Gefaehrliche Liebe
du?«
»Dann glaubst du also, 13 ist wirklich zerstört worden? Aber Bonnie und Twill hatten doch recht mit der Aufnahme von dem Spotttölpel«, sage ich.
»Schon, aber was beweist das? Eigentlich gar nichts. Es könnte jede Menge Gründe dafür geben, dass sie altes Filmmaterial verwenden. Wahrscheinlich sieht es beeindruckender aus.
Und es ist auch viel einfacher, oder? Nur ein paar Knöpfe im Schneideraum drücken, anstatt den langen Flug dorthin zu machen und zu drehen«, sagt er. »Dass Distrikt 13 sich irgendwie wieder aufgerappelt hat und dass das Kapitol dabei wegschaut, klingt wie eins von diesen Gerüchten, an die sich Verzweifelte gern klammern.«
»Ich weiß. War nur so eine Hoffnung«, sage ich.
»Genau. Weil du verzweifelt bist«, sagt Haymitch.
Ich widerspreche nicht, denn natürlich hat er recht.
Prim kommt von der Schule nach Hause und sprudelt nur so über vor Aufregung. Die Lehrer in der Schule haben gesagt, dass es heute Abend Pflichtfernsehen gibt. »Bestimmt deine Fotoaufnahmen!«
»Das kann nicht sein, Prim. Die haben sie doch erst gestern gemacht«, erwidere ich.
»Das hat aber jemand gehört«, sagt sie.
Ich hoffe, dass sie sich irrt. Ich hatte noch keine Zeit, Gale darauf vorzubereiten. Seit der Auspeitschung sehe ich ihn nur, wenn er zu meiner Mutter kommt, damit sie nachschaut, wie seine Wunden verheilen. Häufig muss er sieben Tage die Woche im Bergwerk arbeiten. Wenn ich ihn einmal zurück in die Stadt begleitet habe und wir ein paar Minuten für uns hatten, habe ich herausgehört, dass die beginnenden Unruhen in Distrikt 12 durch Threads hartes Durchgreifen unterdrückt worden sind. Gale weiß, dass ich nicht mehr vorhabe zu fliehen. Aber er wird auch wissen, dass ich, wenn wir in 12 keinen Aufstand machen, Peetas Frau werden muss. Wie wird er es aufnehmen, wenn er mich im Fernsehen sieht, wie ich in prächtigen Brautkleidern posiere?
Als wir uns um halb acht vor dem Fernseher versammeln, stelle ich fest, dass Prim recht hat. Da ist tatsächlich Caesar Flickerman vor einer Menschenmenge am Trainingscenter und erzählt dem dankbaren Publikum von meiner bevorstehenden Hochzeit. Er präsentiert Cinna, der bei den Spielen wegen seiner Kostüme für mich über Nacht zum Star wurde, und nach einer Minute freundlichem Geplänkel wird unsere Aufmerksamkeit auf eine riesige Leinwand gelenkt.
Jetzt verstehe ich, wie sie es geschafft haben, mich gestern zu fotografieren und heute bereits die Sondersendung zu bringen. Ursprünglich hatte Cinna zwei Dutzend Brautkleider entworfen. Seitdem ist die Auswahl der Entwürfe immer kleiner geworden, die Kleider wurden geschneidert und die Accessoires ausgewählt. Anscheinend konnten die Leute im Kapitol in jedem Stadium über ihre Favoriten abstimmen. Als abschließender Höhepunkt werden Aufnahmen von mir in den endgültigen sechs Kleidern präsentiert, die sich garantiert im Handumdrehen in die Sendung einfügen ließen. Jede Aufnahme wird von der Menge bejubelt. Die Zuschauer kreischen und juchzen, wenn ihre Lieblingskleider gezeigt werden, andere Kleider buhen sie aus. Da die Leute abgestimmt und vermutlich auch Wetten abgeschlossen haben, sind sie an meinem Brautkleid hochinteressiert. Es ist ein absurdes Spektakel, wenn ich bedenke, dass ich mir noch nicht mal die Mühe gemacht habe, ein Kleid anzuprobieren, ehe die Kameras auftauchten. Caesar verkündet, dass man seine Stimme bis morgen zwölf Uhr mittags abgeben kann.
»Sorgen wir dafür, dass Katniss Everdeen mit Stil heiratet!«, brüllt er in die Menge. Ich will den Fernseher schon ausschal ten, aber da sagt Caesar, wir sollen dranbleiben für das nächste große Ereignis des Abends. »Genau, in diesem Jahr jähren sich die Hungerspiele zum fünfundsiebzigsten Mal, und das heißt, das dritte Jubel-Jubiläum steht bevor!«
»Was soll das?«, fragt Prim. »Es sind doch noch Monate bis dahin.«
Wir schauen zu unserer Mutter, deren Blick ernst und abwesend wirkt, als würde sie sich an etwas erinnern. »Wahrscheinlich wird die Karte verlesen.«
Die Nationalhymne ertönt, und als Präsident Snow die Bühne betritt, ist meine Kehle vor Ekel wie zugeschnürt. Ihm folgt ein Junge im weißen Anzug, der einen schlichten Holzkasten trägt. Die Hymne verklingt und Präsident Snow beginnt mit seiner Rede. Er erinnert uns an die Dunklen Tage, aus denen die Hungerspiele hervorgegangen sind. Als die Gesetze für die Spiele aufgestellt wurden, so sagt der Präsident, schrieben sie vor, dass alle
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