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Gefährliche Praxis

Gefährliche Praxis

Titel: Gefährliche Praxis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Cross
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weil Emanuel die meisten Leute nicht mag, vor allem die nicht, die eine glatte Art haben, aber hauptsächlich, nehme ich an, weil er und Barrister sich einmal im Flur begegnet sind und Barrister bei der Gelegenheit die Bemerkung fallen ließ, sie täten beide die gleiche Art von Arbeit, zumindest hätten beide noch keinen Patienten zu Grabe getragen. Das war wohl eine Variante zu dem Medizinerwitz über den Dermatologen, der nie jemanden heilt und nie jemanden umbringt, aber Emanuel ärgerte sich darüber und sagte, Barrister höre sich an wie ein Arzt im Kino.«
    »Tja, die Natur imitiert die Kunst; Oscar Wilde hat schon recht.«
    »Ich habe Emanuel gesagt, das sei der blanke Neid. Dr. Barrister sieht nämlich sehr gut aus.«
    »Von Minute zu Minute kommt er mir verdächtiger vor. Gestern abend habe ich schon fast entschieden, daß er es getan haben muß.«
    »Ist mir klar. Ich habe selber wie verrückt nach Verdächtigen gesucht, und eines unserer Probleme ist eben, daß die Gegend nicht gerade von Verdächtigen überquillt. Außer dir, mir und Emanuel, die wir von vornherein unschuldig sind, sozusagen, gibt es nur noch den Fahrstuhlführer, Dr. Barrister, seine Patientinnen und die Sprechstundenhilfe, außerdem die beiden Patienten vor und nach Janet Harrison – oder den Triebmörder. Nicht gerade ermutigend. Für Dr. Barrister ist das eine schreckliche Sache, auch wenn er sich ganz nett uns gegenüber verhält. Die Polizei verhört ihn, und ein Polizist ist draußen vor seiner Praxis postiert – könnte sein, daß seine Patientinnen das nicht mögen –, und dann habe ich ihn ja auch noch hereingeschleppt, damit er sich die Leiche anschaut. Tatsache ist doch, daß er, wenn er vorhat, jemanden zu ermorden, das so weit von seiner Praxis entfernt wie nur möglich erledigen wird.«
    »Wir haben noch einen möglichen Verdächtigen ausgelassen: Jemand könnte Janet Harrison in eine Falle gelockt haben. Derjenige sagte die Termine für die anderen Patienten ab, sah, daß alle gegangen waren, bugsierte sie in die Praxis und brachte sie um.«
    »Kate, du bist genial! Genau so muß es passiert sein.«
    »Zweifellos. Alles, was wir jetzt noch zu tun haben, ist, diesen Mann zu finden – wenn er existiert.«
    Trotzdem ging Kate dieser wahrscheinlich gar nicht existierende Mann nicht aus dem Kopf, als sie etwas später Emanuel in seiner Praxis aufsuchte. Sie hatte sich natürlich vorher erkundigt, ob er frei war und angeklopft, bevor sie hineinging und die Tür hinter sich schloß.
    »Emanuel, es tut mir so leid, oder habe ich das schon gesagt? Mir kommt das alles vor wie in einem griechischen Drama: als wäre von dem Augenblick an, als wir am Merritt Parkway unseren Zusammenstoß hatten, alles auf diese Krise zugelaufen. Ich glaube, es liegt einiger Trost in dem Gedanken, daß sich das Schicksal, wie bildlich auch immer, um unser Los kümmert.«
    »Ziemlich das gleiche ist mir auch durch den Kopf gegangen. Du warst damals nicht sicher, ob du Lehrerin an einem College werden wolltest, und ich hatte ambivalente Gefühle, was die Psychiatrie betraf. Und jetzt stehen wir da, du als die Professorin, die mir, dem Psychiater, eine ihrer Studentinnen als Patientin geschickt hat. Es scheint, als verliefe das nach einem Muster, aber das stimmt natürlich nicht. Wenn wir nur zeigen könnten, daß es kein solches Muster gibt oder daß wir das Muster falsch interpretieren, dann wären wir aus dem Schneider.«
    »Emanuel! Ich glaube, du hast gerade etwas sehr Wichtiges und Grundlegendes gesagt.«
    »Habe ich das? Mir scheint es überhaupt keinen Sinn zu ergeben.«
    »Macht nichts, ich bin sicher, der Grund für die Wichtigkeit wird mir noch klarwerden. Was ich mir jetzt wünsche, ist, daß du dich an deinen Schreibtisch setzt und mir alles erzählst, was du über Janet Harrison weißt. Vielleicht erinnert mich das, was du sagst, an etwas, das ich selber weiß und nur vergessen habe. Von einem bin ich fest überzeugt: Falls wir den Mörder finden sollten, immer angenommen, es handelt sich nicht um den Triebmörder, der zufällig von der Straße hereingekommen ist, dann finden wir ihn durch Informationen über das Mädchen. Wirst du mir helfen?«
    Zu Kates großem Erstaunen wies er das Ansinnen nicht glatt zurück; er zuckte nur mit den Schultern und sah weiter aus dem Fenster in den Hof hinaus, wo es sicher nichts zu sehen gab. Kate setzte sich mit einer gewissen einstudierten Unbekümmertheit auf die Couch. Einer der Sessel wäre gewiß

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