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Gefährliche Praxis

Gefährliche Praxis

Titel: Gefährliche Praxis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Cross
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Katastrophen brachten Skrupellosigkeiten mit sich – wie ein Krieg und seine Folgen. Das war offenbar unvermeidlich. Schmerzlich erinnerte sie sich, wie schwer es ihr zu Anfang gefallen war, Reed um Hilfe zu bitten. Doch jede Skrupellosigkeit macht die nächste nicht nur möglich, sondern einfach unvermeidlich. Vielleicht war dies der Weg, der schließlich zu einem Mord führte.
    Aber was für eine Kette von Ereignissen mochte zu diesem Mord geführt haben? Janet Harrison hatte – gut versteckt – ein Foto des jungen Michael Barrister in ihrer Handtasche gehabt. Das schien doch ganz sicher darauf hinzuweisen – wenn man für den Augenblick einmal außer acht ließ, daß der Mörder selbst das Foto dort plaziert haben konnte –, daß es eine Verbindung zwischen Barrister und Janet Harrison gab. Natürlich hatte Barrister das geleugnet. Falls er sie ermordet und die Verbindung zwischen ihnen sorgfältig verborgen hatte (vielleicht hatte er ihr Zimmer durchsucht, um sicherzugehen, daß es dort keine Hinweise auf ihre Beziehung gab), was war dann sein Motiv?
    Kate verließ ihre Wohnung und ging zur Bushaltestelle. Angenommen, er hatte Janet Harrison kennengelernt, als er selbst noch ein junger Mann war, oder er hatte sie einfach irgendwann kennengelernt, und das einzige Foto, das sie, vernarrt, wie sie in ihn war, ergattern konnte, war eines, das ihn als jungen Mann zeigte. Jedenfalls mußte sie ihm auf die Nerven gegangen sein, und er hatte sie ermordet. Vielleicht wollte sie ihn heiraten, und er machte sich nichts aus ihr. Aber so etwas kam ja schließlich häufiger vor, und es gab andere Methoden, lästige junge Frauen loszuwerden, ohne sie gleich zu ermorden, so reizvoll solch eine Lösung auch erscheinen mochte. Kate hatte junge Frauen gekannt, Altersgenossinnen, die sich blind in einen Mann verliebt hatten, ihn überall hin verfolgt, stundenlang vor seinem Haus verbracht, zu seinem Schlafzimmerfenster hinaufgestarrt und ihn nachts zu den verrücktesten Zeiten angerufen hatten. Vollkommen verzweifelt hatten sie gewirkt, und doch waren sie inzwischen alle mit jemand anderem verheiratet und wahrscheinlich glücklich und zufrieden. Und wenn Barrister der Mann war, den Janet Harrison angebetet hatte, warum hatte sie dann ihr Geld Messenger hinterlassen, dem sie offenbar nie begegnet war und den sie ganz sicher nicht angebetet hatte? Oder, falls sich herausstellte, daß sie ihm doch verfallen war, wieso trug sie dann ein Foto von Barrister mit sich herum? Jerry hatte vermutet, daß Messenger es in ihre Handtasche praktiziert haben könnte, aber wozu das? Kein Foto wäre verwirrender gewesen als ein falsches.
    Kate erreichte die Universität in einem Zustand der Benommenheit, an den sie sich schon richtig gewöhnt hatte. Sie setzte sich einen Augenblick lang in ihr Büro, öffnete gedankenverloren ihre Post und starrte ins Leere. Ihr Blick fiel, unvermeidlicherweise, auf den Stuhl, auf dem Janet Harrison gesessen hatte. »Professor Fansler, kennen Sie einen guten Psychiater?« Warum nur, um alles in der Welt, hatte das Mädchen gerade ihr die Frage gestellt? War sie, Kate, die einzige Respektsperson, zu der Janet Harrison einen Zugang gehabt hatte? Das war kaum denkbar. Aber Kate mußte zugeben, daß der anonyme Brief, der sie des Mordes beschuldigt, nicht ganz so absurd war, wie sie in ihrer ersten Bestürzung gedacht hatte. Kate stand auf merkwürdige Weise im Zentrum vieler Rätsel. Sie war diejenige, die Janet Harrison zu Emanuel geschickt hatte, und dort war Janet Harrison ermordet worden. Hätte Janet Harrison einen anderen Professor gefragt, dann wäre sie wahrscheinlich auf der Couch eines anderen Psychiaters gelandet. Wäre sie dann dort auch ermordet worden? Bestimmt nicht – Kate zwang sich, das einzugestehen –, falls Emanuel oder Nicola den Mord begangen hätten. Und sonst? Nun, Barrister hatte seine Praxis gegenüber der von Emanuel, und Messenger hatte ihn auf dem Foto erkannt. Messenger hatte das Geld geerbt. Der Bauer hat eine Frau, die Frau hat ein Kind, das Kind hat ein Kindermädchen… und in der Küche liegt der Käse. Was war mit dem Käse?
    Das Telefon riß sie aus ihrem Nachdenken über diese faszinierende Frage. »Professor Fansler?« Kate sagte ja. »Hier ist Miss Lindsay. Es tut mir leid, wenn ich Sie störe, aber Sie schienen mir so interessiert, daß ich dachte, es würde Ihnen nichts ausmachen. Ich habe gestern abend schon versucht, Sie daheim telefonisch zu erreichen, aber dort hat

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