Gefaehrliche Schatten
Jedenfalls hat uns keiner daran gehindert, vor ein paar Wochen in den geheimen Zoo einzudringen.»
Mr Darby lachte. «Das liegt daran, dass die Tiere, die die Durchgänge bewachen, wollten, dass ihr hindurchgeht – damit ihr Megan findet und ihr Verschwinden aufklärt. Denkt mal darüber nach: Die Präriehunde, Podgy, Blizzard, Little Bighorn – allesamt sind Pendler und haben euch geholfen.»
«Das ergibt Sinn», meinte Megan. «Aber was ist mit mir? Ich bin ja auch reingekommen.»
«Das war jedoch erst das zweite Mal in unserer Geschichte, dass unsere Grenzen überwunden wurden», erklärte Mr Darby. «Und wenn man bedenkt, wie lange es den geheimen Zoo schon gibt, ist das nicht schlecht.»
«Wer hat denn beim ersten Mal die Grenzen durchbrochen?», wollte Richie wissen.
Mr Darby runzelte die Stirn. «Darüber reden wir noch.»
Doch Megan beschäftigte ihre Frage immer noch. «Wie kommt es, dass mich niemand bemerkt hat, als ich durch die Kammer des Lichts ging? Wer bewachte denn dieses Gehege?»
«Charlie Red», sagte Mr Darby. «Und ich kann dir versichern, dass er seine Arbeit normalerweise vorbildlich macht. Aber an diesem Tag hatte Charlie seinen Posten verlassen, um ein Geräusch zu überprüfen, das er draußen vor dem Gehege gehört hatte, und sich selbst dabei ausgeschlossen! Es dauerte fünfzehn Minuten, bevor ein anderer Pendler seinen Posten verlassen konnte und ihm aufschloss. Aber da war es schon zu spät. Du warst schon drin.»
«Darum also kann er uns nicht leiden», meinte Ella. «Wir haben ihn blamiert.»
«Das könnte tatsächlich sein», sagte Mr Darby. «Niemand möchte aussehen, als würde er seinen Job nicht gut machen.»
Eine Weile schwiegen alle. Dann fuhr Mr Darby fort. «Was nun unsere Pendler angeht, so brauchen wir mehr Menschen. Vor allem brauchen wir Menschen, die sich auf das Draußen konzentrieren. Menschen, die die Grenzen im städtischen Zoo abgehen können, ohne aufzufallen. Menschen, die die Nachbarschaft drumherum kennen, ihre Bewohner und die Gebäude. Menschen, die im Notfall schnell in den geheimen Zoo kommen können.»
Megan kicherte nervös und sagte: «Mr Darby … wir sind noch Kinder! Wir haben Familien. Und Schule.»
«Ja», meinte Ella. «Ich schätze mal, das Leben könnte später ganz schön schwierig werden, wenn man schon nach der fünften Klasse mit der Schule aufhört.»
Mr Darby beugte sich vor. «Wir schlagen euch nicht vor, euer Leben zu ändern. Sondern nur, dass ihr uns in eurer Freizeit helft – dass ihr mit uns trainiert und auf ungewöhnliche Ereignisse im Außerhalb achtet, besonders in eurer Nachbarschaft. Unsere Möglichkeiten, die Straßen im Auge zu behalten, sind begrenzt. Besonders tagsüber.»
«Mit Ihnen trainieren?», sagte Ella. «Haben Sie eine Vorstellung davon, wie schwierig es für Megan war, die Erlaubnis zu bekommen, heute Morgen in den Zoo zu gehen?»
«Das Training erfordert nicht viel Zeit», sagte Mr Darby. «Vielleicht zweimal in der Woche zwei Stunden. Ein Großteil des Trainings würde im städtischen Zoo stattfinden, sodass es für euch leicht wäre.»
Die Scouts sahen sich an und überlegten. Noah dachte daran, dass der städtische Zoo wirklich ganz in ihrer Nähe lag, genau zwischen ihrem Haus und der Schule. Schließlich fragte er: «Wie würde das Training ablaufen?»
«Der Geheime Rat hat Tank als euren Trainer vorgeschlagen. Die Descender sollen ihn dabei unterstützen. Sam, Tameron, Hanna und Solana sind vier der stärksten, fähigsten Pendler die wir haben. Die Termine wären nicht oft, nur an Wochenenden, am Abend oder eben dann, wenn ihr könnt.»
«Aber was sollen wir unseren Eltern sagen?», fragte Ella. «Damit wir überhaupt gehen dürfen?»
Mr Darby sah zu Tank hinüber, der breit grinste. Der große Mann griff neben seinem Sessel in eine Stofftasche und zog ein paar Hemden heraus. Dann warf er jedem der Scouts eines zu. « Das werdet ihr sagen», meinte er.
Noah breitete sein Hemd auf Blizzards Hinterkopf aus. Es war ein Hemd mit Längsstreifen, einem sehr großen Kragen, der über die Schultern reichte, und zwei aufgenähten Schildern auf der linken Brust. Auf dem einen stand in schnörkeliger Schrift Städtischer Zoo von Clarksville , auf der anderen stand NOAH . Auf der rechten Seite befand sich eine Brusttasche von der Größe eines Taschenbuchs. Es war das hässlichste Hemd, das Noah je gesehen hatte.
«Cooool!», stöhnte Richie und schob seine ganze Hand in die Tasche.
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