Gefaehrliche Liebe
einen Akt des Widerstands darstellt. Eine Weigerung, die Hungerspiele nach den Regeln des Kapitols zu spielen. Meine privaten Interessen sind im Einklang mit meinen politischen. Und wenn ich Peeta wirklich retten könnte ... Für eine Revolution wäre das optimal. Denn tot bin ich mehr wert als lebendig. Sie können mich zu einer Märtyrerin erheben und mein Gesicht auf Fahnen malen, und das wird die Leute besser mobilisieren, als eine lebende Katniss es könnte. Aber Peeta wird lebendig mehr wert sein, als tragischer Held wird er seinen Schmerz in Worte fassen können, die die Menschen verändern.
Peeta würde ausrasten, wenn er wüsste, dass ich so etwas denke, deshalb sage ich nur: »Und was sollen wir mit unseren letzten Tagen anfangen?«
»Ich würde gern jede Minute meines restlichen Lebens mit dir verbringen«, antwortet er.
»Dann komm«, sage ich und ziehe ihn in mein Zimmer.
Es ist der reine Luxus, wieder mit Peeta in einem Bett zu schlafen. Erst jetzt merke ich, wie sehr es mich nach menschlicher Nähe verlangt. Nach seinem Körper neben mir in der Dunkelheit. Hätte ich die letzten Nächte doch nicht vergeudet, indem ich ihn aussperrte. Ich lasse mich in den Schlaf sinken, eingehüllt in seine Wärme, und als ich die Augen öffne, flutet das Tageslicht durch die Fenster herein.
»Keine Albträume«, sagt er.
»Keine Albträume«, bestätige ich. »Und du?«
»Auch keine. Ich hatte schon ganz vergessen, wie es ist, eine Nacht richtig zu schlafen.«
Eine Weile liegen wir da, wir haben es nicht eilig, den Tag zu beginnen. Morgen Abend sind die Fernsehinterviews, also werden Effie und Haymitch uns heute darauf vorbereiten.
Schon wieder hochhackige Schuhe und sarkastische Bemerkungen,
denke ich. Doch dann bringt uns das rothaarige Avoxmädchen einen Zettel von Effie, auf dem steht, dass sie und Haymitch nach der Tour durch die Disktrikte der Meinung seien, dass wir uns in der Öffentlichkeit angemessen zu verhalten wüssten. Die Vorbereitungssitzungen sind gestrichen.
»Echt?«, sagt Peeta, nimmt mir den Zettel aus der Hand und wirft einen Blick darauf. »Weißt du, was das heißt? Wir haben den ganzen Tag für uns!«
»Schade, dass wir nirgendwohin können«, sage ich wehmütig.
»Wer sagt das?«, fragt er.
Das Dach. Wir bestellen jede Menge Essen, schnappen uns ein paar Decken und verziehen uns zu einem Picknick aufs Dach. Ein Picknick von morgens bis abends im Blumengarten, in dem überall die Windspiele klimpern. Wir essen. Wir liegen in der Sonne. Ich breche herabhängende Lianen ab und nutze mein neues Wissen aus dem Training, um Knoten zu machen und Netze zu knüpfen. Peeta zeichnet mich. Wir erfinden ein Spiel mit dem Kraftfeld, von dem das Dach umgeben ist - einer wirft einen Apfel hinein, und der andere muss ihn fangen.
Niemand stört uns. Am späten Nachmittag liege ich mit dem Kopf in Peetas Schoß und flechte einen Blumenkranz, während er die Hände in meinem Haar hat, um Knoten zu üben, wie er behauptet. Nach einer Weile verharren seine Hände. »Was ist?«, frage ich.
»Am liebsten würde ich diesen Augenblick anhalten, hier und jetzt, und für immer darin leben«, sagt er.
Normalerweise bekomme ich jedes Mal ein schlechtes Gewissen und fühle mich schrecklich, wenn er solche Bemerkungen macht und auf seine unsterbliche Liebe zu mir anspielt. Doch in diesem Moment fühle ich mich so warm und entspannt, so weit entfernt von der Sorge um eine Zukunft, die ich niemals haben werde, dass ich das Wort einfach hinausschlüpfen lasse. »Okay.«
Ich höre das Lächeln in seiner Stimme. »Dann lässt du es zu?«
»Ich lasse es zu«, sage ich.
Er vergräbt die Finger wieder in meinem Haar, und ich döse ein, doch zum Sonnenuntergang weckt er mich. Es ist ein spektakulärer gelborangefarbener Lichtschein hinter der Skyline des Kapitols. »Den willst du dir bestimmt nicht entgehen lassen, dachte ich mir«, sagt er.
»Danke«, sage ich. Ich kann die Sonnenuntergänge, die mir noch bleiben, an den Fingern abzählen, und keinen davon möchte ich versäumen.
Zum Abendessen gehen wir nicht zu den anderen, es ruft uns auch niemand.
»Ein Glück. Ich bin es leid, alle um mich herum so unglücklich zu machen«, sagt Peeta. »Zum Weinen zu bringen. Und Haymitch ...« Er braucht nicht weiterzusprechen.
Wir bleiben auf dem Dach, bis es Zeit zum Schlafengehen ist, dann huschen wir leise hinunter und in mein Zimmer, ohne jemandem zu begegnen.
Am nächsten Morgen werden wir von meinem
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