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Gefährliche Praxis

Gefährliche Praxis

Titel: Gefährliche Praxis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Cross
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daß beide Bauers, jeder für sich, im Central Park unterwegs gewesen sein sollen, während in ihrer Wohnung jemand ermordet wurde, das ist einem Kriminalinspektor nur sehr schwer begreiflich zu machen. Und beim besten Willen, ich kann das auch nicht anders sehen als er.«
    Reed stand auf und goß Kate sehr liebevoll einen neuen Drink ein. »Gewöhne dich bitte an den Gedanken, Kate, daß sie es getan haben könnten. Ich sage nicht, daß sie es getan haben. Ich sage nicht, daß ich mich nicht in deine Überzeugung hineinfühlen kann, die dir sagt, sie waren es nicht. Ich helfe, wo immer ich kann. Aber tu mir bitte den Gefallen und laß in deinem Hinterkopf ein wenig Platz für den Gedanken an die Möglichkeit, daß sie schuldig sein könnten. Janet Harrison war ein sehr schönes Mädchen.«

5
     
    K ate und Emanuel waren sich begegnet, als beiden ihr Leben schal erschien und die Welt matt und nutzlos, wenn nicht gar aus den Fugen. Der Zufall wollte es, daß sie sich an diesem identischen Punkt in ihrem Leben trafen, als beide sich für eine berufliche Laufbahn entschieden hatten, sich dessen aber noch nicht bewußt waren. Ihre Begegnung war der romantische Augenblick in ihrer beider Leben (wie man ihn aus dem Kino kennt), und obwohl Kate da, wie Emanuel es später ausdrückte, etwas »projiziert« haben mochte – ihr kam es immer so vor, als sei beiden bewußt gewesen, welch dramatischen Charakter ihre Begegnung hatte: Es war ihnen bestimmt, sich zu begegnen, es war ihnen aber auch bestimmt, niemals zu heiraten, ohne sich jemals ganz zu trennen.
    Sie waren buchstäblich zusammengestoßen, und zwar an einer Ausfahrt des Merritt Parkway. Kate – und das ließ sie ihn dann auch gleich wissen – verließ den Parkplatz so, wie sich das gehörte. Emanuel aber kam ihr im Rückwärtsgang entgegen, weil er falsch abgebogen war. Es herrschte Dämmerung, und Kates Konzentration war auf das Problem gerichtet, welche Richtung sie einschlagen sollte; Emanuel, noch wütend über seinen Fehler, war vollkommen abgelenkt. Es wurde ein sehr hübscher Zusammenstoß.
    Nach dem Austausch einiger Vorwürfe, die bald in Gelächter übergingen, fuhren sie in Emanuels Wagen zu einem Restaurant und riefen von dort aus eine Werkstatt an, die sich um Kates Wagen kümmern sollte. Sie vergaßen beide, daß sie eigentlich anderswo erwartet wurden, Emanuel, weil, wie Nicola später zu sagen pflegte, Vergessen seine Lieblingsbeschäftigung war, und Kate, weil sie nicht wollte, daß ihre Gastgeber kämen, um sie abzuholen. Sie hatte sich nicht »auf den ersten Blick« in ihn verliebt, sie würde nie in Emanuel »verliebt« sein. Aber sie wollte an diesem Abend mit ihm zusammenbleiben.
    Als sie jetzt auf dem Weg zu Emanuels Wohnung war, Reeds Ermahnung vom Abend zuvor noch im Ohr, dachte Kate darüber nach, wie schwierig es werden würde, einem Polizisten diese Art von Beziehung zu erklären. Sie ging vom Riverside Drive zu Fuß zur Fifth Avenue in der Hoffnung, daß der Marsch und die frische Luft für einen klaren Kopf sorgen würden, und ihr ging durch den Kopf, wie gerade dies bestimmten Leuten unerklärlich sein würde. Angenommen, in ihrer Wohnung würde jetzt jemand ermordet – was für ein Alibi wäre die schlichte Erklärung, daß sie sich entschlossen hätte, zu Fuß die halbe Stadt zu durchqueren? Zwar stimmte, daß Emanuel und Nicola, deren Alibis ja genauso aussahen, kein Ziel gehabt hatten, sondern von einem unerklärlichen Wandertrieb erfaßt worden waren; und es stimmte auch, daß man in ihre Wohnung nicht so leicht hineinkam; und gar nicht vorstellbar war, daß es jemanden geben sollte, der dort Opfer eines Mordes werden könnte. Blieb noch die Tatsache, daß sie, wie die Bauers, ein Leben führte, das zu begreifen kein Polizist während seiner Ausbildung gelernt hatte.
    Der Rückhalt, den sie und Emanuel aneinander in dem Jahr nach ihrer Begegnung fanden, erwuchs aus einer Beziehung, für die sogar die englische Sprache kein treffendes Wort hat. Es war keine Freundschaft, weil sie ein Mann und eine Frau waren, es war keine Liebesaffäre, weil sie sich eher auf geistiger denn auf leidenschaftlicher Ebene trafen. Ihre Beziehung (ein ungenauer und lebloser Begriff) verhalf beiden zu einer günstigeren Sichtweise, unter der sie ihr Leben betrachteten, und sie hatte ihnen eine Zeitlang das Geschenk gemacht, miteinander lachen und heftige Diskussionen führen zu können, deren Vertrauensgrundlage für immer unerschütterlich bleiben

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