Gefaehrliche Liebe
sage ich.
»Warte, bis ich nach Hause komme, ja?«, sagt sie.
»Klar.«
Wenn sie mich nicht vorher verhaften.
Meine Mutter gibt mir eine Tasse Kamillentee mit einer Dosis Schlafsirup und sofort werden meine Lider schwer. Sie verbindet meinen schlimmen Fuß, und Peeta bietet sich an, mich ins Bett zu bringen. Erst versuche ich mich an seine Schulter zu lehnen, aber ich bin so wacklig auf den Beinen, dass er mich einfach hochhebt und nach oben trägt. Er deckt mich zu und wünscht mir eine gute Nacht, doch ich fasse seine Hand und halte ihn fest. Eine Nebenwirkung von Schlafsirup ist, dass man Hemmungen verliert, als hätte man Schnaps getrunken, und ich weiß, dass ich meine Zunge hüten muss. Doch ich möchte nicht, dass er geht. Ich möchte sogar, dass er zu mir ins Bett kommt, dass er heute Nacht da ist, wenn die Albträume zuschlagen. Aus irgendeinem Grund, den ich nicht ganz benennen kann, weiß ich, dass ich ihn nicht darum bitten darf.
»Geh noch nicht. Nicht bevor ich einschlafe«, sage ich.
Peeta setzt sich an den Bettrand und wärmt meine Hand mit seinen Händen. »Dachte schon fast, du hättest dich anders entschieden. Als du nicht zum Abendessen kamst.«
Ich bin benebelt, aber ich kann mir denken, was er meint. Als der Zaun eingeschaltet wurde und ich nicht auftauchte und die Friedenswächter warteten, da dachte er, ich wäre abgehauen, womöglich mit Gale.
»Nein, das hätte ich dir erzählt«, sage ich. Ich ziehe seine Hand zu mir heran und lege meine Wange an seinen Handrücken. Ich atme den leichten Duft nach Zimt und Dill von den Broten ein, die er heute gebacken hat. Ich würde ihm gern von Bonnie und Twill erzählen, von dem Aufstand und der Vision von Distrikt 13, aber das ist zu gefährlich, und ich merke, wie ich abdrifte. Ich bringe nur noch einen einzigen Satz heraus. »Bleib bei mir.«
Während der Schlafsirup mich mit seinen Ranken in den Schlaf hinabzieht, höre ich noch, wie Peeta etwas zurückflüstert, aber ich verstehe es nicht richtig.
Meine Mutter lässt mich bis zum Mittag schlafen, dann weckt sie mich, damit sie meine Ferse untersuchen kann. Sie verordnet mir eine Woche Bettruhe, und ich widerspreche nicht, weil es mir so miserabel geht. Nicht nur wegen der Ferse und des Steißbeins. Mein ganzer Körper schmerzt vor Erschöpfung. Also lasse ich es zu, dass meine Mutter mich verarztet, mir das Frühstück ans Bett und eine zusätzliche Decke bringt. Dann liege ich nur da, schaue aus dem Fenster in den Winterhimmel, grübele darüber nach, wie um alles in der Welt die Geschichte ausgehen wird. Ich denke viel an Bonnie und Twill und an den Stapel weißer Brautkleider unten; ich frage mich, ob Thread wohl herausfindet, wie ich zurückgekommen bin, und ob er mich verhaften wird. Es ist komisch, denn er könnte mich auch einfach so verhaften, wegen früherer Vergehen, aber vielleicht braucht er irgendetwas Unwiderlegbares, weil ich ja jetzt die Siegerin bin. Und ich überlege, ob Präsident Snow wohl in Kontakt mit Thread steht. Den alten Cray hat er wohl kaum je offiziell wahrgenommen, aber gibt er Thread jetzt, da ich so ein landesweites Problem bin, ganz genaue Anweisungen, was zu tun ist? Oder handelt Thread in eigener Regie? Wie dem auch sei, ganz bestimmt wären sie sich darin einig, dass man mich hier im Distrikt innerhalb der Grenzen des Zauns einsperren muss. Selbst wenn ich eine Möglichkeit fände zu fliehen - zum Beispiel ein Seil an dem hohen Ast des Ahorns befestigen und auf die andere Seite klettern -, so könnte ich meine Familie und meine Freunde nicht mitnehmen. Außerdem habe ich Gale sowieso versprochen, zu bleiben und zu kämpfen.
Wenn es in den nächsten Tagen an die Tür klopft, zucke ich jedes Mal zusammen. Aber keine Friedenswächter tauchen auf, um mich zu verhaften, und allmählich legt sich die Anspannung. Und dann beruhigt es mich, als Peeta beiläufig erwähnt, dass der Zaun teilweise nicht mehr unter Strom steht, weil Trupps damit beschäftigt sind, den Maschendraht am Boden zu schließen. Offenbar denkt Thread, ich sei irgendwie unter dem Zaun hindurchgeschlüpft, trotz des lebensgefährlichen Stroms. So hat der Distrikt eine Verschnaufpause, und die Friedenswächter haben einmal etwas anderes zu tun, als Menschen zu quälen.
Peeta kommt jeden Tag vorbei, er bringt mir Käsebrötchen und hilft mir, an dem Familienbuch zu arbeiten. Es ist ein altes Stück aus Pergament und Leder. Eine naturheilkundige Vorfahrin mütterlicherseits hat es vor vielen
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