Gefährliche Liebe unter dem Hakenkreuz (Junge Liebe) (German Edition)
besprechen.“ Sie nickte ihm kurz zu und ging ins Haus. Es war ihr aufgefallen, wie verstört er wirkte. „Danke, Mama“, murmelte Richard und folgte ihr, um dann direkt in den ersten Stock zu gehen und seine Tasche in seinem Zimmer abzustellen. Leise schlich er bis zu Silkes Zimmertür und klopfte an. „Silke, bist du da?“ „Komm rein.“ Sie saß auf dem Bett und blätterte durch ihr altes Poesiealbum. „Ich wollte nur noch mal den Spruch lesen, den mir eine Schulfreundin mal hier hineingeschrieben hat. Ich habe sie gestern getroffen. Sie hat mich keines Blickes gewürdigt und auch nichts unternommen, als ihr Begleiter mich Judensau genannt hat. Damals hat sie hier etwas über ewige Freundschaft geschrieben.“ Sie gab ihm das Album, als er sich neben sie auf das Bett setzte. „Albern, nicht wahr?“ „Was, dass du enttäuscht bist, dass sie sich von dir abgewandt hat, nur weil du Jüdin bist? Nein. Das finde ich gar nicht.“ Er blätterte durch das Album, ohne auf den Inhalt zu achten. „Ich habe in Köln eine beschmierte Schaufensterscheibe gesehen. Irgendjemand hat ‚Juden raus‘ und ‚Juda verrecke‘ darauf geschrieben. Ich hatte das Gefühl, dass mich der Hass aus den Buchstaben heraus anspringt. Es war fürchterlich.“ „Oh, Gott.“ Silke legte den Arm um ihren jüngsten Bruder und drückte sanft zu. Er ließ seinen Kopf an ihre Schulter sinken und holte tief Luft. „Heinrich hat mir angeboten, dass er dafür sorgen kann, dass wir ohne Probleme das Land verlassen können. Er hätte eine Möglichkeit, dass wir in England Fuß fassen könnten. Ich weiß nicht, was ich machen soll, Silke. Ich will hier nicht weg. Ich will nicht weg von Heinrich. Aber ich habe Angst, hier in meinem eigenen Land.“ Er holte tief Luft und erzählte seiner Schwester dann alles, was er von Heinrich erfahren hatte. „Wie will er das denn anstellen, dass wir nach England kommen?“ Silke starrte auf die aufgeschlagenen Seiten des Albums. „Mit dem Flugzeug erst nach Holland und von dort aus weiter. Das Geld würde er seinem Vater abknöpfen. Damit es wenigstens sinnvoll zum Einsatz käme, wie er es bezeichnet hat.“ „Käme er mit?“ „Er würde nachkommen. Ich glaube, er hat Angst, sich gegen seinen Vater aufzulehnen. Verdammt, es ist alles so kompliziert!“ Er machte sich aus ihrer Umarmung frei und ging ans Fenster. „Warum musste er auftauchen? Warum musste ich mich in ihn verlieben? Warum hat er mich nicht im Graben liegen lassen? Dann müsste ich mich jetzt nicht mit diesen ganzen Fragen herumschlagen.“ Er hieb mit der Faust auf den Fenstersims. „Richard!“ Silke stellte sich neben ihn und hielt die Hand ihres Bruders fest. „Es ist nicht Heinrichs Schuld, was hier in Deutschland passiert.“ „Er tut aber auch nichts dagegen!“ Er zog seine Hand unter ihrer raus und fuhr sich durch die Haare. „Silke, ich weiß nicht mehr, wo oben und unten ist. Die Nacht, die wir verbracht haben, war wunderschön. Ich war noch keinem Menschen so nah gewesen wie ihm, aber nach außen hin müssen wir so tun, als ob wir nur gute Freunde sind. Ich kann ihn nicht einfach mal anfassen oder ihm einen Kuss geben, wenn wir unter Menschen sind. Und als ob das nicht genug wäre, ist da jetzt noch die Sache mit der Flucht. Ich liebe dieses Land. Ich bin hier aufgewachsen. Warum sollte ich es verlassen? Ich weiß ja noch nicht mal, ob Heinrich wirklich nachkommt. Was ist, wenn ich in England sitze und er nicht kommt? Dann habe ich alles verloren!“ Es ärgerte ihn, als er merkte, dass ihm Tränen in die Augen stiegen. Zornig wischte er sie weg. „Oder alles gewonnen.“ Silke sah ihn mitfühlend an. „Du könntest deinem eigentlichen Berufswunsch nachgehen. Wer weiß, vielleicht gibt es ja eine Möglichkeit, dass du mit Heinrich zusammenleben kannst.“ „Wie soll das gehen? Als Brüder etwa?! Oder wärst du bereit, ihn offiziell zu heiraten, und ich bin dann der unverheiratete Bruder, der in eurem Haushalt mit wohnt, und statt deiner teile ich das Bett mit ihm? Gib mir eine Antwort!“, zischte er ihr zu, als er sah, dass sie zögerte. „Ich kann dir keine geben.“ Silke versuchte seinen Schmerz zu verstehen. Gepaart mit ihrer eigenen Unsicherheit, die sich mittlerweile auch in ihr breit gemacht hatte, lief ihr ein eiskalter Schauer den Rücken hinunter. „Ich wünschte, ich könnte dir eine geben, Richard. Aber, ich habe keine. Lass dir Zeit. Du bist total durcheinander. Versuch dich abzulenken. Was anderes
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