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Gefaehrliche Liebe

Gefaehrliche Liebe

Titel: Gefaehrliche Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Collins
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die anderen davon überzeugt? Dass Peetas Zunge eine viel mächtigere Waffe gegen das Kapitol wäre als alle physische Stärke, die wir anderen geltend machen könnten? Ich weiß es nicht. Es erscheint mir immer noch ein sehr großer Sprung über den eigenen Schatten für einige der Tribute. Für Johanna Mason zum Beispiel. Doch welche andere Erklärung kann es für ihre entschlossenen Bemühungen, sein Leben zu retten, geben?
    »Gibst du mir mal den Zapfhahn, Katniss?«, fragt Finnick und holt mich zurück in die Wirklichkeit. Ich schneide die Ranke durch, mit der ich den Hahn an meinem Gürtel befestigt habe, und reiche ihn Finnick.
    In diesem Augenblick höre ich sie schreien. So voller Angst und Schmerz, dass mir das Blut in den Adern gefriert. Und so vertraut. Ich lasse den Hahn fallen, vergesse, wo ich bin und was vor mir liegt, ich weiß nur, dass ich zu ihr muss, sie beschützen. Wie wild geworden renne ich in den Dschungel hinein, der Stimme nach, achtlos gegenüber der Gefahr, breche durch Ranken und Geäst, durch alles, was mir den Weg zu ihr versperrt.
    Den Weg zu meiner kleinen Schwester.
     

24
    Wo ist sie? Was machen sie mit ihr?
»Prim!«, schreie ich. »Prim!« Die Antwort ist nur ein weiterer gequälter Schrei.
Wie ist sie hergekommen? Warum ist sie Teil der Spiele?
»Prim!«
    Zweige schneiden mir in Gesicht und Arme, Kriechpflanzen greifen nach meinen Füßen. Aber ich komme ihr näher. Immer näher. Bin ihr jetzt ganz nah. Der Schweiß rinnt mir übers Gesicht, sticht in die halb verheilten Säurewunden. In der feuchtwarmen, sauerstoffarmen Luft ringe ich nach Atem. Prim gibt einen Laut von sich, so ein verlorenes, endgültiges Geräusch, dass ich mir nicht vorstellen mag, was sie mit ihr gemacht haben.
    »Prim!« Ich breche durch eine grüne Wand auf eine kleine Lichtung, und der Laut erklingt erneut, direkt über mir. Abrupt lege ich den Kopf in den Nacken. Hängt sie gefangen in den Bäumen? Verzweifelt suche ich das Geäst ab, aber ich kann nichts entdecken. »Prim?«, flehe ich. Ich höre sie, doch ich kann sie nicht sehen. Der nächste Klagelaut erklingt, klar wie eine Glocke, und da besteht kein Zweifel mehr. Er kommt aus dem Schnabel eines kleinen schwarzen Vogels mit einer Haube auf dem Kopf, der sich etwa drei Meter über mir auf einem Zweig niedergelassen hat. Und dann begreife ich.
    Es ist ein Schnattertölpel.
    Ich habe noch nie einen gesehen, ich hatte gedacht, es gäbe keine mehr. Ich lehne mich gegen einen Baumstamm, presse die Hand auf meine stechenden Seiten und betrachte ihn. Die Mutation, die Urversion, der Stammvater. Vor meinem inneren Auge lasse ich eine Spottdrossel erstehen, verschmelze sie mit einem Schnattertölpel und erkenne, wie aus den beiden mein Spotttölpel geworden ist. Nichts an dem Vogel verrät, dass er eine Mutation ist. Nichts außer der täuschend echten Imitation von Prims Stimme, die aus seinem Schnabel kommt. Mit einem Pfeil in die Kehle bringe ich ihn zum Schweigen. Der Vogel fällt zu Boden. Ich ziehe den Pfeil heraus und drehe dem Vogel den Hals um, sicherheitshalber. Dann schleudere ich das widerliche Ding in den Dschungel. Kein Hunger der Welt könnte mich in Versuchung führen, ihn zu essen.
    Das war nicht real,
sage ich mir.
So wie letztes Jahr die mutierten Wölfe nicht die echten toten Tribute waren. Das ist nur ein sadistischer Trick der Spielmacher.
    Finnick bricht auf die Lichtung, als ich gerade meinen Pfeil mit Moos abwische. »Katniss?«
    »Alles in Ordnung. Ich bin okay«, sage ich, obwohl ich mich ganz und gar nicht okay fühle. »Ich dachte, ich hätte meine Schwester gehört, aber ...« Ein durchdringender Schrei unterbricht mich. Diesmal ist es eine andere Stimme, nicht die von Prim, vielleicht von einer jungen Frau. Ich erkenne sie nicht. Doch auf Finnick macht sie unmittelbar Eindruck. Alle Farbe weicht aus seinem Gesicht und die Pupillen weiten sich vor Schreck. »Bleib hier, Finnick!«, rufe ich und strecke die Hand aus, um ihn zu beruhigen, doch er ist schon auf und davon. Losgestürzt auf der Suche nach dem Opfer, genauso kopflos wie ich, als ich Prim hinterherjagte. »Finnick!«, rufe ich, aber ich weiß, dass er nicht umkehren und warten wird, um sich eine vernünftige Erklärung anzuhören. Mir bleibt nur, mich an seine Fersen zu heften.
    Er ist schnell, aber es ist nicht schwer, ihm zu folgen, denn er hinterlässt eine deutliche Bresche. Doch der Vogel ist gut einen halben Kilometer entfernt, meist geht es bergauf, und als

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