Gefaehrliche Liebe
sehnlichst erwartet, trifft verdorben und von Ratten verseucht ein. Die Werkzeuge auf dem Platz kommen oft zum Einsatz. Menschen werden herbeigeschleift und für Vergehen bestraft, über die so lange hinweggesehen wurde, dass wir sie schon gar nicht mehr als solche betrachtet hatten.
Gale geht nach Hause, ohne dass wir noch einmal über die Rebellion gesprochen hätten. Aber irgendetwas sagt mir, dass alles, was er sieht, ihn in seinem Entschluss zurückzuschlagen nur noch bestärken wird. Die schlimmen Zustände in den Bergwerken, die gequälten Menschen auf dem Platz, der Hunger in den Gesichtern seiner Familie. Rory hat sich für Tesserasteine eingetragen, worüber Gale noch nicht mal sprechen kann, und es reicht immer noch nicht, weil Lebensmittel nicht jederzeit zu haben sind und immer teurer werden.
Der einzige Lichtblick ist, dass ich Haymitch überreden kann, Hazelle als Haushälterin anzustellen. So hat sie ein wenig zusätzliches Geld und Haymitch eine höhere Lebensqualität. Es ist merkwürdig, sein Haus so frisch und sauber zu sehen, mit warmem Essen auf dem Herd. Er merkt es kaum, weil er eine ganz andere Schlacht führt. Peeta und ich haben versucht, den Schnaps, so gut es ging, einzuteilen, aber er ist fast alle, und als ich Ripper das letzte Mal gesehen habe, stand sie am Pranger.
Wenn ich durch die Straßen gehe, komme ich mir vor wie eine Aussätzige. Alle meiden mich in der Öffentlichkeit. Doch zu Hause habe ich reichlich Gesellschaft. Immer neue Lieferungen von Kranken und Verletzten werden in die Küche zu meiner Mutter gebracht und sie nimmt schon lange kein Geld mehr für die Behandlungen. Ihr Vorrat an Heilmitteln ist so knapp geworden, dass sie die Patienten bald nur noch mit Schnee behandeln kann.
Der Wald ist natürlich verboten. Strengstens. Ohne jede Einschränkung. Nicht mal Gale stellt das jetzt infrage. Doch eines Morgens tue ich es. Und es ist nicht das Haus voller Kranker und Sterbender, das mich unter dem Zaun hindurchtreibt, es sind nicht die blutenden Rücken, die ausgemergelten Gesichter der Kinder, die marschierenden Stiefel, es ist nicht das allgegenwärtige Elend. Es ist eine Kiste mit Hochzeitskleidern, die eines Abends ankommt, darin eine Nachricht von Effie, in der sie schreibt, mit dieser Auswahl sei Präsident Snow persönlich einverstanden.
Die Hochzeit. Will er das wirklich durchziehen? Wozu soll das seinem verqueren Denken nach gut sein? Haben die Leute im Kapitol irgendetwas davon? Eine Hochzeit ist ihnen versprochen worden, eine Hochzeit sollen sie bekommen. Und dann bringt er uns um? Als Lektion für die Distrikte? Ich weiß es nicht. Ich werde daraus nicht schlau. Ich wälze mich im Bett hin und her, bis ich es nicht mehr aushalte. Ich muss hier raus. Wenigstens für ein paar Stunden.
Ich taste in meinem Schrank herum, bis ich die wasserdichte Winterausrüstung finde, die Cinna mir für meine Freizeit während der Siegertour gemacht hat. Wasserdichte Stiefel, ein Schneeanzug, der mich von Kopf bis Fuß bedeckt, Thermohandschuhe. Ich liebe meine alte Jagdkleidung, aber für den Marsch, den ich im Sinn habe, ist diese Hightechausrüstung besser geeignet. Auf Zehenspitzen gehe ich nach unten, packe mir die Jagdtasche mit Proviant voll und stehle mich aus dem Haus. Ich schleiche durch Seitenstraßen und abgelegene Gassen, bis ich zu der Lücke im Zaun in der Nähe von Fleischer Rooba gelange. Weil viele Arbeiter auf dem Weg zu den Bergwerken hier endangkommen, wimmelt es im Schnee von Fußspuren. Da fallen meine gar nicht auf. Sosehr Thread die Sicherheit verstärkt hat, den Zaun hat er vernachlässigt. Vielleicht dachte er sich, das raue Wetter und die wilden Tiere würden schon ausreichen, um die Menschen innerhalb der Grenzen zu halten. Trotzdem verwische ich hinter dem Maschendrahtzaun meine Spuren, bis sie sich zwischen den Bäumen verlieren.
Der Tag bricht gerade an, als ich mir Pfeil und Bogen schnappe und durch den hohen Schnee im Wald stapfe. Aus irgendeinem Grund will ich es unbedingt bis zum See schaffen. Vielleicht, um mich von ihm zu verabschieden und von meinem Vater, der glücklichen Zeit, die wir dort verbracht haben, weil ich weiß, dass ich wahrscheinlich nie zurückkehren werde. Vielleicht auch nur, um noch mal richtig durchzuatmen. In gewisser Weise ist es fast egal, ob sie mich erwischen, wenn ich den See nur noch einmal sehen kann.
Ich brauche für den Weg doppelt so lange wie sonst. Die Klamotten von Cinna halten die Wärme sehr gut;
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