Gefaehrliche Sehnsucht
Gaben verfügte. Die Wände waren dick isoliert und die Tür war aus Stahl.
Stuart wusste, was sein Ziehvater von dieser Hexe wollte. Er wollte einen Ring, der ihn vor der Sonne schützte. Und ... Stuart wusste, dabei würde es nicht bleiben. Wie alle Menschen, war sie für ihn Beute. Er würde sich mit ihr amüsieren, bis er sich entschied, sie zu töten. Und solche Entscheidungen traf er von einer Sekunde auf die andere.
Stuart war noch nie so hart mit ihm ins Gericht gegangen. Er war für ihn immer so etwas wie ein Vater gewesen. Aber in den letzten Wochen und Tagen hatte sich etwas geändert. Etwas in ihm sagte ihm, dass der Dark Lord für niemanden, außer für sich selbst, Gefühle hatte. Auch nicht für ihn. Der Dark Lord tat nichts ohne Grund. Er hatte ihn nicht aus Nächstenliebe aufgenommen, als er als kleiner Junge seine Familie verloren hatte. Es musste ein wichtiges Motiv dafür geben.
»Was wäre wohl aus dir geworden, wenn ich dir nicht begegnet wäre, mein kleiner Werwolf?«, hatte Stuart die raue Stimme des Vampirs im Ohr.
»... Was wäre aus mir geworden, wenn ich kein Werwolf wäre «, breitete sich der Gedanke in seinem Kopf aus.
Verzagt setzte er sich auf einen Randstein gegenüber des Wohnblocks und blickte auf den Boden . Er brauchte ein eigenes Leben ... Vielleicht ein Leben mit Lucy. Gedankenverloren griff er nach einem kleinen Ast, der am Boden lag und zeichnete damit Figuren auf die Betonsteine.
Riley war dem jungen Mann gefolgt. Zuerst hatte er das Gefühl, seine Zielperson irrte ohne Ziel umher. Inmitten einer Gruppe Passanten ging er, ohne sich für seine Umgebung zu interessieren, den Bradford Drive hinunter. Als an der Kreuzung Dundee Road nach rechts hin eine kleine Straße auftauchte, löste er sich aus der Gruppe und ging die Sackgasse hinein.
Vor dem ersten Wohnblock lehnte er sich an die Wand und betrachtete die Namenschilder bei den Klingeln. Riley hatte das Gefühl, dass der junge Mann Angst hatte. Er konnte seinen Schweiß bis zu seinem Versteck riechen. Völlig in sich gekehrt war er auf den gegenüberliegenden Bordstein zugegangen und hatte sich hingesetzt. Seitdem sinnierte er vor sich hin. Riley ging ein wenig näher an ihn heran und versuchte sich in seine Gedanken einzuloggen. Aber es gelang ihm nicht. Verbissen versuchte Riley es noch einmal. Auch dieses Mal ohne Erfolg.
»Wer zum Teufel bist du? ... Und was suchst du hier?«, murmelte Riley und blieb hinter den Sträuchern stehen.
Der junge Mann war viel zu beschäftigt mit sich selbst, als dass er seinen Verfolger bemerkt hätte.
Stuart warf ein kleines Holzstück weg, als er Schritte auf sich zukommen hörte. Abrupt sah er auf und blickte direkt in ein ruhiges grünes Augenpaar, das aus einem ebenmäßig schönen Gesicht auf ihn hinuntersah. Ihr schwarzes Haar hatte sie zu einem losen Knoten aufgesteckt. Sie trug ein grünes Kleid, das aussah, als käme es aus einem anderen Jahrhundert.
»Du siehst so verloren aus«, sagte sie. »Brauchst du Hilfe?«
Stuart blickte sie verwirrt an. Er spürte eine angenehme Wärme, die von ihr auf ihn überging.
»Mir ... kann niemand helfen«, flüsterte er verlegen.
»Wenn du so mutlos bist, kannst du nur verlieren«, antwortete sie. »Du erinnerst mich an jemanden, den ich einmal kannte. Er war klug und stark ... Erst war er mein Feind und hätte mich beinahe getötet. Aber dann, noch bevor es zu spät war, wurde er mein Freund und unsere Freundschaft hielt bis zu seinem Tode. Er hat vor langer Zeit eine ganze Horde Vampire hinters Licht geführt«, sagte sie leise ... »große ... starke Vampire, die heute noch leben.« Sie griff mit ihrer rechten Hand nach seinem Gesicht und strich ihm seine Haare aus der Stirn. Dabei verweilte ihre Hand einige Sekunden auf seiner Haut. »Er war ein Werwolf«, flüsterte sie, »so wie du.«
Stuart vergaß beinahe zu atmen. »Woher wissen Sie, dass ich ...«, Stuart kam nicht dazu, seinen Satz zu Ende zu sprechen. Diese Frau, die vor einer Sekunde noch vor ihm gestanden hatte, war nicht mehr da. Er sprang auf und sah sich um. Sie war wie vom Erdboden verschluckt.
»Vielleicht werde ich verrückt«, sagte er sich. »Zuerst mache ich mir fast in die Hosen vor Angst und jetzt ... jetzt frage ich mich, warum ich Angst haben sollte ... Es gibt einen Weg, aus diesem Schlamassel herauszukommen. Ich muss nur nachdenken ...«
Riley war ebenfalls verwirrt. Die Frau, die eben mit dem jungen Mann gesprochen hatte, war von einer auf die andere
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