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Gefährliche Praxis

Gefährliche Praxis

Titel: Gefährliche Praxis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Cross
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Beispiel du oder Mrs. Bauer. Laß mich ausreden. Die Leiche ist nach dem Stich nicht mehr bewegt worden, aber das habe ich dir bereits erzählt. Keine Hinweise auf einen Kampf. Keine Fingerabdrücke, außer denen, die man erwarten konnte. Das übrige ist lauter technisches Zeug, darunter Fotos, die einem auf den Magen gehen können. Und so kommen wir nun zu dem einzig interessanten Punkt.«
    Er sah sie an. »Der Mörder – wir nehmen an, es war der Mörder – hat ihre Handtasche durchwühlt, wahrscheinlich nachdem sie tot war. Er hat Gummihandschuhe getragen, die ihre eigene Art von Abdrücken hinterlassen, in unserem Fall auf dem goldfarbenen Schloß ihrer Handtasche. Man nimmt an, daß er, falls er etwas gefunden hat, dies dann herausgenommen hat. Von den Mädchen, die mit ihr zusammen in dem Studentinnenheim lebten, kannte sie keine besonders gut, aber eine sagte auf Fragen der Polizei, sie hätte bemerkt, daß Janet Harrison immer ein Notizbuch in ihrer Handtasche mit sich trug. Doch das Notizbuch wurde nicht gefunden. Auch scheint sie keine Fotos in der Handtasche oder in der Brieftasche gehabt zu haben, obwohl Frauen doch fast immer Fotos von irgendwem mit sich herumtragen. Das sind alles Vermutungen. Aber es hat ein Foto gegeben, das der Mörder offenbar übersehen hat. In der Brieftasche hatte sie einen Führerschein, ausgestellt von den New Yorker Behörden, nicht die neue feste Karte, sondern ein alter aus Papier, den man zusammenfaltet, und da drinnen steckte ein kleines Foto von einem jungen Mann. Die Polizei bemüht sich natürlich herauszubekommen, um wen es sich dabei handelt; ich werde mir umgehend einen Abzug besorgen und ihn dir zeigen, vielleicht klingelt es ja bei dir. Das Wichtigste an der Sache ist, daß sie das Bild so sorgfältig versteckt hatte. Warum?«
    »Es hört sich so an, als hätte sie gefürchtet, jemand könnte ihre Tasche durchsuchen, und sie wollte verhindern, daß man es fand. Manche Menschen sind halt von Natur aus verschlossen.«
    »Offenbar war Miß Harrison von natürlicher Verschlossenheit. Es gibt über sie ein paar Informationen von der Universität, aber die sind reichlich dünn. Niemand scheint sie besonders gut gekannt zu haben. Seltsamerweise ist in ihr Zimmer in dem Wohnheim am Abend vor ihrem Tod eingebrochen worden, aber ob das ein Zufall war oder nicht, das bekommen wir vielleicht nie heraus. Offenbar hatte jemand den Schlüssel, hat alles durchwühlt und ist mit einer 3 5-Millimeter-Kamera im Wert von ungefähr siebzig Dollar verschwunden. Eine brandneue tragbare Royal-Schreibmaschine, die viel wertvoller ist, hat er dagelassen. Ob die dem Einbrecher zu auffällig war oder ob er es nur auf Fotoapparate abgesehen hatte, läßt sich nicht feststellen. Alle Schubladen und ihr Schreibtisch waren gründlich durchsucht, aber offenbar wurde sonst nichts mitgenommen. Die Sache wurde dem zuständigen Polizeirevier angezeigt, aber obwohl sie ein gewissenhaftes Protokoll aufgenommen haben, sind diese Fälle ziemlich hoffnungslos. Als sie ermordet wurde, hatte man ihr Zimmer schon wieder in Ordnung gebracht, so daß jede mögliche Spur inzwischen beseitigt ist.
    Was man über Janet Harrison weiß, ist erstaunlich dünn, aber wir haben ihre Spur noch nicht bis in ihre Heimat zurückverfolgt. Die Polizei von North Dakota – dorther stammt sie erstaunlicherweise – tut, was sie kann, um mehr herauszubekommen. Das einzige, was uns die Universität erzählen kann, ist, daß sie dreißig Jahre alt war…«
    »Tatsächlich}« sagte Kate. »Danach sah sie nicht aus.«
    »Offensichtlich nicht. Sie ist amerikanische Staatsbürgerin und hat ein College in einem Ort namens Collins besucht. Die Universität erklärt, daß die Rubrik ›Bei Notfall bitte benachrichtigen‹ nicht ausgefüllt war, und diese Unterlassung ist im Betrieb der Einschreibung unentdeckt geblieben. Das wäre alles, glaube ich«, schloß Reed, »bis auf eine Kleinigkeit, die ich mir aufbewahrt habe, du kennst ja meine Vorliebe für einen dramatischen Schlußpunkt: Nicola Bauer war an dem Morgen, als der Mord geschah, nicht bei ihrem Analytiker. In letzter Minute hat sie ihn angerufen und abgesagt. Die Polizei hat ihren Analytiker eben erst erreicht. Sie behauptet jetzt, daß sie den Vormittag mit einem Spaziergang im Park verbracht hat, nicht rund um den See, sondern in der Nähe von etwas, das sie das alte Schloß nennt. Gewiß verbringen die Leute bemerkenswert viel Zeit damit, unschuldig umherzuwandern, aber

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