Gefaehrliche Maskerade einer Lady
habe Sie doch nicht im Stich gelassen.“ Seine blauen Augen blitzten belustigt. „Higgins war bei Ihnen.“
Sie gab ihm einen Klaps auf den Arm. Aus seinem Jackett ertönte ein leises Piepsen.
„Was ist das?“ Sie starrte auf die kleine Ausbuchtung im Stoff, die sich bewegte.
„Mein Gute-Reise-Geschenk für Sie“, sagte er und zog ein junges schwarz-weiß geflecktes Kätzchen hervor. An den Spitzen seiner großen Ohren hatte das Kätzchen winzige schwarze Haarpinsel. Es sah aus wie die Miniaturausgabe eines Schneeleoparden. Das Kätzchen schaute Ayisha aus großen bernsteinfarbenen Augen an und miaute kläglich.
„Ein Kätzchen“, sagte sie leise. Der Schneeleopard war das Nationalsymbol der Heimat ihrer Mutter.
„Richtig. Ich dachte, Sie freuen sich über etwas Gesellschaft auf der langen Seereise. “ Seine Stimme klang leicht amüsiert, es schwang aber auch ein bisschen Mitgefühl in ihr. Rafe schien zu ahnen, wie sehr sie ihren Kater Tom vermisste.
Ayisha sah das Kätzchen stumm an.
„Hey“, scherzte er. „Ich dachte, Sie mögen Katzen.“
Sie lachte mit erstickter Stimme und blinzelte ihre Tränen zurück. „Natürlich, das wissen Sie doch, und sie ist wunderhübsch. Vielen Dank.“
„Schon besser.“ Er reichte ihr das Kätzchen. Ayisha drückte es sanft an ihre Brust, streichelte es und murmelte Koseworte in sein Fell. In diesem Moment erbebten die Deckplanken unter ihren Füßen und das Schiff legte ab. Sie entfernten sich von der ägyptischen Küste.
Ayisha stand an der Reling, streichelte ihr Kätzchen und hielt den Blick auf die Küste gerichtet, bis ihre Heimat nur noch ein verschwommener Strich am Horizont war.
„Wollen wir unter Deck gehen und Ihrem kleinen Schützling sein neues Heim zeigen?“, fragte Rafe schließlich. Ayisha nickte. Ein Knoten schnürte ihr die Kehle zu, sie konnte nicht sprechen.
„Das ist ja ein Tier!“, kreischte eine erboste Stimme, als Ayisha die Kabine betrat. Eine dünne, elegante ältere Dame lag ausgestreckt auf der unteren Koje und las. Sie beäugte das Kätzchen durch ihr Lorgnon.
„Ja, es ist ein Kätzchen.“
„Das sehe ich, aber was hat es in meiner Kabine zu suchen?“ „Es ist auch meine Kabine“, erwiderte Ayisha liebenswürdig. „Ich bin Ayisha Cleeve.“ Sie streckte der Dame die Hand entgegen. Zum ersten Mal benutzte sie den Namen Cleeve, auch wenn sie ihn nicht gerne aussprach. Aber sie brauchte einen Nachnamen, und schließlich war es der Name ihres Vaters, auch wenn sie nicht das Recht hatte, sich so zu nennen.
Mrs Ferris übersah Ayishas Hand und musterte sie eingehend durch ihr Lorgnon. „Ich bin bereit, die Kabine mit einer Miss Cleeve zu teilen, aber nicht mit einem Tier.“
„Ich wusste auch nichts von dem Kätzchen. Ich habe es gerade geschenkt bekommen“, erklärte Ayisha. „Es hat noch nicht einmal einen Namen. Ist die Kleine nicht hübsch?“
Mrs Ferris schniefte. „Nun ja, sie hat eine höchst ungewöhnliche Zeichnung. Ich habe noch nie eine Katze mit Punkten gesehen. Hat sie Flöhe?“
„Keine Ahnung. Aber ich lasse warmes Wasser kommen und bade sie, nur um sicher zu gehen.“
Mrs Ferris richtete sich erstaunt auf. „Sie baden eine Katze? Ich dachte, Katzen sind wasserscheu.“
Ayisha schmunzelte. „Nicht alle Katzen. Mein Kater Tom liebte Wasser. Wir werden sehen, ob die Kleine es auch mag.“
Es klopfte an der Tür und Higgins trat er. Er brachte einen Eimer warmes Wasser, eine Schüssel, einen Becher und ein Handtuch. Er warf einen Blick über Ayishas Schulter auf Mrs Ferris, die ihn von ihrer Koje her durch ihr Lorgnon musterte. „Hier ist alles, was Sie brauchen, Miss. Ich hole die Sachen später wieder ab. Jetzt kümmere ich mich noch um ein Sandkistchen und etwas zu Fressen für das Kätzchen.“
„Vielen Dank, Higgins.“ Ayisha nahm ihm lächelnd den Eimer ab.
„Wer ist dieser Mann?“, fragte Mrs Ferris, als die Tür geschlossen wurde.
„Higgins? Er ist Mr Ramseys Kammerdiener.“
„Und wer ist Mr Ramsey?“
Ayisha goss Wasser in die Schüssel und überlegte, was sie sagen sollte. „Ein Freund meiner Großmutter. Er begleitet mich in ihr Haus in Hampshire.“
„Aha. Ich möchte nicht, dass dieser Higgins in meiner Kabine ein und aus geht. Wo ist Ihr Mädchen?“
Ayisha kauerte sich auf den Boden, breitete das Handtuch aus und nahm das Kätzchen hoch. „Ich habe kein Mädchen.“
„Sie haben kein Mädchen?“
„Nein.“ Ayisha setzte das Kätzchen behutsam ins
Weitere Kostenlose Bücher