tun. Nur hoffen, dass es ihm auf dem sehr schmalen Weg nicht gelingen würde, an den Kutschbock heranzukommen. Da ertönte ein ohrenbetäubender Knall, gefolgt von Mollys lautem, hysterischen Schrei. Die Pferde machten vor lauter Schreck noch einen Satz nach vorne. Nach einem weiteren Schuss kippte Mollys lebloser Körper seitlich von der Kutsche und der Dieb, der ihr gerade das Leben genommen hatte, musste sein Pferd zügeln, um nicht über die Tote zu stürzen. Die Pferde stürmten führerlos weiter, denn auch der erste Schuss hatte sein Ziel gefunden. Der Pfad wurde immer schmaler, und auf der einen Seite tat sich ein steiler, felsiger Abhang auf. Ein falscher Tritt der Pferde und Emma würde mitsamt der Kutsche in die Tiefe gerissen werden. Doch auch die Reiter hatten mit dem Gelände ihre Schwierigkeiten. Der eine, der auf Emmas Seite beinahe schon an die Zügel der Pferde herangeritten war, musste sein Vorhaben schnell aufgeben, als der Weg zu schmal wurde, um neben der Kutsche zu reiten. Er ließ sein Pferd zurückfallen. Er musste jetzt nichts mehr riskieren. Die Pferde würden, sobald sie sich etwas beruhigt hatten, leicht einzuholen sein.
Doch als der Weg eine Biegung machte, geriet eines der Zugpferde zu nah an den Abgrund, Steine wurden losgetreten, und das Pferd strauchelte. Die Kutsche neigte sich gefährlich zur Seite. Emma verlor den Halt und wurde mit voller Wucht gegen die harte, hölzerne Wagentür geworfen, die unter der Wucht krachend nachgab und mitsamt den Angeln in die Tiefe stürzte.
In Emmas Kopf explodierte ein unglaublicher Schmerz, als sie gegen etwas Hartes schlug. Blut lief ihr in die Augen und Emmas Fingernägel splitterten bei dem vergeblichen Versuch, doch noch irgendwo Halt zu finden – zwecklos.
Sie stürzte in die Tiefe.
Kapitel 2
Zwei Tage zuvor in London
Seine Mätresse Melissa zu verlassen, fiel ihm heute Abend nicht sonderlich schwer. Es sah so aus, als würde sie in Kürze dasselbe Schicksal ereilen wie ihre zahlreichen Vorgängerinnen. Bisher war Logan Torrington noch keiner Frau begegnet, die ihn für längere Zeit gefesselt hätte. Geliebte hatte es in seinen einunddreißig Lebensjahren viele gegeben, denn mit seinem Aussehen, das einem Racheengel glich, konnte er sich die Frauen nehmen, die er wollte. Mit seinen schwarzen Haaren, den grauen Augen, die so geheimnisvoll tief zu sein schienen wie das sagenumwobene Loch Ness und seinem markanten Kinn, war er erst auf den zweiten Blick attraktiv. Doch seine muskulöse Brust und seine starken Arme machten das bei den meisten Frauen wieder wett. Nur die jungen Debütantinnen hielten sich von ihm fern. Zwar galt er als gute Partie, aber als zweitgeborener Sohn hatte er keinen Titel zu bieten. Außerdem waren sie von ihren Müttern vor seinem Ruf als Frauenheld gewarnt worden. Viele fürchteten sich vor ihm. Seit einiger Zeit wurden schon Wetten unter den jungen Damen abgeschlossen, welche die Erste sein würde, die es schaffte, ein Lächeln auf sein Gesicht zu zaubern. Denn Logan lächelte nie.
Melissa hatte ihn heute Abend wie immer sehr gut unterhalten, doch nachdem sie zusammen gespeist und vor den knisternden Flammen im Kamin ein Gläschen Cognac getrunken hatten, machte er Anstalten aufzustehen. Er hatte Lust, den Rest des Abends in seinem Boxclub zu verbringen.
»Wieso mache ich mir überhaupt die Mühe, mich für dich zurechtzumachen, wenn du mich jetzt schon wieder verlassen willst?«
Diesen Disput führten sie in letzter Zeit häufiger.
»Ich habe mich den ganzen Tag auf dich gefreut, Logan, und ich schwöre, dass ich es dir nicht verzeihen würde, wenn du jetzt gehst!«
Melissa schob schmollend ihre sinnlichen Lippen vor und vollführte eine
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