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Gefährliche Stille

Gefährliche Stille

Titel: Gefährliche Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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Kalifornien-Straßenkarte
hervor und sah nach, studierte dann eine Flug-Sektionskarte für das betreffende
Gebiet. Per Flugzeug wäre man schnell dort, aber Hy hatte die Zwo-sieben-Tango
oben am Tufa Lake. Ich könnte vermutlich eine Maschine mieten, hätte dann aber
obendrein noch die Kosten für einen Mietwagen, wenn ich dort angekommen war.
Außerdem reizte mich die Fahrt: Es war lange her, dass mein altehrwürdiger MG
und ich den Highway 101 hinuntergebraust waren. Ich führte ein paar Telefonate,
packte meine Reisetasche um, und schon bald waren wir unterwegs.
     
    Die Peninsula: kleinere Städte, eine an
der anderen, weitgehend nicht unterscheidbar. Wenn wir unsere Baupolitik nicht
revidierten, würde Kalifornien in fünfzig Jahren eine einzige Stadt sein. San
José: eine wuchernde Metropole, die mich an L. A. erinnerte, sowohl von der
Ausdehnung als auch vom Smog her. Salinas: Heimatort des Schriftstellers John
Steinbeck und jetzt, da sie endlich beschlossen hatten, den berühmtesten Sohn
der Stadt zu ehren, ein wesentlich netteres Fleckchen. Von da westwärts auf die
kleinere Straße, in Richtung Highway 66 und Monterey.
    Und — möglicherweise — Austin DeCarlo.
     
     
     
     

13 Uhr 15
     
     
    Klarer Himmel über dem Kobaltblau der
Monterey Bay, wo die geschützte Buchtlage so ziemlich das beste Wetter an der
ganzen zentralkalifornischen Küste garantiert. Ich fuhr auf der Lighthouse
Avenue, dem breiten Geschäftsboulevard oberhalb von Steinbecks berühmter
Cannery Row, südwärts und hielt Ausschau nach meiner Querstraße.
    Was Mick mir an Informationen über
Austin DeCarlo gefaxt hatte, war so allgemein, dass ich mir keine Strategie
hatte zurechtlegen können, wie ich auf ihn zugehen sollte. Es erschien mir
vernünftig, mir erst mal sein Haus und seine Firma anzugucken. Dann würde ich
meinen Neffen anrufen und fragen, ob er noch mehr herausgefunden hatte. Ich
fuhr vor einem langsam fahrenden Van nach links in eine Querstraße und
arbeitete mich bergauf zur Archer Street.
    DeCarlos Haus lag auf der Westseite:
weiße Holzverschalung, drei Stockwerke, viele Fenster. Ein riesiger halbrunder
Glasvorbau nahm einen Gutteil der Frontseite des dritten Stockwerks ein, und
vermutlich war auf der Rückseite das Gegenstück dazu, mit Blick auf die Bucht.
Das Haus war schon älter, und das moderne oberste Geschoss passte nicht zum
Rest — eine Ausbaumaßnahme, bei der der Architekt nur diesen Teil, nicht aber
das ganze Gebäude im Auge gehabt hatte.
    Als ich am Bordstein hielt und den
Motor im Leerlauf weiterlaufen ließ, öffnete sich das Garagentor, und eine Frau
kam heraus: dünn, blondiertes, dauergewelltes Haar, Baggy-Jeans und Oversize-T-Shirt
mit aufgedrucktem Seeotter. Ich stellte den Motor ab, stieg aus und ging auf
sie zu. Sie drückte auf einen Knopf im Garageninneren und trat beiseite, als
sich das Tor wieder zu schließen begann. »Verzeihung«, sagte ich. »Ist Mr.
DeCarlo da?«
    Sie zog die Augenbrauen zusammen und
wandte sich zum Gehen. Ich zückte meine Ausweismappe und hielt ihr meine Lizenz
gerade so lange vor die Nase, dass sie irgendetwas Offizielles erkennen konnte.
»Steuerprüfung. Ich muss ihn sprechen.«
    Diese Worte radierten die Falten
zwischen ihren Augenbrauen weg, und ihr Gesicht nahm einen verschlagenen Ausdruck
an. Sie blieb stehen, transferierte eine Plastiktüte mit einer
Putzmittelflasche und ein paar Lappen von einer Hand in die andere. DeCarlos
Zugehfrau, und sie schien nicht sonderlich betroffen bei dem Gedanken, dass ihr
Arbeitgeber vom Fiskus unter die Lupe genommen werden könnte.
    »Er ist nicht da«, sagte sie.
    »Ist er in der Firma?«
    »Nein, verreist. Letzte Woche hat er
mir gesagt, ich soll kommen und putzen wie immer. Und dann hat er mir nicht mal
mein Geld dagelassen.«
    »Das ist nicht nett. Wissen Sie, wohin
er wollte?«
    »Na-ah.«
    »Oder wann er zurückkommt?«
    »Wer weiß das bei ihm schon? Vielleicht
heute Abend, vielleicht nächste Woche. Er ist viel unterwegs, aber das ist das
erste Mal, dass er mein Geld vergessen hat.« Sie seufzte und guckte in beiden
Richtungen die Straße entlang, als hoffte sie, ihren Arbeitgeber zu erspähen.
»Ich hab damit gerechnet. Jetzt hab ich nicht mal das Busgeld zurück nach Sand
City.«
    Diese Gelegenheit konnte ich mir kaum
entgehen lassen. »Was ist er Ihnen denn schuldig?«
    »Fünfzig Dollar. Klingt nicht nach
viel, aber ich brauch’s wirklich.«
    »Wie wär’s, wenn ich Ihnen die fünfzig
gebe? Und sie nach Sand

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