Gefaehrliche Sehnsucht
Sekunde verschwunden ... Wie hatte sie das gemacht? Und was hatte sie mit dem blonden Mann angestellt? Er ging an ihm vorbei und lächelte vor sich hin.
»So etwas Verrücktes ...«, hörte Riley den jungen Mann flüstern.
Anders als auf dem Weg hierher, hatte Riley jetzt Mühe, mit dem jungen Mann Schritt zu halten. Irgendetwas hatte den jungen Mann verändert, hatte ihm Kraft gegeben.
Riley saß in der Straßenbahn direkt hinter seiner Zielperson. So nahe war er ihm noch nie gewesen. Er hatte schon auf dem Weg in diese Sackgasse gespürt, dass er hinter keinem normalen Menschen herging. Aber jetzt wusste er, was dieser junge Mann vor ihm war. Riley schauderte. Ein Biss von ihm konnte sein Leben auslöschen. Vor ihm saß ein Werwolf.
Kapitel 23
E s war fast zwanzig Uhr, als die Vampire die Kellertreppe hochkamen. Stuart saß auf dem Sofa im Wohnzimmer und sang ein Kinderlied vor sich hin. »Twinkle twinkle little star how I wonder what you are ...«
Hamish blieb auf der obersten Treppe stehen und fing an zu lachen.
»Was ist denn mit dir los? Hast du eine Identitätskrise? Du zählst schon seit ein paar Jahren zu den Erwachsenen«, lachte er.
Stuart ließ die Worte über sich ergehen. Mit einem inneren Bedauern hörte er auf zu singen. Er mochte dieses Lied. Langsam stand er auf und holte sich ein Glas Wasser. Er überlegte sich, ob er die Vampire fragen sollte, ob sie mit ihm früher dieses Lied gesungen hatten, aber irgendetwas ihn ihm hielt ihn davon ab. Mit einem gelassenen Blick sah er Hamish und Scott an. Er kannte die beiden schon fast ein Leben lang. Sie waren die Freunde seines Ziehvaters, der in den letzten Monaten immer nur sporadisch hier auftauchte. Sein Ziehvater war der Inbegriff eines mächtigen Vampirs. Mit seinen zwei Metern überragte er alle anderen mindestens um einen Kopf. Mit seinem dichten schwarzem Haar und den grünen Augen sah er blendend aus. Stuart musste das neidlos anerkennen.
In letzter Zeit dachte er oft darüber nach, wie er zu ihnen gekommen war, aber es fiel ihm nicht ein. Nur die Erinnerung an dieses Lied war plötzlich da gewesen. Kurz nachdem diese Frau ihn an der Stirn berührt hatte, begann sich etwas in seinem Kopf weiterzudrehen. Etwas, das für lange Zeit stillgestanden hatte. Tief in seinem Inneren fühlte er, dass dieses Lied etwas mit jenem Teil seines Lebens zu tun hatte, der in seinen Erinnerungen verloren gegangen war.
Bis vor ein paar Tagen war sein Leben unkompliziert gewesen. Er hatte getan, was die Vampire ihm aufgetragen hatten. Erst als er Lucy begegnete, wurde ihm bewusst, dass er all die Jahre ein williges Werkzeug gewesen war.
Lucy hatte etwas an sich, das ihn tief berührte. Ein Glücksgefühl machte sich in ihm breit, wenn er in ihrer Nähe war. Er musste sie beschützen. Stuart wusste, dass die Vampire hinter Lucys Freundin und ihrer Mutter her waren. Sie wollten beide in ihre Gewalt bringen. Und da die Clique, zu der Lucy gehörte, viel Zeit miteinander verbrachte, war auch Lucy ständig in Gefahr. Stuart hatte seit der Begegnung mit dieser seltsamen Frau in der Collins Street eine unbestimmte Angst in sich, dass sich etwas wiederholen könnte. Wiederholen? Er quälte sich, dieses Wiederholen genauer zu definieren, aber es gelang ihm nicht. Und doch wusste er, ihm wurde schon einmal etwas genommen, das er sehr geliebt hatte. Panik stieg in ihm hoch, er könne die Barriere nicht schnell genug auflösen. Er trieb seine Gehirnzellen zu Höchstleistungen an, aber seine Erinnerungen reichten nur bis zu dem Tag, an dem er begann, mit den drei Männern durch die Welt zu ziehen. Unruhe breitete sich in ihm aus. Er wusste, es gab da noch ein anderes Leben ... Wie immer, wenn er die Unruhe in sich nicht mehr aushielt, suchte er Orte, an denen keine Menschen und keine Betonbauten waren. Er stieg in sein Auto und fuhr die Sandford Avenue entlang. Am Ende der Oak Road parkte er seinen Wagen und folgte dann zu Fuß dem kleinen Steg, der zu dem kleinen Wasserfall im Wald führte. Stuart fühlte, wie seine Nervosität sich langsam legte. Er blickte hinauf zum blauen klaren Himmel und freute sich über die warmen Sonnenstrahlen, die in dieser Jahreszeit so selten waren. Er setzte sich auf einen Felsblock und starrte in sich gekehrt auf die Felswand, über die das Wasser in freiem Fall herabstürzte. Das Rauschen des Wassers beruhigte ihn. Sein Blick fiel immer wieder auf einen bestimmten Abschnitt in der Felswand neben dem Wasserfall. Fasziniert
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