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Gefaehrliche Liebe

Gefaehrliche Liebe

Titel: Gefaehrliche Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Collins
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Gefahr vor mir konzentriere. Was soll das? Hat Thread den Zaun als zusätzliche Vorsichtsmaßnahme eingeschaltet? Oder weiß er irgendwoher, dass ich ihm heute durchs Netz geschlüpft bin? Ist er entschlossen, mich außerhalb von Distrikt 12 auflaufen zu lassen, damit er mich festnehmen und einsperren kann? Will er mich auf den Platz zerren und an den Pranger stellen oder auspeitschen oder hängen lassen?
    Ganz ruhig,
befehle ich mir. Es ist nicht das erste Mal, dass der Zaun unter Strom steht, wenn ich wieder zurück in den Distrikt will. Im Lauf der Jahre ist das ein paarmal vorgekommen, aber da war immer Gale bei mir. Wir haben uns dann einfach einen gemütlichen Baum gesucht und dort oben gewartet, bis der Strom wieder abgeschaltet wurde, was früher oder später immer geschah. Wenn ich mich verspätete, lief Prim sogar jedes Mal schon zur Weide, um nachzusehen, ob der Zaun unter Strom stand, damit meine Mutter sich nicht unnötig sorgen musste.
    Doch heute würde meine Familie nie darauf kommen, dass ich im Wald sein könnte. Ich habe sogar versucht, sie auf die falsche Fährte zu setzen. Wenn ich nicht auftauche, werden sie sich also auf jeden Fall Sorgen machen. Und in gewisser Weise mache ich mir selbst auch Sorgen, denn so sicher bin ich mir nicht, dass es nur Zufall ist - ausgerechnet an dem Tag, an dem ich in den Wald zurückkehre, wird der Strom eingeschaltet. Ich dachte, niemand hätte mich gesehen, als ich unter dem Zaun hindurchgeschlüpft bin, aber wer weiß? Spione gibt es immer. Irgendjemand hat verraten, dass Gale mich genau hier geküsst hat. Allerdings war das am helllichten Tag und damals war ich noch nicht so vorsichtig. Gibt es hier womöglich Überwachungskameras? Das habe ich mich schon einmal gefragt. Weiß Präsident Snow deshalb von dem Kuss? Es war dunkel, als ich mich davongestohlen habe, und ich hatte mir einen Schal um das Gesicht geschlungen. Doch die Liste derjenigen, die man verdächtigen könnte, verbotenerweise in den Wald zu gehen, ist vermutlich nicht lang.
    Ich spähe durch die Bäume, am Zaun vorbei, auf die Weide. Ich sehe nichts als den nassen Schnee, der hier und dort von den Lichtern aus den Fenstern am Rand des Saums erhellt wird. Keine Friedenswächter in Sicht, keine Anzeichen dafür, dass ich gejagt werde. Ob Thread nun weiß, dass ich den Distrikt heute verlassen habe, oder nicht, mein Ziel muss dasselbe sein: ungesehen auf die andere Seite des Zauns zu gelangen und so zu tun, als wäre ich nie weg gewesen.
    Jede Berührung mit dem Maschendrahtzaun oder mit dem Stacheldraht darüber hätte einen tödlichen Stromschlag zur Folge. Ich bezweifle, dass ich mich unter dem Zaun hindurchgraben kann, ohne entdeckt zu werden, und der Boden ist sowieso festgefroren. Mir bleibt nur eine Möglichkeit. Irgendwie muss ich versuchen hinüberzugelangen.
    Ich gehe am Waldrand entlang und suche nach einem geeigneten Baum mit einem langen, hohen Ast. Nach etwa eineinhalb Kilometern komme ich zu einem alten Ahorn, bei dem es glücken könnte. Der Stamm ist jedoch zu dick und zu glatt, um hinaufzuklettern, und er hat keine niedrigen Äste. Ich klettere auf einen benachbarten Baum und mache einen gewagten Sprung auf den Ahorn, beinahe hätte ich an der glatten Rinde den Halt verloren. Doch ich schaffe es, mich festzuhalten, und schiebe mich auf einem Ast, der über den Zaun ragt, langsam vorwärts.
    Als ich hinunterschaue, weiß ich wieder, wieso Gale und ich lieber im Wald gewartet haben, als den Zaun in Angriff zu nehmen. Wenn man nicht verkohlt werden will, muss man mindestens sieben Meter Höhe erreichen. Mein Ast ist bestimmt acht Meter hoch. Das ist eine gefährliche Höhe zum Springen, selbst für jemanden, der jahrelange Übung hat. Doch was bleibt mir übrig? Ich könnte nach einem anderen Ast Ausschau halten, aber jetzt ist es schon fast dunkel. Es schneit immer noch, der Mond wird kaum Licht spenden. Hier ist wenigstens ein Schneeberg unter mir, der meine Landung abfedert. Selbst wenn ich einen anderen Ast fände, was zu bezweifeln ist, wer weiß, wo ich dann hineinspringen würde? Ich hänge mir die leere Jagdtasche um den Hals und lasse mich langsam hinab, bis ich mich nur noch mit den Händen am Ast festhalte. Einen Augenblick lang nehme ich allen Mut zusammen. Dann lasse ich los.
    Ich spüre, wie ich falle, dann komme ich mit einem heftigen Ruck auf, der mir die Wirbelsäule hochfährt. Eine Sekunde später knalle ich mit dem Hinterteil auf den Boden. Ich liege im Schnee

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