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Gefährliche Nebenwirkung (German Edition)

Gefährliche Nebenwirkung (German Edition)

Titel: Gefährliche Nebenwirkung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Audrey Braun
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hätte
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    Untrennbar verbunden mit diesem Testament sind die Briefe von meiner Mutter und meiner Großmutter. Ich habe sie seit Jahrzehnten zum ersten Mal wieder gelesen. Mir ist klar, dass ich einen Fehler gemacht habe, weil ich sie Dir nicht schon früher gezeigt habe. Aber ich stamme noch aus einer Generation, in der man die Vergangenheit hat Vergangenheit sein lassen, besonders was jene Mitglieder unserer Familie anbetraf, die aus anderen Ländern stammten. Es ging immer darum modern zu sein. Neu. Heutzutage prahlt jeder damit, dass seine Familie von hier oder von dort kommt. Aber damalsschämten wir uns der alten Welt. Unsere Vergangenheit war uns peinlich. Wir wirkten dadurch weniger amerikanisch und heute beschämt es mich, dass ich jemals so über meine eigene Mutter und meine Großmutter gedacht habe
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    Ich bereue, dass ich einfach alles so habe vergehen lassen. Ich hätte wenigstens einen kleinen Teil unserer Geschichte für Dich aufheben sollen
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    Aber lass mich für einen Moment in die Gegenwart zurückkehren und Dir sagen, wie stolz ich auf die Frau bin, die Du geworden bist. Als ich in Deinem Alter war, hatte ich bereits geheiratet, lebte das typische Leben einer beschäftigten Hausfrau und hatte vollkommen vergessen, was ich vielleicht einmal hatte werden wollen, als ich noch jung gewesen war, was eine gute Lektion ist, warum wir unsere Vergangenheit nicht vergessen sollten, auch nicht unsere jüngste. Habe ich Dir jemals erzählt, dass ich Journalistin werden wollte? Ich liebte die Vorstellung, zu reisen und Geschichten über Menschen und Orte zu recherchieren und sie dann anderen zu erzählen, damit sie sie selbst entdecken konnten. Aber in meinem zweiten Jahr auf dem College lernte ich Deinen Vater kennen und da er bereits seinen Abschluss in der Tasche hatte, beschlossen wir zu heiraten. Als ich erst einmal verheiratet war, schien es albern, noch zur Schule zu gehen. Und der Gedanke, Journalistin zu sein, fühlte sich noch viel unpassender an. Unrealistisch zumindest. Wie sollte ich Zeit für die Ehe und ein Kind haben, wenn ich allein um die Welt fuhr? So sah ich die Dinge damals. Und so sahen sie auch die Leute um mich herum. Ich kannte damals keine einzige Frau, die einen Beruf ausübte. Und ich schäme mich, zugeben zu müssen, das Erbe, das meine Großmutter meiner Mutter und mir hinterlassen hatte, beiseite geschoben zu haben. Es erschien mir so altertümlich, so unbedeutendfür das moderne Leben, für mein Leben. Ich fühlte mich nicht unterdrückt. War ich es denn? Meine Freundinnen und ich wussten, dass in gewissen Kreisen darüber gesprochen wurde, aber auf uns schien das alles nicht zuzutreffen. Wir waren glücklich. Wir lebten für unsere Männer und sie liebten uns. Wir hatten nicht das Gefühl, in irgendeiner Weise eingeschränkt zu sein. Daher hatten wir natürlich auch nicht das Gefühl, dass uns etwas fehlte
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    Ich gebe zu, ich schämte mich damals immer noch meiner Familiengeschichte, besonders gegenüber Deinem Vater. Er sollte nicht wissen, dass ich einer langen Ahnenreihe fordernder, feministischer Frauen entstammte. Meine Mutter starb, bevor er die Möglichkeit gehabt hatte, sie kennenzulernen. Daher brauchte ich nie die Wahrheit zu sagen und das vereinfachte die Dinge. Wie Du weißt, war Dein Vater ein Veteran des Zweiten Weltkriegs, der als versehrter und in seiner Persönlichkeit veränderter Mann aus dem Krieg zurückkehrte. Ich konnte es nicht über mich bringen, ihm die Briefe zu zeigen
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    Doch nachdem Dein Vater gestorben war, begann ich, die Dinge anders zu sehen. Ich vermisste ihn schrecklich, aber es war ein Gefühl, als hätten sich mir plötzlich die Augen geöffnet und ich könnte alle möglichen Dinge sehen, die sonst außerhalb meines Blickfelds geschehen waren. Dein Vater hatte nie gewollt, dass ich mich in unsere Finanzen einmische. Er sagte immer, zu viele Köche verderben den Brei. Nun gut, das verstand ich. Aber ich interessierte mich trotzdem für Finanzen und das schien sehr undamenhaft zu sein. Ich begriff, wie dumm ich gewesen war. Aber ich begriff es zu spät
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    Du hast ja gesehen, wie ich versucht habe, Versäumtes nachzuholen und hast mich wegen »meiner Besessenheit« manchmal sogar getadelt, wobei ich Deine Neckereien immer als gutmütig empfunden habe. Zuerst habe ich versucht, Geld in ähnliche Dinge zu investieren,wie meine Mutter und meine Großmutter es getan hatten, aber offen gesagt, wusste ich einfach nicht, was ich da tat. Es braucht also

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