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Gefaehrliche Liebe

Gefaehrliche Liebe

Titel: Gefaehrliche Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Collins
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ich Finnick endlich einhole, bin ich völlig außer Atem. Er läuft um einen riesigen Baum herum. Der Stamm ist über einen Meter dick, die ersten Äste beginnen in gut sieben Metern Höhe. Der Schrei der Frau kommt irgendwo aus dem Grün über uns, doch der Schnattertölpel ist gut versteckt. Auch Finnick schreit, immer und immer wieder: »Annie! Annie!« Er ist voller Panik, nicht ansprechbar, deshalb tue ich, was ich sowieso getan hätte. Ich besteige einen benachbarten Baum, suche, bis ich den Schnattertölpel ausfindig gemacht habe, und erledige ihn mit einem Pfeil. Er fällt Finnick direkt vor die Füße. Finnick hebt ihn auf, langsam dämmert es ihm, doch als ich mich herunterlasse und zu ihm gehe, sieht er noch verzweifelter aus.
    »Alles in Ordnung, Finnick. Das ist nur ein Schnattertölpel. Sie spielen uns einen Streich«, sage ich. »Das ist nicht real. Es ist nicht deine ... Annie.«
    »Nein, es ist nicht Annie. Aber die Stimme gehörte ihr. Schnattertölpel imitieren, was sie hören. Woher haben sie diese Schreie, Katniss?«, fragt er.
    Als mir klar wird, was das bedeutet, spüre ich, wie jetzt ich blass werde. »Finnick, du meinst doch nicht etwa, die ...«
    »Doch. Meine ich. Genau das denke ich«, sagt er.
    Ich stelle mir Prim vor, in einem weißen Raum, an einem Tisch festgeschnallt, während maskierte Gestalten in langen Gewändern ihr diese Laute entlocken. Irgendwo foltern sie sie oder haben sie gefoltert, um an diese Laute zu kommen. Meine Knie geben nach und ich sinke zu Boden. Finnick will mir etwas sagen, doch ich kann ihn nicht verstehen. Dafür höre ich plötzlich einen Vogel, der irgendwo zu meiner Linken anfängt zu singen. Und diesmal gehört die Stimme Gale.
    Ehe ich losrennen kann, packt Finnick mich am Arm. »Nein. Das ist er nicht.« Er zerrt mich bergab, zum Strand. »Wir müssen hier raus!« Doch Gales Stimme ist so voller Schmerz, dass ich versuche, mich loszureißen und zu ihm zu laufen. »Das ist nicht er, Katniss! Das ist eine Mutation!«, schreit Finnick mich an. »Los jetzt!« Halb schleift er mich, halb trägt er mich weiter, bis ich begreife, was er gesagt hat. Er hat recht, das ist nur ein Schnattertölpel. Gale hat nichts davon, wenn ich den Vogel töte. Trotzdem, es ist Gales Stimme, und irgendwer hat ihn irgendwo und irgendwann dazu gebracht, solche Laute auszustoßen.
    Aber ich wehre mich nicht mehr gegen Finnick. Wie in der Nacht mit dem Nebel fliehe ich vor etwas, gegen das ich nicht ankämpfen kann. Das mir nur Leid zufügen kann. Nur dass es diesmal mein Herz ist, das verätzt wird, und nicht mein Körper. Mit Sicherheit sind die Vögel eine weitere Waffe der Uhr. Vier Uhr, vermute ich mal. Wenn die Zeiger auf vier Uhr rücken, gehen die Affen nach Hause und die Schnattertölpel kommen hervor und spielen auf. Finnick hat recht: Wir müssen so schnell wie möglich raus hier. Nur dass Haymitch uns diesmal todsicher nichts per Fallschirm wird schicken können, das Finnick und mir hilft, diese Wunden zu heilen.
    Am Dschungelrand stehen Peeta und Johanna, was mich erleichtert und zugleich wütend macht. Wieso ist Peeta mir nicht zu Hilfe gekommen? Wieso ist uns keiner gefolgt? Selbst jetzt noch zögert er, die Hände erhoben, die Handflächen uns zugewandt, die Lippen bewegen sich, doch die Worte erreichen uns nicht. Warum?
    Die Wand ist so transparent, dass wir in vollem Lauf dagegenprallen und auf den Dschungelboden zurückgeschleudert werden. Ich habe Glück, meine Schulter hat den Aufprall weitgehend abgefangen. Aber Finnick ist mit dem Gesicht voll dagegengeknallt und jetzt schießt das Blut nur so aus seiner Nase. Deshalb also sind Peeta und Johanna und auch Beetee, der hinter ihnen traurig den Kopf schüttelt, uns nicht zu Hilfe gekommen. Eine unsichtbare Barriere versperrt den Zugang zum Strand. Kein Kraftfeld diesmal. Man kann die harte, glatte Oberfläche nach Belieben berühren. Doch weder Peetas Messer noch Johannas Axt vermag ihr auch nur einen Kratzer zuzufügen. Ich gehe ein paar Meter nach einer Seite und stelle fest, dass die Wand wohl den gesamten Sektor zwischen vier und fünf Uhr einschließt. Dass wir wie die Mäuse in der Falle sitzen, bis die Stunde vorbei ist.
    Peeta presst die Hand gegen die Oberfläche, und ich halte meine dagegen, als könnte ich ihn durch die Wand hindurch spüren. Ich sehe, dass er die Lippen bewegt, doch ich kann ihn nicht hören, kann überhaupt nichts hören außerhalb unseres Segments. Ich versuche zu erraten, was er

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